Die klassische Konditionierung beruht darauf, dass ein unkonditionierter Reiz eine unkonditionierte Reaktion auslöst. Dieser unkonditionierte Reiz kann im Rahmen eines Lernprozesses mit einem neutralen Reiz gekoppelt werden, der im weiteren Verlauf ebenfalls die Reaktion auslöst und so zu einem konditionierten Reiz wird. Wird die Reaktion durch den konditionierten Reiz ausgelöst, bezeichnet man sie ebenfalls als konditionierte Reaktion. Das Ziel der klassischen Konditionierung ist der Aufbau stabiler Erwartungen – bspw. darüber, wo Nahrung zu finden ist.
Vor allem der berühmte „Pawlow’sche Hund“ prägte die klassische Konditionierung. In diesen Experimenten konnte Iwan Pawlow zeigen, dass bei Hunden ein bekanntes Reiz-Reaktions-Schema (Essen → Speichelfluss) so abgeändert werden kann, dass es von einem Reiz ausgelöst wurde, der zuvor für den Hund keinerlei Bedeutung hatte (Glockenläuten → Speichelfluss).
Grundbegriffe der klassischen Konditionierung.
- Extinktion: Wird der konditionierte Reiz (Glocke) wiederholt ohne den unkonditionierten Reiz (Essensduft) präsentiert, so wird die konditionierte Reaktion (Speichelfluss) im Verlauf wieder verlernt
- Reizgeneralisation: Die konditionierte Reaktion wird ebenfalls durch Reize ausgelöst, die dem konditionierten Reiz ähnlich sind.
- Reizdiskrimination (Diskriminationslernen): Die konditionierte Reaktion wird durch Reize, die dem konditionierten Reiz zu unähnlich sind, nicht ausgelöst.
- Konditionierung höherer Ordnung: Ein bereits konditionierter Reiz wird mit einem zweiten, neutralen Reiz verknüpft. Dieser führt im Verlauf ebenfalls zu einer Reaktion und wird so ebenfalls zu einem konditionierten Reiz.
Zeitpunkt | Stimulus | Reaktion |
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Vor dem Training | Neutraler Reiz: Reiz (z.B. Glockenläuten), der zu einer unspezifischen Reaktion führt | Keine Reaktion |
Unkonditionierter Reiz: Angeborener Reiz (z.B. Essensduft), der unabhängig von Lernprozessen eine Reaktion auslöst | Unkonditionierte Reaktion |
Beim Training | Neutraler Reiz + Unkonditionierter Reiz: Z.B. Glockenläuten in Kombination mit Essensduft | Unkonditionierte Reaktion |
Nach dem Training | Neutraler Reiz → Konditionierter Reiz: Das zunächst neutrale Glockenläuten wird zu einem Reiz, der eine spezifische Reaktion auslöst. | Konditionierte Reaktion |
Operante Konditionierung.
Die operante Konditionierung beruht auf dem Phänomen, dass Belohnungen zu einer Häufung eines Verhaltens, und Bestrafungen zu einer Reduktion des Verhaltens führen. Das Kontingenzschema beschreibt dabei die Möglichkeiten zur Verstärkung oder Abschwächung eines Verhaltens.
Konsequenz | ||
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Hinzufügen | Wegnehmen | |
Erwünschtes Verhalten |
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Unerwünschtes Verhalten |
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Verstärkerpläne.
- Kontinuierliche Verstärkung
- Das erwünschte Verhalten wird jedes Mal, wenn es gezeigt wird, verstärkt
- Die kontinuierliche Verstärkung führt dazu, dass ein Verhalten besonders schnell erlernt wird
- Intermittierende Verstärkung
- Das erwünschte Verhalten wird nur jedes x-te Mal (Quotenverstärkung) oder in bestimmten Zeitabständen (Intervallverstärkung) verstärkt
- Die intermittierende Verstärkung führt dazu, dass ein Verhalten besonders langfristig erlernt wird
- Token-System: Zur positiven Verstärkung einer erwünschten Verhaltensweise werden zunächst wertlose Gegenstände (z.B. Plastikmünzen oder Smiley-Aufkleber) verwendet, die erst gesammelt und zu einem späteren Zeitpunkt in den gewünschten eigentlichen Verstärker (z.B. ins Kino gehen) umgetauscht werden können.
Grundbegriffe der operanten Konditionierung
- Premack-Prinzip: Kopplung einer unangenehmen mit einer angenehmen Aktivität oder einer Aktivität, die häufig ausgeführt wird, um ein erwünschtes Verhalten zu erreichen.
- Extinktion: Wird ein Verhalten im Verlauf nicht weiter verstärkt, bleibt es aus.
- Reizgeneralisation: Das erlernte Verhalten wird auf eine andere, ähnliche Situation übertragen.
- Reizdiskrimination (Diskriminationslernen): Das erlernte Verhalten wird nur unter speziellen Umständen ausgeführt.
- Prompting: Zusätzliche Unterstützung durch Hilfestellungen von außen (bspw. Führen der Hand).
- Chaining: Schrittweises Erlernen von komplexen Verhaltensweisen durch den Aufbau einer Verhaltenskette.
