INTERVIEW MIT VANGELIS, DEZEMBER 2016.
Das Interview wurde auf Englisch geführt. Die englische Version finden Sie hier. Auf Wunsch von Vangelis haben wir die Übersetzung bewusst nicht glatt gebügelt, sondern entsprechend seinem „Englisch“ belassen.
Peter:
Um einen Musiker zu verstehen, ist es, glaube ich, wichtig, seinen Antrieb zu verstehen oder besser gesagt, den Ursprung zu kennen, aus dem heraus sich die Kreativität in Musik ausgedrückt hat. Gab es da bei dir ein Schlüsselerlebnis?
Vangelis:
Einen Musiker zu verstehen, ist nicht wirklich das Einfachste. Was versucht man hierbei zu verstehen? Den Musiker als Person oder seine Musik? Wahrscheinlich ist es am Sinnvollsten, ihn über seine Musik erfahren. Den ersten Teil der Frage kann ich wohl nur so beantworten. Zum zweiten Teil kann ich nur sagen, bei mir war mein Schlüsselerlebnis mein erster Schrei nach der Geburt, denn es scheint fast, als wenn ich kurz danach bereits auf Musik fokussiert war. Das Verständnis von der Welt um mich herum erfolgte wirklich durch die Musik, die mir die Schlüssel zum Dekodieren der unendlichen Wunder der Natur gab.
Peter:
Aus dem unbekannten Musiker Vangelis wurde irgendwann der Star Vangelis. Wie bist Du damit umgegangen? Hat das dein Leben verändert oder deine Art Musik zu komponieren? Ist Ruhm nicht auch sehr kreativitätshemmend?
Vangelis:
Soweit es mich betrifft, hat sich nicht wirklich etwas geändert. Ich muss zugeben, dass ich relativ früh das Empfinden hatte, dass Ruhm eine ernste Hürde für die Kreativität ist. Kreativität ist die Frucht der Freiheit, weil der Ruhm das Ergebnis eines gesellschaftlichen Systems ist und auch der Mode. Obwohl es nicht einfach ist, habe ich immer die Kreativität bevorzugt.
Peter:
Große Plattenlabels nehmen irgendwann mehr und mehr Einfluss auf einen erfolgreichen Künstler, um die wirtschaftliche Rentabilität auszuschöpfen. War das jemals bei dir ein Thema oder hat man Dir immer die freie Wahl gelassen?
Vangelis:
Es ist offensichtlich, dass die Industrie alles daran setzt, ihre Profite zu maximieren. In der Plattenindustrie wird einem nichts geschenkt. Was immer man erreicht, muss man sich erkämpfen.
Peter:
Es gibt einige Alben wie Beaubourg, die damals – sagen wir mal – aus der klassischen Vangelis Welt ausgeschert sind. War das eine Rebellion, ein Experiment, eine Selbstfindung?
Vangelis:
Das Centre Pompidou [ein bekanntes Kunstmuseum in Paris, das wegen seines Aussehens von den Parisern auch „die Raffinerie“ bezeichnet wird. Anm.d.Red.] ist eine architektonische Monstrosität [in dem Stadtteil Beauborg, Anm.d.Red.], was wiederum zu einer musikalischen Monstrosität geführt hat. Ich habe dieses Projekt niemals wirklich ernst genommen und bin darauf auch ehrlich gesagt nicht besonders stolz. Am besten sprechen wir hier nicht weiter drüber.
Peter:
Die Begriffe VANGELIS und SYNTHESIZER sind heute fest miteinander verschmolzen, obwohl es auch eine Zeit vor den Synthesizern gab und Du heute bei manchen Werken mehr nach einem klassischen Orchester klingst, statt nach Synthesizern. Welche Rolle spielten Synthesizer für dich in Deiner Synthesizer-Hochphase und welche Rolle spielen sie heute?
Vangelis:
Während all den Jahren habe ich gesagt, dass die Musik die wichtigste Kraft des Universums ist und auch ihr Antrieb. Es ist für mich bemerkenswert, dass der frühzeitliche Mensch, der ums Überleben kämpfen musste, gleichzeitig die Zeit gefunden hat, die ersten Instrumente zu entwickeln.
