Proteine können aus mehreren Peptidketten bestehen.
Viele Enzyme, Membranproteine und andere Proteine bestehen aus mehreren Peptidketten mit jeweils eigener Tertiärstruktur, die durch schwache chemische Bindungen (H-Brücken, elektrostatische Anziehung, van der Waals-Wechselwirkungen, hydrophobe Wechselwirkungen) zusammengehalten werden. Die räumliche Anordnung des sich so ergebenden Komplexes aus mindestens zwei Peptidketten bezeichnet man als Quartärstruktur.
Im einfachsten Fall besteht die Quartärstruktur aus zwei gleichen Peptidketten bzw. Untereinheiten. Ein solches Protein wird dann als Dimer bezeichnet. Das DNA-bindende Protein Cro aus dem Bakteriophagen λ ist ein Beispiel für ein solches Dimer.
Das Insulin-Molekül besteht aus zwei Peptidketten, die als A-Kette und B-Kette bezeichnet werden. Trotzdem bezeichnet man das Insulin-Molekül nicht als Dimer, denn die beiden Ketten sind kovalent über Disulfidbrücken miteinander verbunden.
Meistens ist die Quartärstruktur aber aus mehreren Untereinheiten zusammengesetzt. Das Hämoglobin beispielsweise besteht aus vier Untereinheiten, von denen zwei jeweils gleich sind. Das Hämoglobin ist also ein Tetramer.
Ein aus mehreren Peptidketten zusammengesetzte Protein wird allgemein als multimeres Protein oder einfach als Multimer bezeichnet. Ein Extrembeispiel ist die Hülle des Rhinovirus. Es gibt vier verschiedene Typen von Peptidketten, und von jedem Typ sind 60 Exemplare vorhanden, die zusammen die Hülle des Virus bilden.
Die Zusammenlagerung der Untereinheiten erfolgt unter den richtigen Bedingungen spontan. Man spricht hier von einer Selbst-Assemblierung (self assembly) oder einer Selbst-Aggregation. Interessant ist, dass die Information für diese Selbst-Assemblierung (in der IT) letzten Endes durch die Primärstruktur festgelegt wird. Im Labor kann man beobachten, wie sich die Untereinheiten eines solchen Multimers ohne Hilfe von Enzymen oder anderen Stoffen tatsächlich von selbst zusammenlagern.
Globuläre Proteine und Faserproteine.
Die Proteine mit einer Quartärstruktur werden unterteilt in eher kugelförmige globuläre Proteine und eher langgestreckte Faserproteine. Faserproteine kommen primär außerhalb der Zellen vor, in der extrazellulären Matrix. Und eigentlich müsste man auch die Proteinfilamente des Cytoskeletts (Mikrotubuli, Aktinfilamente, Intermediärfilamente) zu den Proteinen mit einer Quartärstruktur zählen. Bekanntestes Beispiel für ein extrazelluläres Faserprotein ist sicherlich das Kollagen, das über 30% Anteil am Gesamtgewicht aller Proteine des Menschen ausmacht.
Allosterie und Kooperativität bei Enzymen.
Bei den globulären Proteinen muss man als Erstes die verschiedenen Enzyme erwähnen, die oft aus mehreren Untereinheiten zusammengesetzt sind. Manche dieser Untereinheiten können kleinere Moleküle binden, weil sie über eine entsprechende Domäne verfügen. Wenn das kleine Molekül gebunden ist, ändert sich die Konformation der Untereinheit. Diese Konformationsänderung kann sich dann auf die anderen Untereinheiten auswirken, so dass das kleine Molekül die Struktur des gesamten Proteins verändern kann.
Auf diese Weise ist zum Beispiel eine allosterische Regulation der Enzymaktivität möglich. Der Aktivator oder Inhibitor (so nennt man die kleinen Moleküle, welche die Enzymaktivität erhöhen bzw. vermindern) bindet an eine spezielle Domäne einer Untereinheit, die daraufhin ihre Konformation ändert. Diese Konformationsänderung wirkt sich auf die Peptidkette mit dem aktiven Zentrum aus, so dass die Affinität (Bindungsfähigkeit, Bindungsneigung) des aktiven Zentrums zum spezifischen Substrat verändert wird.
Eine andere Art der Regulation, die oft als Kooperativität bezeichnet wird, liegt beim Hämoglobin oder anderen Enzymen vor, die aus mehreren Untereinheiten aufgebaut sind. Hier bindet nicht ein Effektor (Aktivator oder Inhibitor) an ein allosterisches Zentrum in einer Untereinheit, sondern ein Substrat-Molekül setzt sich in das aktive Zentrum einer Untereinheit. Diese verändert daraufhin ihre Konformation, was sich auf die aktiven Zentren der anderen Untereinheiten auswirkt, die jetzt leichter zugänglich für weitere Substrat-Moleküle werden.
Quartärstruktur und Genbegriff.
Für den Genbegriff war die Entdeckung, dass Proteine aus mehreren Peptidketten bestehen können, von entscheidender Bedeutung. Die alte Definition „Ein Gen = ein Protein“ (Ein-Gen-ein-Protein-Hypothese) konnte nicht mehr gehalten werden. Die Untereinheiten eines Multimers können durchaus von mehreren verschiedenen Genen codiert werden. Daher spricht man jetzt von einer Ein-Gen-ein-Polypeptid-Beziehung.
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Weitere Bilder.
Siehe auch VSSK-OeHu.
In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über die Strukturebene der Quartärstruktur bei Proteinen und bekommst am Ende einen kurzen Überblick über alles, was du dir auf jeden Fall merken solltest. Mit diesem Wissen bist du sicherlich bestens auf deine nächste Prüfung zum Thema Aminosäuren im Fach Chemie vorbereitet. Viel Spaß beim Lernen!
