Oder: Das falsche Leben, unsere normopathische Gesellschaft

Aus OekoHuman-Sicht:

Die Spirale beginnt bei der Erwartungshaltung des persönlichen Umfeld: Familie – Freunde. Es wird ein Fremdbild gelebt, das Eigenbild ist in den „Kinderschuhen“ stecken geblieben. Die Formung heißt Kopie, statt Marke.
Dazu der Vortrag von Hans-Joachim Maaz: Das falsche Leben, unsere normopathische Gesellschaft.

 

Aus Freudenberger-Sicht:

Was ist Burnout?

Der Begriff Burnout kommt aus dem Englischen („to burn out“ = „ausbrennen“) und wurde in den 1970er Jahren von dem New Yorker Psychotherapeuten Herbert Freudenberger geprägt. Nach Freudenberger bezeichnet Burnout einen Zustand totaler Erschöpfung, der unter anderem mit Müdigkeit, Überforderung, Lustlosigkeit und körperlichen Beschwerden einhergeht. Ursprünglich wurde Burnout vorrangig bei Menschen in sozialen Berufen beschrieben, die sich zu sehr für ihre Arbeit engagiert hatten. Inzwischen werden Menschen aller Berufsgruppen sowie außerberuflich überengagierte Menschen (beispielsweise in der Pflege von Familienangehörigen) als gefährdet betrachtet. Für die Tätigkeit „gebrannt zu haben“, also übermäßiges Engagement für die Tätigkeit, wird mittlerweile nicht mehr als notwendige Voraussetzung für einen Burnout erachtet. Es gibt viele Definitionen zu Burnout, die sich auch voneinander unterscheiden. Übereinstimmend in allen Definitionen ist, dass Betroffene ihre Beschwerden auf ihre Arbeitsbelastung zurückführen und davon ausgehen, dass die Beschwerden bei fortbestehenden negativen Arbeitsbedingungen anhalten, aber nach Schaffung einer günstigeren Arbeitssituation abklingen werden.

Die Anzeichen eines Burnouts lassen sich in drei Kategorien zusammenfassen:

Emotionale Erschöpfung/ rasche Ermüdung
Betroffene sind schon morgens oder bereits nach wenigen Arbeitsstunden erschöpft. Auch ein Wochenende genügt nicht, um die Energiereserven spürbar aufzuladen. Erholungsmöglichkeiten wie Treffen mit Freunden, Freizeitaktivitäten oder Hobbies werden vernachlässigt und führen nicht zu Entspannung. Negative Gefühle wie Ärger, Enttäuschung, Wut oder Ohnmacht sind vorherrschend. Schließlich entsteht ein Gefühl innerer Leere. Burnout ist immer mit emotionaler Erschöpfung verbunden. Hinzu kommen Symptome wie Energiemangel, Müdigkeit und Niedergeschlagenheit sowie das Auftreten von Anspannungszuständen. Betroffene sind häufig unfähig, sich in der Freizeit zu entspannen und leiden an Schlafstörungen. Es kann auch zu körperlichen Beschwerden wie zum Beispiel Magen-Darm-Symptome, Kopf- und Rückenschmerzen oder einer vermehrten Anfälligkeit für Infekte kommen.
Depersonalisation/ Distanzierung /Zynismus
Aus einem manchmal idealisierten Verhältnis zur Arbeit, die meist mit positiven Erwartungen begonnen wurde, entwickelt sich zunehmend Frustration mit anschließender Distanzierung von der Arbeit. Betroffene sind im Umgang mit anderen Menschen (Patienten, Kunden, Freunden etc.) weniger gefühlvoll, eher distanziert und äußern sich abwertend und ungewohnt unfreundlich über andere Menschen und ihre Arbeit. Eigene Freizeitaktivitäten und die Pflege von Beziehungen werden als sinnlos empfunden. Es kommt zu einem schleichenden Werteverlust. Zynismus, d.h. ein Denken oder Verhalten, das durch Spott oder Missachtung der Gefühle von anderen Menschen gekennzeichnet ist, kann zum vorherrschenden Bewältigungsstil werden. Dies wiederum bedingt beim Betroffenen Schuldgefühle. Häufig wird auch ein Gefühl, sich selbst als fremd oder verändert zu erleben (Depersonalisation) beobachtet.
Verringerte Leistungsfähigkeit/ Gefühl nicht zu genügen
Die Leistungsfähigkeit (z.B. Konzentration, Kreativität, Geduld, Wirksamkeit) lässt nach. Betroffene nehmen dies wahr und befürchten, den Anforderungen von Beruf und Alltag nicht mehr gerecht werden zu können. Oft wird versucht, das befürchtete Versagen durch Überstunden oder Wochenendarbeit auszugleichen oder die Leistungsfähigkeit durch den Konsum von Medikamenten oder Drogen zu verbessern.

