Synthese.

Vom griech. syn, „zusammen, mit“ und thésis, „Setzung“, also: „Zusammensetzung, Vereinigung“. Der Begriff wurde von Hermann Kolbe 1845 in die Natur-Wissenschaften eingeführt. Als Gegenstück zur Analyse bezeichnet der Ausdruck eine Argumentationsmethode, die von den einfachsten Feststellungen oder Annahmen zu den komplexesten fortschreitet. Für Descartes ist die Synthese die dritte Regel seiner Methode nach der Analyse, die ihr die Elemente in die Hand gibt, von denen sie aufsteigt, wie von einem „Grad“ zum nächsthöheren bis hin zu zusammengesetzten Gedankenobjekten. Bei Kant sind die viel diskutierten „synthetischen a priori Urteile“ diejenigen, die Erkenntnis des Subjekts erweitern, ohne dass sie auf Erfahrungen beruhen. Zu beschreiben, wie solche Urteile möglich sind, ist Gegenstand der Kritik der reinen Vernunft. Für Hegel ist die Synthese der dritte Begriff der dialektischen Bewegung, der es ermöglicht, den Gegensatz zwischen These und Antithese zu überwinden. So ist zum Beispiel das Werden die Synthese aus dem Sein und dem Nicht-Sein. Diese „Negation der Negation“ führt zu einer neuen These, die dann wieder ihrerseits negiert wird, so daß die dialektische Bewegung sich bis hin zur ultimativen Synthese entwickelt: dem absoluten Wissen.

1. Definition:

Als Synthese bezeichnet man die Verbindung oder das Zusammensetzen mehrerer Einzelbestandteile.

2. Chemie:

In der Chemie versteht man unter einer Synthese den durch eine Reaktion erzeugten Zusammenbau von mehreren Atomen oder Molekülen zu größeren Verbindungen.
Das Gegenteil einer Synthese ist die chemische Analyse.

3. Chirurgie:

Die Synthese in der Chirurgie bezeichnet das operative Zusammensetzen von zwei oder mehreren Knochenfragmenten im Rahmen einer sogenannten Osteosynthese.

4. Erkenntnis und Einsicht:

Der Vorgang der Analyse endet in der Erkenntnis über das Wesen einer Erscheinung und deren innere Zusammenhänge. Die Synthese kehrt diesen Vorgang um und versucht, aus den Elementen, welche durch die Analyse gefunden wurden, ein neues Ganzes zusammenzusetzen. Dialektisch erhebt die Synthese das Einzelne auf die Stufe des Allgemeinen, das Konkrete auf die des Abstrakten, sie fasst das Mannigfaltige zu einer Einheit zusammen. Dadurch gelangt man über elementare zu komplexen Begriffen. Im europäisch historischen Sinne sind erste Ansätze zur Bildung von Synthesen bei Platon als Ergebnis von sokratischen Gesprächen vorhanden.

Pappos von Alexandria stellt eine Problemanalyse des Konstruktionsverfahrens für geometrische Problemlösungen dar. Die oben beschriebene Neuordnung der einzelnen Elemente führt zu logischen und wahren Sätzen der Geometrie (Euklidische Geometrie). In der neuzeitlichen Algebra wird darunter die Suche nach den hinreichenden Bedingungen für das Gleichungslösen verstanden.

Isaac Newton schloss sich dieser von Pappos v. Alexandria maßgeblich bestimmten Methodik an und versteht unter der Synthese die Ableitung von physikalischen Prinzipien aus den mechanischen Prinzipien. Auch hier wird in der analytischen Mechanik die Suche nach hinreichenden Lösungsbedingungen von Bewegungsgleichungen verstanden.

In der Philosophie bezeichnet Synthese allgemein die Verknüpfung von Vorstellungen, Begriffen und Aussagen. Bei Immanuel Kant ist dies die Verknüpfung von Mannigfaltigkeiten der Anschauung durch eine aktive Leistung des Verstandes mithilfe der Kategorien. Er ging davon aus, dass es „synthetische“ Sätze oder Urteile gibt, in die nicht analytisch erklärbare Teile einfließen und ihnen somit scheinbar Neues hinzufügen. Man spricht in diesem Zusammenhang von Erweiterungsurteilen. Die Welt könne nicht ohne unsere eigenen sogenannten synthetisierenden Leistungen gedacht werden. Kant nannte als einfaches Beispiel: „Um aber irgendetwas im Raume zu erkennen, z. B. eine Linie, muss ich sie ziehen, und dementsprechend eine bestimmte Verbindung des gegebenen Mannigfaltigen synthetisch zustande bringen, so, dass […] dadurch zuallererst ein Objekt (ein bestimmter Raum) erkannt wird.“ (KrV B 137-138) In der Dialektik bezeichnet die Synthese die Aufhebung des Widerspruchs von These und Antithese. So ist für Hegel das Werden eine Synthese aus dem Sein und dem Nichts. Schelling sprach von einer Synthesis im absoluten Akt des Selbstbewusstseins.

In der modernen Wissenschaftstheorie wird zwischen formal-synthetischen Aussagen und materiell-synthetischen Aussagen unterschieden. Erstere werden durch das Handeln mit bestimmten Symbolen und den Regeln für den Umgang mit diesen gerechtfertigt. Bei den materiell-synthetischen Aussagen wird mittels Rückgang auf die Elemente eine bestimmte ideale Form geschlossen.

Gegenüber der empirischen Arbeitsweise oder der des Experimentes wird bei der Synthese aus einem mathematischen Modell die Realisierung gewonnen. Aus Erfahrungen der Analyse ist bekannt, dass es oft mehrere Realisierungen gibt, die in mindestens einer ihrer Eigenschaften übereinstimmen. Daraus geht hervor, dass das Syntheseproblem und damit die speziellen Syntheseaufgaben nicht eindeutig lösbar sind.
Die Teilaufgaben einer Synthese sind:
1. Mathematische Synthese,
2. Struktursynthese,
3. Äquivalenzetappe,
4. Realisierung.