Der Begriff Hegemonie kommt aus dem Griechischen (von altgriechisch ἡγεμονία hēgemonía – ‚Heerführung, Hegemonie, Oberbefehl‘; dieses von ἡγεμών hēgemṓn – ‚Führer, Anführer‘). Als fachsprachlicher Begriff für ‚Vorherrschaft, Vormachtstellung‘ ist Hegemonie vor dem 19. Jahrhundert entlehnt worden aus gr. hēgemonía (eigentlich ‚Führerschaft‘) und gr. hēgemōn und diese wiederum abgeleitet als Nomen Agentis zu gr. hēgeĩsthai – ‚vorangehen, führen‘.

Hegemonie in internationalen Beziehungen.

In der Geschichte finden sich viele Beispiele von hegemonialen Herrschaftsstrukturen, in der Antike beispielsweise Athen und Sparta, Makedonien unter Philipp II. und das Römische Reich. Aktuell wird besonders die Supermacht USA mit diesem Begriff, im Sinne einer weltpolitischen Vormachtrolle, bezeichnet.

Die politische Theorie des Neorealismus erklärt die Entstehung von Hegemonien aus der Existenz verschiedener Fähigkeiten unterschiedlicher Staaten und einer Vormachtstellung in ebendiesen. So kann es durch Hegemone zu einer Machthierarchie des internationalen Systems kommen; gleichwohl ist diese Hierarchie prekär und der Kritik Dritter ausgesetzt. Diese Instabilität wird mit dem Streben der Einzelstaaten nach relative gains (in etwa ausgeglichene Verhältnisse) begründet, wonach die Tendenz zur Entstehung eines Machtgleichgewichts dazu führt, dass sich langfristig ein Gegenpol zu der bestehenden Hegemonie bildet. Die stabilste Konstellation ist laut dem Neorealismus das bipolare System. Diesen Gedanken formulierte der Völkerrechtslehrer Heinrich Triepel bereits 1938, wobei er von Dualismus sprach.

Da wesentliche Beiträge zur Theorie des Neorealismus von US-amerikanischen Wissenschaftlern und Historikern erarbeitet wurden, wird dieser Theorie auch eine implizite, bisweilen auch explizite Affirmation westlicher, aber vor allem amerikanischer Hegemonie unterstellt. Dieser Behauptung entspricht beispielsweise die Diskussion um einen etwaigen Verfall US-amerikanischer Vormachtstellung zu Beginn der 1970er-Jahre, die in der Begründung der Hegemonic Stability Theory durch Charles P. Kindleberger u. a. mündete und aus der eine Neuausrichtung der US-Außenpolitik folgte. Hegemonie wird dabei positiv gedeutet, da die Vormachtstellung eines Staates kollektive Güter wie Sicherheit und Wohlstand garantieren könne; freilich hat dies die Unterordnung dritter Staaten zur Folge. Im Sinne einer reformulierten Hegemonietheorie fordern Theoretiker wie Robert O. Keohane und Joseph Nye eine stärker auf Kooperation und Konsens, denn auf Zwang gegründete Außenpolitik, um Anerkennung innerhalb des internationalen Systems behaupten zu können; ihnen zufolge ist das politische Kapital symbolischer Politik (sog. Soft Power) ein nicht gering zu schätzender Faktor im Wettstreit konkurrierender Weltordnungsvorstellungen (vgl. Interdependenztheorie).

Die politische Umsetzung der Hegemonialtheorie vollzieht sich am Anfang der 2020er-Jahre vor dem Hintergrund eines vorwiegend konfrontativen außen- und militärpolitischen „America First“-Kurses der US-Administration. Das zeigt sich auch beim Ringen um das letzte noch funktionierende russisch-amerikanische Vertragswerk zur Reduzierung strategischer Nuklearwaffen New START, zum Beispiel im US-Compliance Report 2020. Selbst unter veränderten geopolitischen Kräftekonstellationen und neuesten technologischen militärisch nutzbaren Entwicklungen tritt ein hegemonialer amerikanischer Politikstil deutlich hervor:
Auf Russlands Argumente und Verweise zu konkretem vertragsverletzenden amerikanischen Verhalten gehen die Vereinigten Staaten nicht ein. Nach eigenem imperialen bzw. hegemonialen Wertmaßstab werden zwar (sicherheits-) politische Beurteilungen über die globalen Vertragspartner abgegeben, aber deren ökonomische Defensivposition und konventionelle militärpolitische Unterlegenheit ausgeblendet – die Folge: der scheinbar berechtigte Angriff auf die Ukraine – ein vorauszusehende Eskalation der Ignoranz, die wiederum ablenkt von innenpolitischen Verwerfungen.

Inwieweit der Regierungswechsel von Donald Trump zu Joe Biden eine Änderung des „America First“-Kurses darstellt, ist heute klar. Das einzige, was sich geändert hat, ist die Art und Weise Hegemonie zu inszenieren.