- Bezeichnet in der Verhaltenstherapie streng genommen, dass die Einzelschritte in ihrer umgekehrten Reihenfolge eingeübt und verstärkt werden („Backward Chaining“).
- wird jedoch häufig als Oberbegriff unabhängig von der Reihenfolge verwendet.
- Shaping: Schrittweises Erlernen von komplexen Verhaltensweisen durch stufenweise Annäherung
- Dabei werden die chronologisch aufeinanderfolgenden Einzelschritte nacheinander eingeübt und verstärkt („Forward Chaining“).
Primäre Verstärker: Reize, die elementare angeborene Bedürfnisse befriedigen bzw. deren Befriedigung entgegenstehen.
- Sie wirken ohne vorangegangene Lernprozesse.
- Sekundäre Verstärker: Erlernte Reize, die durch zeitliche Kopplung mit primären Verstärkern das Auftreten bestimmter Verhaltensweisen fördern bzw. verstärken (Prinzip der klassischen Konditionierung).
Kognition: Wahrnehmung, Gedächtnis und Intelligenz.
Wahrnehmung -Unbewusste kognitive Verarbeitungsprozesse
Wenn Reize so schwach oder von so kurzer Dauer sind, dass sie nicht bewusst, jedoch unbewusst wahrgenommen werden, so bezeichnet man diese als unterschwellige Reize.
- Unterschwelliger Reiz (= Subliminale Wahrnehmung)
- Große Kapazität: Im Rahmen von unbewussten kognitiven Verarbeitungsprozessen können viele Reize gleichzeitig verarbeitet werden
- Schnell: Die Reize werden schnell wahrgenommen und unbewusst kognitiv verarbeitet
- Kontinuierlich: Die unbewussten kognitiven Verarbeitungsprozesse finden ununterbrochen statt
-
- Anstrengungslos: Die unbewussten kognitiven Verarbeitungsprozesse finden ohne kognitive Anstrengungen statt
- Automatisch: D.h. auch unabhängig von der „Denkleistung“ (bspw. Alter, IQ)
Bewusste kognitive Verarbeitungsprozesse.
- Exekutive Funktionen: Prozesse, die das Handeln optimal an die Situation anpassen. Sie werden angewendet, wenn Personen mit komplexen bzw. neuen Anforderungen konfrontiert werden und ihre habituellen Handlungen oder Denk- und Verhaltensmuster nicht mehr ausreichen.
- Das Ausführen exekutiver Funktionen erfordert Aufmerksamkeit und somit eine hohe kognitive Anstrengung
Beziehung zwischen Reizstärke und Empfindung.
Die Psychophysik untersucht die subjektiv empfundene Stärke bei der Wahrnehmung von objektiv verschieden starken Reizen. Damit zwei Reizstärken als unterschiedlich stark wahrgenommen werden können, müssen sie die sog. Unterschiedsschwelle überschreiten. So müssen sich bspw. zwei Gewichte in einem gewissen Maß voneinander unterscheiden, damit sie als verschieden schwer wahrgenommen werden können. Mit zunehmendem Gewicht steigt auch der absolute Betrag, in dem sich die Gewichte voneinander unterscheiden müssen, um die Unterschiedsschwelle zu überschreiten – wobei der prozentuale Zuwachs jedoch konstant bleibt. Diese Beziehung formulierte Weber 1834 in einem Gesetz:
- Weber-Gesetz: Besagt, dass der wahrnehmbare Unterschied zwischen zwei verschieden schweren Gewichten in einem konstanten Verhältnis zum Ausgangsgewicht steht
- c = Δφ / φ
- Δφ = Unterschied zwischen zwei Gewichten, φ = Ausgangsgewicht, c = Weber-Konstante
Rechenbeispiel: In einer Versuchsreihe zum Kraftsinn gibt eine Person an, dass ein Gewicht mindestens 14 g wiegen muss, um von ihr als ”schwerer als ein Gewicht von 10 g” empfunden zu werden. Um mindestens wie viel Gramm müsste dann (gemäß Weber-Gesetz) ein Gewicht weniger als 70 g wiegen, um von der Person als ”leichter als ein Gewicht von 70 g” empfunden zu werden?
- Gesucht: Δφ2
- Gegeben: φ1 = 14 g, φ2 = 70 g
- Δφ1 = 14 g – 10 g = 4 g
- c = Δφ1 / φ1 = 4 g / 14 g
- c = Δφ2 / φ2 = Δφ2 / 70 g = 20 g / 70 g
Gedächtnis
Gedächtnisspeicher
- Sensorisches Gedächtnis (= sensorisches Register)
- Inhalt: Speicher für Bilder, Geräusche etc.
