Josef Vilsmaier.

Regie – das heißt: Verführung zur Aufmerksamkeit.

Was ist Regie?

Die Fähigkeit, „die Welt entlang der eigenen Leidenschaft zu zähmen”, wie Frieda Grafe einmal geschrieben hat, und also eine Tätigkeit, Lebendiges und Unbelebtes, Erfahrung und Erfindung, Körper und Talente Anderer in einen Zusammenhang zu bringen, in dem die eigene Welterfahrung aufgehoben ist und zugleich erlebbar wird für Dritte.

Regie heißt damit letztlich: Regie des/der Zuschauer:in, aber nicht im Sinne einer direkten Kommunikation – ein Film ist eben keine Mitteilung – sondern als Verführung zur Aufmerksamkeit. Ein Film darf sich nicht schon im Drehbuch oder auf der Leinwand vollenden, er muss in der Wahrnehmung konkret werden, im Kopf der Zuschauer:innen.

Regie setzt viele Talente voraus, die nicht gelernt werden können. Was sich lernen und lehren lässt, sind Techniken, die sich historisch als brauchbar erwiesen haben, Handwerk: In der Stoffentwicklung, in der Arbeit mit Schauspieler:innen, in der Grammatik des visuellen Erzählens, im Schnitt usw. Was sich weiterhin organisieren lässt, ist die Begegnung mit Filmgeschichte als Testament der Regellosigkeit und Steinbruch der Ideen: nicht akademisches Wissen steht im Mittelpunkt, sondern die Neugier des Diebes. Drittens kann man das kommunikative – und solidarische – Miteinander befördern, etwa, indem man die Studierenden in den Schuhen anderer Gewerke wandeln lässt – Christoph Hochhäusler, Leitender Dozent Regie.

Regie (frz. régie „verantwortliche Leitung“; lat. regere „regieren“) ist die verantwortliche Leitung durch einen Regisseur. Jener gestaltet eine Aufführung oder Sendung in der Darstellenden Kunst wesentlich, insbesondere im Leben als solchem sowie bei Theater, Oper, Film, Hörfunk und Fernsehen. Dies umfasst die Werkdeutung (Interpretation) sowie die künstlerische, organisatorische und administrative Leitung der Einstudierung und Darstellung eines Werks durch die ausführenden Künstler (Inszenierung, Film oder Sendung). „Regieanweisungen“ sind jedoch nicht die Anweisungen des Regisseurs, sondern die des Autors im vorliegenden Text oder Drehbuch.

Bedeutung/Definition.
1) künstlerische Gesamtleitung einer Veranstaltung, eines Werks
2) verantwortliche Leitung
Abkürzung.
Reg.
Begriffsursprung.
von französisch: régie‎ (verantwortliche Leitung) von lateinisch: regere (regieren)
Synonyme.
1) Leitung, Spielleitung
Untergeordnete Begriffe.
1) Dialogregie, Filmregie, Lichtregie, Opernregie, Theaterregie
2) Staatsregie, Tabakregie
Anwendungsbeispiele.
  • Regie im Leben als solchem = Lebenskunst.
  • Die Regie führte diesmal Tom Tykwer.
  • Eine Aufführung unter Regie des bekannten Choreografen Meyer.
  • Das Spektakel unter der Regie von Thomas Twitter lockte viele Hunderte Zuschauer.
  • Er führt den Betrieb in eigener Regie.
  • Die Uni führt die Prüfung nicht in eigener Regie durch, man hat einen Consultant beauftragt.
  • Viele wollen nicht, dass das Unternehmen unter Regie des Staates weitergeführt wird.
Redensart/Redewendungen.
in eigener Regie – eigenständig
Typische Wortkombinationen.
1) Regie führen, unter Regie von
Wortbildungen.
Regieanmerkung, Regieanweisung, Regieassistent, Regieassistenz, Regiebetrieb, Regiebuch, Regiedebütant, Regieeinfall, Regiefehler, Regiekosten, regielich, Regieoper, Regiepult, Regiespesen, Regiestuhl, Regietheater.

Ursprung.

Ursprünglich bezeichnete Regie eine indirekte Steuer im Wirtschaftssystem des Feudalismus. Im künstlerischen Bereich wurde der Begriff vermutlich erstmals in den Mannheimer Theaterprotokollen von 1785 benutzt, bezeichnete dort aber eher die Tätigkeit des Inspizienten.

Theaterregie.

Die Formen und Arbeitsweisen der Theaterregie können sehr unterschiedlich sein. Sie hängen in hohem Maße von der Organisationsform des jeweiligen Theaters ab (institutionelles Staats- oder Stadttheater, Freie Gruppe usw.) und reichen von der alleinigen künstlerischen Verantwortung des Regisseurs bis zu kollektiven Formen der Arbeit, bei denen alle Beteiligten Aufgaben der Regie übernehmen.

