Impeachment gegen Trump: Knapp sechs Wochen nach der Erstürmung des Capitols durch wütende Anhänger Donald Trumps hat der Senat den ehemaligen Präsidenten im Impeachmentverfahren vom Vorwurf der «Anstiftung zum Aufruhr» freigesprochen.
Sieben Republikaner stimmten für schuldig – das reichte nicht: Das Impeachment gegen Trump wegen des Angriffs auf das US-Kapitol ist gescheitert.
Ein Freispruch, so hatten sie gewarnt, wäre ein Freibrief. Für weitere Hassrede. Für weitere Gewaltverherrlichung. Und, ja, für weitere Angriffe des Mobs auf die amerikanische Demokratie. Trotzdem kam es anders. Nur sieben republikanische Senatoren ließen sich am Ende davon überzeugen, dass Donald Trump für den tödlichen Sturm auf das US-Kapitol im Januar verantwortlich war. Das waren zwar mehr als erwartet. Doch es reichte nicht für die erforderliche Zweidrittelmehrheit – womit auch das zweite, nunmehr retroaktive Impeachment-Verfahren gegen Trump scheiterte.
Das eigentliche Votum am Samstag war in 15 Minuten vorbei, es fiel aber erst nach einigem Chaos, als die Demokraten überraschend im letzten Moment die Vorladung von Zeugen durchsetzten – und dann trotzdem auf Druck der Republikaner darauf verzichteten. Das Hin und Her verzögerte die Abstimmung und sorgte für stundenlange Spekulationen, doch es änderte letztlich nichts am vorgezeichneten Ausgang.
Donald Trump kehrt Washington den Rücken, sein Sohn sieht aus, als würde er gleich weinen. Wenig später beschwört Joe Biden die Einheit der Nation, selbst Republikaner applaudieren. Der Abschied Donald Trumps beginnt im kühlen Licht der Morgensonne. Trump und Ehefrau Melania steigen am Weißen Haus ein aller letztes Mal in den Präsidentenhubschrauber. Der dreht eine niedrige Schleife über das Washington Monument und das Flaggen-Denkmal an der National Mall für die US-Corona-Toten, das Biden am Vorabend mit einer bewegenden Zeremonie eröffnet hat.
Auf der Andrews Air Force Base haben sie für Trump noch mal ein Pult mit Präsidentensiegel aufgebaut. Der verbliebene Hofstaat ist zum Abschied gekommen, überschaubar, höchstens 300, selbst Mike Pence ließ sich entschuldigen. Die prominenteste Gruppe sind die, die von Anfang an dabei waren: Trumps Familie. Sohn Donald Jr. hält sein Handy hoch, Eric Trump sieht aus, als würde er gleich weinen. Aus den Lautsprechern dröhnt der Wahlkampfhit »Gloria«, den sie neulich auch bei der Kundgebung vor dem Sturm auf das Kapitol gespielt hatten. Dann tritt Trump auf: »Es waren unglaubliche vier Jahre«, sagt er und schweift prompt vom Manuskript ab, um in alten Lügen zu schwelgen. »Habt ein gutes Leben«, endet er schließlich tonlos, „Wir sehen uns bald wieder – in irgendeiner Form“.
Joe Biden und seine neue Vizepräsidentin Kamala Harris übernehmen von Donald Trump ein zutiefst gespaltenes, verwirrtes Land, in dem bereits 400.000 Menschen mit einem tödlichen Virus gestorben sind. Soldaten bewachen ihre Amtseinführung, weil die Angst groß ist, dass radikale Trump-Unterstützer erneut zur Attacke auf das Kapitol ansetzten könnten.
Wenn wir nicht zusammenkommen, ist Gewalt unausweichlich“ – FAZ – Heute
Was könnte das praktisch bedeuten? Mein Blick auf die Gemengelage:
Sollte Donald Trump die Mehrzahl der wichtigsten Personen auf seiner Seite haben und es keine Befehlsverweigerung gibt, dann könnte es dazu kommen – sonst nicht!
Befehlshaber Pacific Air Forces (PACAF),
Air Component Commander for U.S. Pacific Command
und Executive Director, Pacific Air Combat Operations Staff (PACOPS)
Wie Trump mit Hilfe des Militärs an der Macht bleiben könnte –REINHARD MÜLLER
Ist ein Militärputsch in Amerika ausgeschlossen? Der Verfassungsrechtler Russell Miller über Neuland und Hoffnung in einem System des Scheiterns.