Aus einer gespannten Haut wurden Trommeln, ein paar Löcher in einem Bambusrohr wurden zur Flöte und ein paar gespannte Saiten wurden zur Harfe und so weiter. Ich betrachte dies [die Musikinstrumente bzw. Musik] nicht als überflüssigen Luxus für diese Menschen, sondern als ein Grundbedürfnis. Dies hat sich fortgesetzt bis in unsere heutige Zeit. All diese Instrumente bezeichnen wir als akustische oder natürliche Instrumente. Meine Frage hier ist, was ist mit dem Donner, dem Regen, dem Wind, dem Wald und dem Meer? Selbst unsere Körper oder die Erde sowie jeder andere Planet? Kommen diese Geräusche nicht von der Natur? Alles in der Natur ist ein Herzschlag, eine Welle und Vibration. Es ist nachweislich so, dass von jeder Quelle ein Klang ausgeht. Es langweilt mich, das Offensichtliche erklären zu müssen, denn ich sehe hier keinen Unterschied – wenn es überhaupt einen gibt – in der Art und Weise, wie wir Klang verwenden. Die Grundsatzdiskussion entsteht, wenn wir Elektrizität verwenden, um einen Klang zu generieren. Alle vorher erwähnten Instrumente werden im Allgemeinen als natürlich bezeichnet, während Synthesizer, weil sie Strom benötigen, um den Klang zu schaffen, als unnatürlich betrachtet werden. Was für ein Gedanke! Wer will mir weismachen, dass Elektrizität kein natürliches Element ist? Ich betrachte es als glücklichen Umstand, in einem Jahrhundert zu leben, wo Wissenschaft und Technologie mehr Möglichkeiten bieten, die Bedürfnisse der Musik zu erweitern. Ich halte es für einen großen Fehler, diese beiden Quellen zu differenzieren.
Peter:
Bitte lass mich doch nochmals zurückgehen in Deine Geschichte und nach diesem Moment fragen, als du erstmals die Faszination eines Synthesizers für dich erkannt hast.
Kannst du dich an diesen Moment noch erinnern?
Vangelis:
Es war um 1973-1974, als ich zum ersten Mal einige „KORG“ monophone Synthesizer erhielt und sofort das Gefühl hatte, dass sich eine neue Welt für mich auftut. Das ist etwas, was ich einen positiven Fortschritt bezeichne und nicht eine so unmenschliche Architektur wie das Beaubourg [das Centre de Pompidou Gebäude in Paris; Anm. d. Red].
Peter:
Und nun aber auch ganz profan die Frage nach Deinem ersten Synthesizer. Ich möchte behaupten, dass jeder von uns noch ganz genau weiß, welcher Dein erster Synthesizer war.
Vangelis:
Es ist nicht schwer, diese Frage zu beantworten. Die ersten Firmen, die in dieser Zeit Synthesizer herstellten, waren Korg, Roland, Yamaha, Oberheim, Arp und natürlich der beliebte Minimoog. Ich möchte auch noch erwähnen, dass vor all diesen neuen Instrumenten es auch zwei Synthesizer gab, das Ondioline und das Clavioline, beide sehr fortschrittliche Geräte für ihre Zeit. Es ist kaum zu glauben, dass das Ondioline bereits mit einem Touch Respond Keyboard [auch als Aftertouch bekannt, Anm. d. Red.] ausgestattet war!
Peter:
Gab es eine Zeit, bei der du die technische Entwicklung von Synthesizern aktiv verfolgt hast und Neuheiten auf dem Markt unbedingt ausprobieren musstest? Die Frage mag merkwürdig erscheinen, aber in den bisherigen Interviews mit Dir, kennt man dich vor allem als „musikalischen Philosophen“, was wirklich faszinierend ist, aber gibt es auch einen Vangelis, der hinter der ganzen Musik auch eine Faszination für Technik besitzt?