Ist Burnout eine Krankheit?

Die Diagnose Burnout ist nicht in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) enthalten. Dort kann Burnout nur unter dem Stichwort „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung inkl. Ausgebranntsein [Burn-out]“ als Zusatzcodierung (zusätzlich zu einer anderen Diagnose) klassifiziert werden. Deshalb kann Burnout nicht als „offizielle“ Krankheit bezeichnet werden. Dennoch sollte man Anzeichen von Burnout ernst nehmen. Sie können unterschiedliche Ursachen haben, wie zum Beispiel:

Vorübergehende Arbeitsüberforderung
Stresssymptome wie Angespanntheit, Schlafprobleme und Erschöpfung können im Rahmen von ungewöhnlichen Belastungen auftreten. Wenn diese Phasen zeitlich begrenzt und ein Ende der Belastung absehbar ist, und wenn die Stresssymptome in kurzen Erholungsphasen, zum Beispiel am Wochenende, zurückgehen, handelt es sich nicht um Burnout.

Burnout nach längerfristiger Arbeitsüberforderung
Hält der Zustand einer Arbeitsüberforderung mehrere Wochen bis Monate an und bildet sich durch kurze Erholungsphasen nicht zurück, kann das ein Hinweis auf Burnout sein. Burnout ist zwar keine eigenständige Erkrankung, kann aber das Risiko für die Entwicklung einer späteren psychischen Erkrankung wie zum Beispiel einer Depression, und/oder einer körperlichen Erkrankung wie zum Beispiel eines Bluthochdrucks, erhöhen oder eine solche Erkrankung auslösen.

Psychische und körperliche Erkrankungen als Ursache für Burnout-ähnliche Beschwerden
Burnout bzw. Burnout-ähnliche Symptome können auch ein Hinweis auf andere zugrunde liegende Erkrankungen, etwa eine Depression, chronische Schmerzen oder eine beginnende Demenz, sein. Anforderungen, die Betroffene bisher leicht und gut bewältigt haben, werden auf einmal zur Überlastung und führen unter anderem zu Gefühlen von Überforderung und Erschöpfung am Arbeitsplatz.

Wie häufig ist Burnout?

Aufgrund von unterschiedlichen Definitionen, Erhebungsmethoden und untersuchten Gruppen kommen Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen, was die Häufigkeit von Burnout betrifft. Genaue Schätzungen zur Häufigkeit von Burnout sind somit nicht möglich. Ein aktueller Bericht der BundesPsychotherapeutenKammer (BPtK) zeigt, dass psychische Erkrankungen nach Muskel- Skelett- und Atemwegserkrankungen im Jahr 2013 der dritthäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit (AU) waren. Wie oft tatsächlich Burnout auftritt, kann aber nicht beurteilt werden, zumal Burnout keine formale Diagnose ist und daher nicht in Statistiken, z.B. zur Krankschreibung, auftaucht.

Wie entsteht Burnout?

Der Erschöpfungsprozess ist die Folge eines dauerhaften Ungleichgewichts von Anforderungen und persönlichen Bewältigungsmöglichkeiten. Die Folge ist chronischer Stress. Wann eine Anforderung zu Stress wird, ist aber von Mensch zu Mensch verschieden. Es hängt von den Belastungen ebenso ab wie von der Fähigkeit und den Möglichkeiten der Betroffenen zur Bewältigung der belastenden Situation oder Umstände. Entscheidend ist, dass erst die Dauerbelastung, der chronische Stress, zu einem Erschöpfungsprozess führt.

Von der Arbeitsbelastung zur Krankheit (nach: DGPPN, 2012)
Von der Arbeitsbelastung zur Krankheit (nach: DGPPN, 2012)