- Dauer: Erreichen die Eindrücke nicht innerhalb weniger Sekunden die Aufmerksamkeit, gehen sie wieder verloren
- Kurzzeitgedächtnis
- Inhalt: Bewusste Verarbeitung der Inhalte des sensorischen Gedächtnisses
- Dauer: Die Inhalte gehen, sofern sie nicht wiederholt werden, innerhalb von etwa 20 Sekunden wieder verloren
- Kapazität: Etwa sieben Informationseinheiten
- Langzeitgedächtnis
- Inhalt: Inhalte des Kurzzeitgedächtnisses gelangen durch Wiederholungen und das Erstellen von Verknüpfungen in das Langzeitgedächtnis
- Dauer: Unbegrenzt
- Kapazität: Unbegrenzt
- Arbeitsgedächtnis
- Inhalt: Informationen, die in einem Moment gespeichert, verknüpft und weiterverarbeitet werden
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- Dauer: Etwa 20 Sekunden bzw. bis Inhalte nicht mehr bearbeitet werden
- Kapazität: Begrenzt
-
- Transfervorgänge: Überführen Inhalte zwischen den Speichern
- Selektion: Dieser Vorgang entscheidet, welche Sinneswahrnehmungen vom sensorischen Gedächtnis in das Kurzzeitgedächtnis überführt werden
- Gedächtniskonsolidierung: Vorgang, der Informationen vom Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis überführt
Gedächtnisformen
- Deklaratives Gedächtnis: Speicherung persönlicher Erinnerungen und generell gültiger Fakten
- Prozedurales Gedächtnis: Speicherung von motorischen und kognitiven Fertigkeiten
Gedächtnisstörungen
- Interferenz (Psychologie): Ein Lernprozess wird durch einen anderen Lernprozess gestört
- Retroaktive Hemmung: Das Abrufen von früher Gelerntem wird durch einen aktuellen Lernprozess gestört
- Proaktive Hemmung: Ein künftiger Lernprozess wird durch einen aktuellen Lernprozess gestört
- Zeigarnik-Effekt: Ungeklärte Aufgaben und Probleme bleiben besonders gut in Erinnerung
- Amnesie: Zeitliche oder inhaltliche Beeinträchtigung der Erinnerung (Form der Gedächtnisstörung)
Intelligenz
Intelligenz ist nicht direkt beobachtbar, sondern lediglich anhand von Indikatoren feststellbar. Solche Indikatoren können etwa Intelligenztests oder Verhaltensbeobachtungen sein. Die Intelligenz ist somit ein latentes Konstrukt. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Komponenten der Intelligenz, die sich grob auf eine verbale, sprachliche Intelligenz, eine rechnerische Intelligenz und Problemlösefähigkeiten aufteilen lassen. Im Folgenden werden verschiedene Modelle und Theorien der Intelligenz sowie die gängigsten Intelligenztests vorgestellt.
Beschreibung | Zugehöriger Intelligenztest | |
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Zwei-Faktoren-Theorie (Generalfaktorenmodell) nach Spearman |
Spearman geht davon aus, dass Intelligenz durch zwei Arten von Faktoren bestimmt wird.
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Mehrfaktorentheorie (Primärfaktorenmodell) nach Thurstone |
Nach Thurstone besteht die Intelligenz aus sieben Primärfaktoren, die alle voneinander unabhängig sind.
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Modell der Intelligenzformen nach Cattell |
Cattell unterscheidet in seinem Modell zwischen der fluiden und der kristallinen Intelligenz.
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Neuropsychologische Veränderungen.
Störungen der Kognition können sich in neuropsychologischen Veränderungen bemerkbar machen. Im Folgenden wird eine Reihe solcher Veränderungen vorgestellt. Die Wiederherstellung bestimmter Funktionen wird dabei als Restitution bzw. (Funktions‑)Restitution bezeichnet.
- Apraxie
- : Störung der Ausführung willkürlicher, zielgerichteter Bewegungen trotz intakter motorischer Funktion
- Neuroanatomisches Korrelat / Geschädigter Bereich: Je nach Apraxieform unterschiedliche Gebiete der sprachdominanten Hemisphäre (hauptsächlich: Wernicke-Zentrum, primär motorischer Kortex, motorischer Assoziationskortex)
- Agnosie
- : Störung der visuellen oder auditiven Wahrnehmung, ohne dass elementare Defizite der Sensorik bestehen
- Neuroanatomisches Korrelat / Geschädigter Bereich: Optische Agnosie: Läsion in der Area striata
- Prosopagnosie: Unfähigkeit, ein bekanntes Gesicht zu erkennen
- Neuroanatomisches Korrelat / Geschädigter Bereich: Gyrus fusiformis (=Gyrus temporooccipitalis lateralis)
- Alexie
- Form der visuellen Agnosie, die zum Verlust der Lesefähigkeit führt
- Neuroanatomisches Korrelat / Geschädigter Bereich: Je nach Alexieform unterschiedliche Hirnareale (meist Gyrus angularis)
- Agrafie: Unfähigkeit des Schreibens
- Neuroanatomisches Korrelat / Geschädigter Bereich: Verschiedene Hirnareale (u.a. Sprachzentren, primär motorischer Kortex)
- Perseveration: Wörter, Handlungen oder Gedanken werden vom Betroffenen immer wieder wiederholt
- Neuroanatomisches Korrelat / Geschädigter Bereich: Je nach Perseverationsform unterschiedliche Bereiche (meist präfrontaler Kortex).