Vangelis:
Während der Synthesizer Ära, die seit ihren Anfängen immer stärker wurde, nahm das Produkt-Marketing immer mehr zu, ohne deswegen mehr Kreativität zu schaffen. Es gab Zeiten, da fand ich mich in der Mitte von einer Vielzahl von unterschiedlichen Synthesizern, die sich nicht wesentlich voneinander unterschieden. Und allen war gemein, dass sie nicht besonders spielbar waren und wenig Ausdrucksmöglichkeiten boten. Die merkwürdige Sache dabei ist, dass während dieser Zeit, zwischen den 80er und 90er-Jahre, alle diese Firmen die Technologie besaßen, wesentlich bessere Synthesizer zu bauen. Aber wie ich schon vorher erwähnt habe, das Marketing orientierte sich an unnötigen Dingen und Entwicklungen, um Käufer anzuziehen, nicht aber unbedingt dem Künstler weiterzuhelfen. Trotzdem habe ich versucht, diese Probleme zu umgehen und mir die Sachen zu beschaffen, die ich zu der damaligen Zeit benötigt habe. Man sollte nicht vergessen, dass zu dieser Zeit Synthesizer etwas Besonderes waren und so auch vermarktet wurden.
Peter:
An dieser Stelle muss ich jetzt über den Yamaha CS80 sprechen. Du musst mir die Frage einfach erlauben, denn Vangelis ohne CS80 und CS80 ohne Vangelis ist einfach nicht vorstellbar. Kein Musiker vor oder nach dir war mit einem elektronischen Instrument jemals so verbunden wie Du und dem Yamaha CS80. Diese „Liebe“ hält ja bis heute an und auch bei Deinem aktuellen ROSETTA Projekt sieht man Dich in den Videos wieder am CS80 sitzen. Bitte erzähl uns doch davon, wie Du und der CS80 euch kennengelernt habt und wie daraus über viele Jahre eine so tiefe Verbundenheit geworden ist.
Vangelis:
Der Yamaha CS80 war der erste und letzte ernsthafte Versuch, einen Synthesizer mit einem musikalischen und expressiven Ansatz zu schaffen. Es war der erste Synthesizer, der mir die Möglichkeit gab, Sachen zu verwirklichen, die ich mit keinem anderen Synthesizer umsetzen konnte. Wenn man ein Saiteninstrument spielt, ein Holzblasinstrument oder auch ein Blechblasinstrument, hat man die Möglichkeit, den Klang beim Spielen zu verändern. Der CS80 erlaubt es, wie bei einer Violine, den Klang beim Spielen zu beeinflussen. Dies ist der wesentliche Unterschied zwischen Synthesizern und akustischen Instrumenten. Zu der damaligen Zeit war der CS80 kein besonders erfolgreicher Synthesizer und nur wenige Menschen haben ihn gekauft, da man, um ihn spielen zu können, erst lernen musste, wie man sich hiermit ausdrückt. Wie bei einem konventionellen Instrument muss man sich also den CS80 als eigenständiges Instrument erarbeiten. Zu der damaligen Zeit hatten die Leute weder das Verständnis noch die Geduld, sich hiermit zu beschäftigen, wenn alle anderen Instrumente damals bereits Werksklänge anboten. Und es gibt noch einen anderen Grund, einen ziemlich banalen … es war ein sehr schweres Instrument und umständlich auf Tour zu nehmen – Interview komplett lesen.
Musik ist eine Kunstgattung, deren Werke aus organisierten Schallereignissen bestehen, deren Sinn und Zweck das Hervorrufen einer ästhetischen Empfindung ist. Zu ihrer Erzeugung wird akustisches Material, wie Töne, Klänge und Geräusche, innerhalb des für Menschen hörbaren Bereichs geordnet. Aus dem Vorrat eines Tonsystems werden Skalen gebildet. Deren Töne können in unterschiedlicher Lautstärke bzw. Intensität (Dynamik), Klangfarbe, Tonhöhe und Tondauer erscheinen. Melodien entstehen aus der Abfolge von Tönen sowie gegebenenfalls Pausen in einem zeitlich festgelegten Rahmen (Rhythmus, Metrum und Tempo, ggf. eingebettet in Takte). Aus dem Zusammenklang (der Harmonie) mehrerer Töne (Akkorde) von jeweils anderer Tonhöhe erwächst Mehrstimmigkeit, aus den Beziehungen der Töne untereinander entsteht Harmonik. Die begriffliche Erfassung, systematische Darstellung der Zusammenhänge und deren Deutung leistet die Musiktheorie, mit dem Lehren und Lernen von Musik befasst sich die Musikpädagogik, mit Fragen nach der musikalischen Gestaltung hauptsächlich die Musikästhetik. Musik ist ein Kulturgut und Gegenstand der Musikwissenschaft. Sie wird vielfach als „universelle Sprache“ verstanden.