Herr Professor Miller, die Vereinigten Stabschefs des amerikanischen Militärs haben den Sturm auf das Capitol verurteilt und alle Angehörigen des Militärs an ihre Pflichten erinnert. Könnte der amtierende Präsident Trump gleichwohl mit Hilfe des Militärs an der Macht bleiben?
Eine beunruhigende Frage. Aber: Ja, das wäre möglich. Schon vor dem Aufstand am Capitol gab es Berichte über einen inneren Zirkel im Weißen Haus, der über extreme Strategien diskutiert hat, damit Trump nach dem 20. Januar an der Macht bleiben kann. Es scheint, dass die Ausrufung des Kriegsrechts tatsächlich einer dieser verzweifelten Pläne war. Es fällt schwer zu glauben, dass dies eine Diskussion im Herzen von Amerikas alter und meist bewundernswerter Demokratie ist. Aber zumindest aus der Perspektive des positiven Rechts ist das nicht ausgeschlossen. Es gibt verfassungsmäßige Beschränkungen für die Ausübung der Macht des Präsidenten als Oberbefehlshaber, besonders im Innern. Die Macht über das Militär teilt er sich mit dem Kongress, der Kriege erklären kann und das Militär finanziert. Auch die Grundrechte schränken die Befugnisse des Präsidenten ein. Schließlich hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass der Umfang der Befugnisse des Präsidenten im Innern durch die Berücksichtigung der Absicht des Kongresses festgelegt wird. Diese gegenseitige Kontrolle wird durch die klare Zuweisung der Kompetenz über den Einsatz der Streitkräfte im Inland an den Kongress verstärkt. Die Verfassung von 1787 gewährt dem Kongress die Macht, „die Miliz aufzurufen, um die Gesetze der Union auszuführen, Aufstände zu unterdrücken und Invasionen abzuwehren“. Das Problem ist, dass der Kongress im Verlauf der Geschichte gemischte Signale über das Kriegsrecht gesendet hat. Auf der einen Seite kriminalisiert der Posse Comitatus Act von 1878 den Einsatz des Militärs zur Vollstreckung des Rechts; auf der anderen Seite sieht der oft geänderte Insurrection Act von 1807 mehrere Ausnahmen von diesem allgemeinen Verbot vor.
Russell Miller lehrt vergleichendes Verfassungsrecht und Internationales Öffentliches Recht an der Washington and Lee University in Lexington, Virginia. Er ist Gründer und Herausgeber des „German Law Journal“ und zur Zeit Senior Research Fellow and Head of the Max Planck Law Network – weiterlesen.
Donald Trump und das FBI.
Gleich zu Beginn seiner Amtszeit im Januar 2017 hat Präsident Donald Trump dem FBI den Kampf angesagt. Er hat ohne Vorwarnung FBI-Chef James Comey gefeuert, der in der Affäre um die E-Mails der damaligen Außenministerin Hillary Clinton zu ermitteln hatte. Trump ist davon überzeugt, dass das FBI hinter Verschwörungstheorien gegen ihn stehe, eine beispiellose „Hexenjagd“ organisiere und nur darauf aus sei, seinen Erfolg als Präsident zu sabotieren. Der Film beleuchtet die Kulissen des Konflikts zwischen Trump und FBI mit Blick auf die Vergangenheit und im Kontext seiner Präsidentschaft – die Reportage im SWR.
Update 7. Januar 2021
Der Angriff auf das Kapitol, auf die amerikanische Demokratie, hatte sich seit Wochen angekündigt. Der Präsident selbst nannte seinen Anhängern das Datum, an dem sie gebraucht würden, an dem sich alles entscheiden würde: Der 6. Januar würde zum Tag der Entscheidung, um »Amerika zu retten« und »den Diebstahl zu stoppen«, hatte er getwittert. Man brauchte kaum zwischen den Zeilen zu lesen: »Großer Protest in D.C. am 6. Januar«, twitterte Trump am 19. Dezember. »Be there, will be wild!« Geht hin, es wird wild – zum Artikel.
