Aus dem einen Leben das Beste machen.

Bernulf Kanitscheider lehrte Philosophie der Naturwissenschaft an der Universität Gießen.

Schon im vierten vorchristlichen Jahrhundert haben einige Denker darauf hingewiesen, dass unsere Lebenszeit begrenzt ist und nichts darauf hinweist, dass es so etwas wie ein Weiterleben nach dem Tod und eine unsterbliche Seele gibt. Damit standen diese Philosophen natürlich im Widerspruch zu Platon, nach dessen Vorstellung die Seele nach dem Tod in ein Schattenreich eintaucht und geläutert wird, um dann in irgendeinem höheren Bereich die Unsterblichkeit zu erfahren. Im Gegensatz zu Platons Idealismus sind die Hedonisten empiristisch orientiert, sie betonen die Bedeutung des Diesseits. Danach sind wir Menschen ein Stück Natur, wir leben eine Zeit lang und wir haben die Bestimmung, dieses Lebensintervall optimal zu gestalten.

Wer waren die Hauptvertreter dieser philosophischen Richtung?

Zunächst einmal Aristippos von Kyrene, ein Zeitgenosse von Sokrates, in dessen Seminar Aristippos gesessen und mit ihm diskutiert hat. Besser bekannt ist Epikur von Athen. In der römischen Zeit ist Lukrez der Hauptvertreter, der für sein großes Lehrgedicht „De rerum natura“ berühmt geworden ist. Der Bezug auf die Endlichkeit, ein von der realen Natur geprägtes materialistisches Denken, die Skepsis in Bezug auf die Götter und Religionskritik, all das kennzeichnet das antike hedonistische Denken. Es ist deshalb kein Wunder, dass später in christlicher Zeit Epikur und seine ganze Denkrichtung abgelehnt wurden. Das Christentum stört sich wesensmäßig wenig an einem entbehrungsreichen Leben, da dieses erst im Jenseits seine Erfüllung findet. Es geht darum, am Jüngsten Tag zu bestehen – ein klarer Gegenentwurf zur Diesseitsorientierung des Hedonisten.

Trotzdem glauben viele Menschen an ein Leben nach dem Tod.

Schon Epikur, in der Neuzeit dann der Aufklärer Julien Offray de La Mettrie und im 20. Jahrhundert Bertrand Russell sind dieser Vorstellung entgegengetreten. Sie argumentierten, dass eine Unsterblichkeit der Seele unglaubwürdig ist, weil es keine Abkopplung der Seelensubstanz von ihrem materiellen Träger geben kann. Bis heute hat kein Verteidiger der Unsterblichkeit eine Idee, wie sich die Ablösung der Seele vom Leib vollziehen könnte. Übrigens teilte Aristoteles diese Meinung, auch wenn er ansonsten kein typischer Hedonist war. Die moderne Neurobiologie hat dann die epikureisch-aristotelische Auffassung voll bestätigt. Das hat natürlich Rückwirkungen auf unser moralisches Verhalten, auf unsere Ethik. Wenn eine Seelenwanderung oder eine Wiederverkörperung unglaubwürdig sind, dann müssen wir eben aus diesem einen Leben das Beste machen.

Man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. Und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind. Charles-Louis de Montesquieu Ich mag immer den Mann mehr lieben, der so schreibt, wie es Mode werden kann, als den, der so schreibt, wie es Mode ist. Georg Christoph Lichtenberg (Stangl, 2020).

Hedonismus bezeichnet die Lebensanschauung, nach welcher die körperliche und geistige Lust, das Vergnügen Motiv und Zweck des Handelns ist. Die Lust ist das höchste Gut und für den Hedonisten ist die Lust an sich das Wertvolle, der Selbstzweck und das Anzustrebende. In der Philosophie auch manchmal als Hedonik bezeichnet, ist der Hedonismus eine philosophische bzw. ethische Strömung, die die Lust als höchstes Gut und Bedingung für Glückseligkeit und gutes Leben ansieht. Im Gegensatz zu der Lust, wie sie von Epikur gelehrt wird, versteht man unter dem Begriff Hedonismus auch allgemein eine nur an materiellen Genüssen orientierte egoistische Lebenseinstellung. In diesem Sinne wird der Begriff Hedonismus oft abwertend gebraucht und als Zeichen von Dekadenz interpretiert. Diese antike philosophische Anschauung, nach der das höchste ethische Prinzip das Streben nach Sinneslust und Genuss ist, das private Glück in der dauerhaften Erfüllung individueller physischer und psychischer Lust liegt, widerspricht der  aktuellen Auffassung, wonach Selbstkontrolle, die man für das Erreichen langfristiger Ziele braucht, letztlich eher zu einer nachhaltigen Zufriedenheit führt. (Stangl, 2020). Verwendete Literatur – Stangl, W. (2020). Stichwort: ‚Hedonismus‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik -)

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