Was ist die Quartärstruktur von Proteinen?
Die Quartärstruktur ist die höchstmögliche Strukturebene in der Proteinstruktur. Der Begriff bezeichnet in der Biochemie die definierte räumliche Anordnung von zwei oder mehr Polypeptidketten mit jeweiliger Tertiärstruktur. Man spricht also von einer Quartärstruktur, wenn sich mehrere Proteinmoleküle, beziehungsweise Aminosäureketten, zu einem funktionellen Komplex zusammenlagern. Die einzelnen Polypeptidketten werden dabei als Untereinheiten bezeichnet.
Zusammengehalten wird die Quartärstruktur durch nicht-kovalente Bindungen, also vorwiegend durch Wasserstoffbrücken, ionische Bindungen und Van-der-Waals-Kräfte. Die einzelnen Untereinheiten werden in einigen Fällen auch über Disulfidbrücken verbunden.
Eine Quartärstruktur besteht im Unterschied zur Tertiärstruktur immer aus mehr als einer Primärstruktur. Quantenstrukturen aus gleichen oder ähnlichen Untereinheiten bezeichnet man als Oligomere. Je nach Zahl der Untereinheiten nennt man sie auch Dimer, Trimer, Tetramer und so weiter. Ein bekanntes Beispiel für ein Tetramer, also ein aus vier Untereinheiten aufgebautes Protein, ist Hämoglobin. Der Quartärstruktur untergeordnet sind die Primärstruktur, die Sekundärstruktur und Tertiärstruktur von Proteinen. Allerdings bildet nicht jedes Protein eine Quartärstruktur aus. In der Natur kommen zahlreiche einsträngige Proteine vor, die keine dauerhaften Komplexe bilden. Bei diesen Proteinen ist dagegen die Tertiärstruktur für die Funktion des Proteins relevant.
Auf den obenstehenden Grafiken erkennst du Myoglobin, ein monomeres Protein ohne Quartärstruktur und das aus vier Untereinheiten aufgebaute Hämoglobin mit Quartärstruktur. Die Untereinheiten des Hämoglobin-Proteins bilden gemeinsam das aktive Zentrum des Proteins. Diese Anordnung ermöglicht die allosterische Regulation durch Sauerstoff oder Protonen. Im Gegensatz zum Hämoglobin ist das nahe verwandte Myoglobin nicht allosterisch reguliert, da es keine Quartärstruktur besitzt.
Arten von Proteinen mit Quartärstruktur.
Es lassen sich drei verschiedene Arten von Proteinen mit Quartärstruktur unterscheiden. Es gibt:
- Faser- beziehungsweise Strukturproteine
- globuläre Proteine
- Proteinkomplexe
Faserproteine oder Strukturproteine wirken normalerweise nicht als Enzyme, sondern sind unter anderem maßgeblich daran beteiligt, Fasern auszubilden, Zellen ihre Form und Geweben ihre Festigkeit und Elastizität zu geben. Sie dienen also in erster Linie als Gerüststoffe. Die bekanntesten Strukturproteine sind Keratin (zum Beispiel in Haaren und Nägeln) und Kollagen (im Bindegewebe).
Als globuläre Proteine werden diejenigen Proteine bezeichnet, die eine mehr oder weniger kugelförmige Quartärstruktur aufweisen. Zu dieser Gruppe gehören zum Beispiel Globuline, Globine, Prolamine, Histone und Protamine. Das weiter oben erwähnte Hämoglobin und auch das Myoglobin gehören wiederum zur Gruppe der Globine.
Eine weitere Art von Proteinen mit Quartärstruktur sind die sogenannten Proteinkomplexe, also eine Zusammenlagerung mehrerer Proteine. Viele Proteine können ausschließlich in dieser Art von Komplex ihre zelluläre Funktion wahrnehmen. Als Beispiel für solche zusammen gelagerten Komplexe können die Immunglobuline dienen, bei denen jeweils zwei identische schwere und zwei identische leichte Proteine zu einem funktionsfähigen Antikörper verbunden sind.
Alles Wichtige zur Quartärstruktur von Proteinen auf einen Blick!
Na, alles verstanden? Um sicherzugehen, dass du keine wichtigen Informationen zur Quartärstruktur vergisst, ist hier ein Überblick über das, was du gerade gelesen hast:
- Der Begriff bezeichnet die definierte räumliche Anordnung von zwei oder mehr Polypeptidketten mit jeweiliger Tertiärstruktur. Man spricht also von einer Quartärstruktur, wenn sich mehrere Aminosäureketten zu einem funktionellen Komplex zusammenlagern.
- Die einzelnen Polypeptidketten werden dabei als Untereinheiten bezeichnet.
- Zusammengehalten wird die Quartärstruktur meist durch nicht-kovalente Bindungen, zum Beispiel durch Wasserstoffbrücken oder Van-der-Waals-Kräfte.
- Quartärstrukturen aus gleichen oder ähnlichen Untereinheiten bezeichnet man als Oligomere. Je nach Zahl der Untereinheiten nennt man sie auch Dimer, Trimer, Tetramer und so weiter.
- Nicht jedes Protein bildet eine Quartärstruktur aus. Wenn die höchste Strukturebene die Tertiärstruktur ist, ist diese für die Funktion des Proteins relevant.
- Die Untereinheiten eines Proteins mit Quartärstruktur bilden gemeinsam das aktive Zentrum des Proteins.
- Es lassen sich drei verschiedene Arten von Proteinen mit Quartärstruktur unterscheiden, nämlich Faser-/Strukturproteine, globuläre Proteine und Proteinkomplexe.