Geschichte der Theaterregie.

Theaterregie im heutigen Verständnis wird erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts praktiziert. Vorher kannte das Theater eine solche interpretatorische und gestalterische Funktion nicht. Die Aufgabe des Regisseurs betraf lediglich die Organisation der äußeren Abläufe einer Aufführung. Zwar gab es bereits im Theater der griechischen Antike die Choregen, die bestimmte Aufgaben in der Organisation und Probenarbeit übernahmen, aber eine künstlerisch gestaltende Rolle spielten sie nicht. Die Einstudierung der Stücke übernahmen die Dichter selbst. Im deutschen Sprachraum ist die Bezeichnung Regisseur als Beschreibung für eine Tätigkeit an den großen Hof- und Nationaltheatern erstmals im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts nachgewiesen. Die Regisseure jener Zeit waren ausnahmslos ältere Schauspieler, die zusätzlich zu ihrer Bühnentätigkeit organisatorische und administrative Aufgaben übernahmen. Das Bühnengeschehen jedoch wurde von den Schauspielern selbst bestimmt, zu deren Professionalität es gehörte, eine Rolle wirkungsvoll zu verkörpern.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Bühnentechnik rasant; die Bedürfnisse des Publikums nach einer überzeugenden Illusion im Theater wurden durch ausgefeilte Bühnenprospekte (zum Beispiel bei den Meiningern) und zunehmend raffinierte Bühnenbeleuchtung bedient. Zugleich änderte sich der Stil der Schauspielkunst. Mit aufkommendem Realismus und Naturalismus entstand die Tendenz zu einer lebensechten, wahrhaftigen Darstellung der Figuren durch die Schauspieler. Diese komplexen Aufgaben zu bündeln und mit Inspiration voranzutreiben, war fortan die Aufgabe des Theaterregisseurs. Es entstand ein Verständnis von Theaterregie im Sinne der Autorschaft einer Inszenierung, die die Handschrift des Regisseurs trägt und eine gewisse Autonomie gegenüber der literarischen Vorlage erlangt. Regisseure, die dieses Bild durchsetzen halfen, waren beispielsweise Otto Brahm und Max Reinhardt. Zum Symbol für die gestaltende Kraft der Regie, die ein sattsam bekanntes Stück wie Shakespeares Ein Sommernachtstraum zu einem nie so gesehenen Erlebnis macht, wurde Max Reinhardts Inszenierung dieses Stückes. „Der Sommernachtstraum war deshalb ein Ausgangspunkt, weil Reinhardt hier seine Idee vom festlichen, prangenden, leichten und spielerischen Theater zum ersten Mal komplett verwirklicht, seine Mittel erprobt und sich als ihr Herr erkannt hatte. Epochemachend wurde: Reinhardt betrieb und manifestierte hier die Emanzipation des Regisseurs. Der Kontrolleur des Spielvorgangs wandelte sich zu seinem Schöpfer.“ Um 1900 plädierten zahlreiche Theoretiker dafür, das Theater vollständig aus der Bindung an das Drama zu befreien (etwa Edward Gordon Craig und Adolphe Appia) und ein autonomes Theaterkunstwerk zu schaffen, das ohne literarischen Autor auskommt und allein das Werk des Regisseurs ist.

Letztlich verlief die Theaterentwicklung in Europa anders, aber die Anerkennung, dass die Inszenierung eine eigenschöpferische, autonome Leistung des Regisseurs – und nicht lediglich eine nachgeordnete Interpretation des literarischen Werks – ist, hat sich allgemein durchgesetzt. Insofern ist der häufig pejorativ gebrauchte Begriff „Regietheater“ ein Pleonasmus, weil heute (zumindest im europäischen institutionalisierten Theater) keine Inszenierung mehr ohne das integrative Wirken eines Regisseurs denkbar ist. Es gibt jedoch in Deutschland keine juristische Regelung, die ein Urheberrecht des Regisseurs an seiner Inszenierungen bestätigt. Auch die Freiheit des Regisseurs gegenüber der literarischen Vorlage ist ein heiß umstrittenes Thema, wie das Verbot der Baal-Inszenierung von Frank Castorf am Residenztheater München durch die Brecht-Erben zeigte.

Für die Oper war es der Komponist und Dirigent Gustav Mahler, der als 1. Kapellmeister und Direktor der Wiener Hofoper zwischen 1900 und 1907 einen entscheidenden Durchbruch zur modernen Regie leistete. In Zusammenarbeit mit dem Szenographen Alfred Roller setzte Mahler in Bezugnahme auf Richard Wagners Idee vom Gesamtkunstwerk die inhaltliche Einheit von musikalischer und szenischer Gestaltung durch.