Patriarchen müssen sich mehr hinterfragen

Patriarchen müssen sich mehr hinterfragen“.

Alexander Schaeff hat in einer Doktorarbeit erforscht, woran Familienunternehmen am häufigsten scheitern. Das Problem sieht der Familienunternehmer meist an der Firmenspitze. Der Unternehmer hat wissenschaftlich Krisenursachen in Familienunternehmen untersucht und erklärt, woran viele von ihnen scheitern – Quelle.

Die Schaeffs gehören zu den ältesten Unternehmerfamilien Deutschlands. Anders als andere haben sie sich aber immer mal wieder von ihren Firmen getrennt. Gestartet sind sie 1596 als Hammerschmiede in Franken. Heute gehören zur Holding von Alexander Schaeff sieben Unternehmen, schwerpunktmäßig Spezialisten für Automation und Robotik. Schaeff hat sich vor allem auf mittelständische Firmen konzentriert, die in der Krise stecken oder neue Impulse benötigen. In der aktuellen Lage erhält er mehr Angebote, Unternehmen zu übernehmen, als in den Jahren zuvor. Eine Tochterfirma berät zudem in Krisensituationen. Der 60-Jährige wollte aber auch wissenschaftlich erforschen, was Unternehmen in Schwierigkeiten bringt. Dazu schrieb er in den vergangenen zwei Jahren eine Doktorarbeit an der WHU in Vallendar – Gründer Otto Beisheim (Angestellter trifft Unternehmer Haniel).

Über seine wichtigsten Erkenntnisse und das Erfolgsgeheimnis von 427 Jahren Unternehmertum spricht er mit dem Handelsblatt.

Herr Schaeff, Pandemie, Krieg, Inflation, Rezession – die Zahl der Schocks von außen reißt nicht ab. Sie haben gerade eine Doktorarbeit mit der Frage, warum Familienunternehmen in Turbulenzen geraten, vorgelegt. Wie lautet Ihre Haupterkenntnis?
Ich habe mir 42 Unternehmen und 37 potenzielle Krisenursachen angesehen. In allen Fällen gab es firmen- oder familieninterne Gründe als Ursache für die Krise. Kurzum: Alle Krisen sind hausgemacht. In 50 Prozent der Unternehmen kamen noch Gründe von außen hinzu. Letztere führten aber nie ausschließlich in die Krise. Ein solides Unternehmen wird durch solche exogenen Schocks nicht so einfach aus dem Gleis geworfen.

Dann müssen wir uns gar nicht so um die exogenen Schocks sorgen, die es gerade gibt?
Das würde ich nicht sagen, da sie die Krise auslösen oder verstärken können. Aber anhand unserer Daten können wir Ursachen besser und früher erkennen, damit Unternehmen gar nicht erst in Krisen geraten.

Und welche wären das?
Zunächst werden Krisenursachen oft in Phasen gelegt, in denen es den Unternehmen noch gut geht. Oft stehen Patriarchen an der Spitze, die erfolgreich waren und nicht loslassen. Man wird nachlässig bei der Zukunftsvision, beratungsresistent und vernachlässigt wichtige interne Optimierungsnotwendigkeiten.

Geht das noch konkreter?
Ganz oben bei den Krisenursachen stehen nicht genügend optimierte Abläufe entlang der Wertschöpfungskette und fast gleich wichtig: nicht genügend qualifizierte Mitarbeiter.

Gehört der Fachkräftemangel zu den Hauptursachen für Krisen?
Ja, aber nicht nur der Fachkräftemangel, sondern auch der Mangel an qualifizierten Führungskräften, beispielsweise durch ungenügende Weiterbildung. Das wird vor allem in Phase zwei wichtig.

Also, wenn die Krise schon da ist?
Genau. Manchmal fehlt dem Management die Qualifikation, Krisen zu bewältigen, manchmal ist es auch Hybris oder Selbstüberschätzung. Aber auch eine schwache oder oft wechselnde Führung ist in Krisen gefährlich.

Aber das Geschäftsmodell gehört ja oft ebenfalls auf den Prüfstand.
Korrekt, und in der Kombination mit dem nicht genügend qualifizierten Management oder Beirat wird es toxisch.

Gilt das für große und kleine Unternehmen?
In der Arbeit stellte sich heraus, dass bei großen und kleinen Unternehmen meist eine Krisenursache vorherrscht. Bei mittelgroßen, vor allem bei Produktionsunternehmen sind es oft mehrere Ursachen.

In Ihrer Doktorarbeit haben Sie festgestellt, dass Fremdmanager in Krisen schlechter abschneiden als Familienunternehmer. Haben Sie dafür auch Ursachen gefunden?
Es zeigte sich, dass sich bei den Unternehmen mit Fremdgeschäftsführung mehr Krisenursachen vereinen als bei eigentümergeführten. Die Gründe kann man aber nur vermuten, zum Beispiel, dass Fremdgeschäftsführer eher finanziell motiviert sind als Eigentümer und größere Risiken eingehen. Letztere setzen auch die definierten Maßnahmen konsequenter um und finanzieren konservativer.

Ganz klar herausgekommen ist aber auch, dass Patriarchen ein Problem sind.
Das stimmt: Die Phase, bevor die Krise eintritt, in der aber die Fehler passieren, ist bei Patriarchen länger. Sie müssten sich mehr hinterfragen: Bin ich noch auf der Erfolgsspur oder ernte ich gerade nur?

Ihre Familie ist seit Beginn der Industrialisierung unternehmerisch tätig. Sie stehen auf dem Standpunkt, dass sich die deutsche Wirtschaft schon lange in einer Phase der Deindustrialisierung befindet. Seit wann denn?
Im Grunde seit 150 Jahren, als die Gewerkschaften gegründet wurden. Was ursprünglich zur Herstellung des sozialen Gleichgewichts unabdingbar war, ist einer standortschädigenden Klientelpolitik gewichen.

Da werden Sie Widerspruch ernten.
Wir haben im Grunde zwei Herausforderungen: Erstens sorgt die Politik in Berlin und Brüssel nicht für die richtigen Rahmenbedingungen. Zweitens treiben die Gewerkschaften die Löhne, sodass industrielle Produktion hierzulande kaum mehr wettbewerbsfähig ist. Die aktuellen Tarifabschlüsse sind da nur das letzte Beispiel.

Alexander Schaeff: „Grundsätzlich deindustrialisiert Deutschland sich weiter“ – das vollständige Interview.

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3 Comments

  1. Joanna Zofia Jurczek sagt:

    ⭐️

  2. Joanna Zofia Jurczek sagt:

    ⚡️

  3. Joanna Zofia Jurczek sagt:

    Es ist so

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