Update 4. Jan. 2021
Ehemalige US-Verteidigungsminister warnen Trump vor Missbrauch des Militärs
In einem Meinungsartikel haben alle zehn noch lebenden ehemaligen US-Verteidigungsminister Donald Trump dazu aufgerufen, das Wahlergebnis zu respektieren. Ein Einschalten des Militärs würde die USA in »verfassungswidriges Gebiet bringen«.
Zehn ehemalige US-Verteidigungsminister haben Donald Trump davor gewarnt, an den Betrugsvorwürfen zur Präsidentschaftswahl festzuhalten. In einem Meinungsartikel, den sie in der »Washington Post« veröffentlichten, schrieben die früheren Minister, dass es vorbei sei, die Ergebnisse der Wahl infrage zu stellen. An dem Artikel beteiligten sich alle noch lebenden Ex-Verteidigungsminister: Ashton Carter, Dick Cheney, William Cohen, Robert Gates, Chuck Hagel, Leon Panetta, William Perry, Donald Rumsfeld – sowie James Mattis und Mark Esper, die jeweils unter Trump das Pentagon leiteten. Neben der Aufforderung an die Republikaner, das Wahlergebnis zu akzeptieren, schrieben sie auch, dass das US-Militär keine Rolle beim Ausgang der Wahl spielen dürfe.
Mehr zum Thema: »Ich will 11.780 Stimmen finden«: Bericht über brisantes Telefonat – Trump soll Wahlleiter unter Druck gesetzt haben.
Grund für den Artikel ist offenbar, dass einige Republikaner planen, die Zertifizierung der Wahlleute-Abstimmung am Mittwoch anzufechten. Noch immer erkennt Trump das Ergebnis der Wahl nicht an, obwohl mehrere Versuche scheiterten, Ergebnisse aus einzelnen Bundesstaaten anzufechten. Zuletzt veröffentlichte die »Washington Post« am Sonntag einen Audio-Mitschnitt, in dem Trump in einem Telefonat den Wahlleiter von Georgia, Brad Raffensperger, unter Druck setzte.
Sorgen um Rolle des Militärs
Aufgrund Trumps Verhaltens mehrten sich zuletzt die Bedenken, dass der US-Präsident das Militär nutzen könnte, um ihn auch nach dem 20. Januar im Amt zu halten. Dann zieht der designierte Präsident Joe Biden ins Weiße Haus ein. »Die US-Streitkräfte in die Lösung von Wahlstreitigkeiten einzubeziehen, würde uns in gefährliches, ungesetzliches und verfassungswidriges Gebiet führen«, heißt es in dem Meinungsartikel der ehemaligen Verteidigungsminister. Sie warnten zugleich potenzielle Komplizen eines solchen Putschversuchs. »Amtsträger, die solche Maßnahmen anordnen oder durchführen, würden für die schwerwiegenden Folgen ihres Handelns zur Rechenschaft gezogen.« – den gesamten Artikel lesen.
Update vom 15.12.2020.
Wahlleute bestätigen demokratischen Sieg – Biden fordert Trump auf, Niederlage anzuerkennen. Das Ergebnis der Abstimmung wird offiziell am 6. Januar im Kongress in Washington verkündet. Der US-Justizminister tritt zurück. Der Großteil der Republikaner im Kongress hüllte sich in den sechs Wochen seit der Präsidentenwahl in Schweigen. Sie erlaubten ihrem Parteikollegen Präsident Donald Trump, immer wieder ohne Beweise zu behaupten, dass es großangelegt zu Wahlbetrug gekommen sei. Manche Republikaner wollen den Kampf um das Wahlergebnis am 6. Januar fortführen, wenn die Kongressmitglieder darüber abstimmen, ob sie das Votum der Wahlleute vom Montag akzeptieren werden. Donald Trump erkennt seine Wahlniederlage immer noch nicht an. Nun ist der nächste wichtige Termin der 5. Januar 2021. Im Repräsentantenhaus haben seine Demokraten die Mehrheit behalten. Ganz eng wird es hingegen in der zweiten Kammer des nationalen Parlaments der USA. Wer im Senat die Mehrheit hat, entscheidet sich erst am 5. Januar 2021 durch zwei Stichwahl im Bundesstaat Georgia. Die Republikaner müssen nur eines der beiden Mandate gewinnen, um im Senat die Oberhand zu behalten. Sie könnten dann weiterhin großen Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen. Das endgültige Gesamtergebnis der Präsidentenwahl wird offiziell am 6. Januar im Kongress in Washington verkündet. Biden soll am 20. Januar in Washington vereidigt werden. An dem Tag endet Trumps Amtszeit automatisch, auch wenn er seine Niederlage nicht eingesteht.