Die Geschichte der Musik oder auch Musikgeschichte ist die Darstellung der historischen Entwicklung von Musik und musikalischen Phänomenen. Traditionell umfasst sie unter anderem die historische Entwicklung des Gesangs und der Melodie, des Rhythmus, der Musikinstrumente, des Zusammenklangs und der Mehrstimmigkeit, der Harmonik und die Entwicklung der Schriftlichkeit und Vervielfältigung (Musik als Zeichensystem und Notation). Außerdem entwickelte die Musik eine Vielfalt von Darstellungsarten, Stilen und Ästhetik, die ebenfalls Gegenstände der Musikgeschichte darstellen. Die Musikgeschichte ist eines der Forschungsgegenstände der Historischen Musikwissenschaft.
Die anatomischen Voraussetzungen für einen differenzierten Gesang haben sich vermutlich vor rund zwei Millionen Jahren entwickelt, als sich mit Homo ergaster der aufrechte Gang durchsetzte. Infolgedessen sank der Kehlkopf. Gleichzeitig bildete sich durch die Umstellung der Nahrung hin zu mehr fleischlicher Kost der Kauapparat zurück, die Mundhöhle wurde größer und konnte ein größeres Spektrum an Lauten produzieren. Manche Wissenschaftler sehen die Ursprünge der Musik daher als eine kommunikative Anpassung an das Leben in größeren sozialen Gruppen. Andere wie Geoffrey F. Miller dagegen vermuten, dass es sich bei der Musikalität des Menschen um ein Merkmal handelt, das sich hauptsächlich durch sexuelle Selektion entwickelt hat. Neue Ansätze gehen davon aus, dass beide Faktoren eine Rolle gespielt haben.[1][2] Die weltweit bislang ältesten aufgefundenen Musikinstrumente sind Flöten, die 40.000 Jahre alt sind.[3] Zählt man die menschliche Stimme als Musikinstrument, sind diese sicherlich sehr viel früher zur Produktion von Musik eingesetzt worden.
Die Jungsteinzeit brachte die ersten irdenen Instrumente, unter denen sich Gestaltrasseln in Menschen- und Tierform befanden. In der Bronzezeit, als sich bereits Hochkulturen im vorderasiatischen Raum entwickelten, entstanden die ersten metallurgischen Arbeiten. Überreste von Metallschmuck an vergangenen Tierhörnern gehören dazu, ebenfalls bronzene Hörner in Tierhornform, die im nordischen Kreis gefundenen Luren. Jene waren stets paarig und in gleicher, manchmal sogar fester Stimmung, was sowohl der Klangverstärkung gedient haben, kann als auch dem Akkordspiel. Andere Metallarbeiten waren Klapperbleche und Klangplatten.
Analog zur Bildung von Tonleitern unterschied der Musikhistoriker John Frederick Rowbotham in seiner History of music (1885–1887) die Entwicklungsstufen der archaischen Musik nach dem verwendeten Ambitus. So ist vor Terpandros, dem Schöpfer der griechischen Lyrik im 7. Jahrhundert, nur der Tonumfang eines Tetrachords, d. h. einer Quarte zu finden, was Plutarch in seinem Dialog über Musik als Anzeichen älterer Kulturepochen bestätigte. Diese Einordnung ist jedoch nicht als allgemeingültig zu betrachten, da in der Musik anderer Ethnien, z. B. bei den indigenen Völkern Nordamerikas, in Australien und Ozeanien auch Akkordzerlegungen über einen großen Tonraum hinweg vorkommen – ausführlicher in Wikipedia.