Trump spricht seit Wochen von angeblichem Wahlbetrug, der seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden zum Sieg verholfen haben soll. Eine Reihe von Klagen gegen den von US-Präsident Donald Trump behaupteten angeblichen Wahlbetrug sind gescheitert. Jetzt hofft Trump auf eine Beschwerde aus Texas. Im juristischen Kampf gegen seine Niederlage bei der US-Präsidentschaftswahl hofft Donald Trump auf eine Beschwerde des Bundesstaats Texas. Der Präsident beantragte beim Obersten Gerichtshof der USA, in dem von Texas angestoßenen Verfahren Stellung beziehen zu dürfen. Die Beschwerde von Texas sei „sehr solide, alle Kriterien sind erfüllt“, schrieb Trump auf Twitter. In Texas hatte Trump bei der Präsidentschaftswahl am 3. November die Mehrheit errungen. Der Bundesstaat legte am Dienstag Beschwerde gegen die offiziellen Wahlergebnisse in den Swing States Michigan, Georgia, Pennsylvania und Wisconsin ein. Die dortigen Ergebnisse seien verfassungswidrig, da in großem Umfang „betrugsanfällige“ Briefwahlstimmen gezählt worden seien. Da ein Bundesstaat sich nicht in den Wahlprozess in anderen Bundesstaaten einmischen darf, werden der Beschwerde kaum Erfolgsaussichten eingeräumt. Außerdem legte Texas keine eindeutigen Beweise für den angeblichen Wahlbetrug vor und reichte auch keine Klage gegen die Wahlergebnisse in Staaten mit vielen Briefwahlstimmen ein, in denen Trump gewonnen hatte. Trump hat immer wieder die Hoffnung geäußert, dass der Oberste Gerichtshof ihm bei seinem Kampf gegen seine Wahlniederlage helfen könnte. Am Supreme Court hat das konservative Lager eine klare Mehrheit von sechs zu drei Richtern. Drei der Juristen wurden von Trump ernannt, zuletzt die erzkonservative Richterin Amy Coney Barrett. Nachdem das Trump-Team mehrfach mit Klagen gegen die Ergebnisse der US-Wahl unterlag, zielt es nun auf eine Entscheidung des Supreme Courts. Unter Führung von Texas bringen sich diverse Bundesstaaten in Stellung – und nun auch zahlreiche Abgeordnete.
Im Streit um den Ausgang der US-Präsidentenwahl bauen sich die Fronten vor dem Obersten Gericht auf. Am Donnerstag ersuchten sechs weitere Bundesstaaten um Erlaubnis, sich der Klage von Texas anzuschließen, mit der der Sieg von Joe Biden gegen Amtsinhaber Donald Trump gekippt werden soll. Zugleich brachten 22 Bundesstaaten und US-Territorien ihre Argumente gegen die texanische Klage ein. Ebenfalls ihre Unterstützung signalisierten mittlerweile auch mindestens 106 republikanische Kongressabgeordnete. Zuvor hatte auch US-Präsident Trump bereits beantragt, sich der Klage anschließen zu dürfen. Nachdem die Anwälte Trumps und seiner Unterstützer bereits in über 50 Fällen mit Klagen gegen die Ergebnisse der Wahl vor Gerichten in verschiedenen Bundesstaaten unterlegen waren, zeichnet sich damit nun die entscheidende juristische Schlacht vor dem Supreme Court ab. Bisher ist aber offen, ob der Oberste Gericht die Klage überhaupt annimmt.
Wurde die Verfassung verletzt? Der texanische Justizminister Ken Paxton hatte am Montag vier andere Bundesstaaten verklagt. Er argumentierte dabei, dass in Pennsylvania, Georgia, Wisconsin und Michigan im Zuge der Wahl die Verfassung verletzt worden sei – weiterlesen.
Totes Pferd reiten oder gibt es noch Gaben vom Supreme Court in Washington?