Die Filterblase (engl. filter bubble) ist die eingeschränkte Welt, in der wir uns persönlich im Web bewegen, weil wir vorgefilterte Inhalte zu sehen bekommen. Ob Google, Facebook oder Amazon – durch Algorithmen der Konzerne werden die Suchergebnisse für uns individuell vorbereitet. Doch nicht nur die „Big Player“ filtern unsere Inhalte, selbst kleine Webshops analysieren unser Verhalten im Internet und zeigen uns spezielle Angebote und dynamisch erstellte Seiten – in der Hoffnung, sie treffen genau unseren Geschmack und können dadurch Kunden gewinnen. 2012 prägte der Internetaktivist Eli Pariser den Begriff „Filter Bubble“ in seinem Buch „The Filter Bubble: What the Internet Is Hiding from You“ und warnt seitdem eindringlich vor den gesellschaftlichen Folgen unseres eingeschränkten Sichtfeldes.

Niklas Luhmann bezeichnet diese „Blasen-Bildung” als „funktionale Differenzierung„, die sich im Ganzen in seiner „Systemtheorie“ widerspiegelt – die Podiums-Diskussion, rechts noch mehr von Niklas Luhmann.

Muss es eine „Filterblase“ geben?

Ohne Filterblase geht es nicht...Quelle: Pixabay_geralt ohne Filterblase geht es nicht…Quelle: Pixabay_geralt.

Das Internet ist unermesslich riesig. Suchmaschinen haben die Mammutaufgabe, aus den unzähligen Einträgen die passenden auszuwählen, die der Suchende wirklich sehen will. Reichten zunächst Algorithmen, die Relevanz und Qualität des Contents auswählten, kamen vor einigen Jahren personalisierte Suchfaktoren hinzu: Standort, Suchverhalten, Stichwortsuche, Verhalten in sozialen Netzwerken, Verbindungen etc. verändern die Suchergebnisse bei Google und Co stark. So interessieren den einen Nutzer unter dem Suchbegriff „Dortmund“ vor Allem News vom BVB, den Anderen interessieren gesellschaftliche Ereignisse und Veranstaltungshinweise, wieder ein Anderer sucht nach grundlegenden Infos zur Stadt.

Bei Facebook ist die Filterblase ebenfalls komplex und für den Nutzer nicht nachvollziehbar. Nicht nur das personalisierte Verhalten des Facebook-Nutzers (Kontakte, Interaktionen, Interessen) beeinflusst die Sichtbarkeit der Posts, sondern auch kommerzielle Interessen des weltweit größten Netzwerkes. Facebook wird von vielen Seiten vorgeworfen, sehr intensiv daran zu arbeiten, ihre Nutzer per Filterblase zu manipulieren. Zurzeit führt Facebook sogar eine Studie durch, um diesen Vorwurf zu widerlegen.

Bei Amazon und anderen E-Commerce-Plattformen werden sowohl intern – als auch auf externen Seiten dynamisch Produkte gezeigt, die den Webuser interessieren. Personalisierte Werbung ist unser ständiger Begleiter in der eignen „Filterblasen-Web-Welt“. Nur bei Twitter ist es bisher weiterhin so, dass der Nutzer alles angezeigt bekommt, was er sich aussucht – ob es noch lange so bleiben wird?

Zu den fremdgesteuerten Filtern kommen die eigenen hinzu!
Durch den unermesslichen Content-Reichtum im Web werden auch wir User immer anspruchsvoller in der Wahl dessen, was wir uns näher anschauen. Schon lange geben wir uns nicht mehr brav mit der redaktionellen Vorauswahl unserer Tageszeitung zufrieden, auch die Programme der Fernsehsender werden nicht mehr (murrend) hingenommen – wozu gibt es Webportale und Streaming-Dienste? Das führt zu einer selbstgebastelten Filterblase, die zu der Algorithmen-Blase hinzukommt. Wir wählen in wenigen Augenblicken aus, ob uns ein Text, ein Video, ein Musikstück oder ein Diskussionsstrang interessiert. Wir rasen durch das Web mit einem ständigen „Ja/Nein-Button“, klicken uns durch anfängliche Anfänge, ohne das Ganze zu prüfen. So basteln wir uns unsere personifizierten Informationen und Meinungen zusammen und geben konträren Inhalten und Meinungen immer seltener eine Chance.

Manipuliert die „Filterblase“ unser Denken und unsere Meinungsbildung?
Tatsächlich ist es unausweichlich, im Web Inhalte zu filtern. Tatsächlich sind die Konsequenzen erheblich, das Blickfeld wird verengt. Durch fremdgesteuerte Inhalte können unsere Informationen manipuliert werden, und damit auch unsere Meinungen. Auch unser eigenes Gehirn liebt es, uns zu manipulieren. Eigene Meinungen immer wieder bestätigt wissen, fremde Meinungen ausblenden oder verurteilen – das tut dem Ego (kurzfristig) gut und wirkt ähnlich wie eine Droge. Unzählige Verschwörungstheorien geistern durchs Netz, für Jeden ist das Passende dabei. Politik, Wirtschaft, Medien – viele Menschen fühlen sich einer Macht ausgeliefert, die sie benutzt, unterdrückt, missbraucht und womöglich bestraft. Viele Menschen versuchen, so wenig persönliche Informationen wie möglich ins Web zu geben in der Hoffnung, dadurch durch die Maschen der Überwachung und Analyse zu schlüpfen. Die selbst erstellte Filterblase bestärkt häufig das Gefühl der ständigen anonymen Verfolgung, macht misstrauisch und verzagt.

Auf der anderen Seite stiegt unser Anspruchsdenken in Bezug auf vorgefilterte Inhalte. Wir sind empört, wenn Google uns beim Suchbegriff „Pizzeria“ Ergebnisse aus einem anderen Bundesland zeigt, und wir schütteln verächtlich mit dem Kopf, wenn Amazon uns Produkte vorschlägt, die so überhaupt nicht zu unseren Interessen passen. Und die Kontaktvorschläge von Xing könnten auch mal besser werden, oder? Wir wurden schon immer manipuliert durch Informationen und Nachrichten. Schulbücher aus den Fünfzigern gruseln uns aus heutiger Sicht, der „Volksempfänger“ war mit die Grundlage für den Erfolg der Nazis. Doch heute kann ich in der Schulstunde (wenn der Lehrer nichts merkt) kurz googlen, ob die Inhalte auf Fakten beruhen, heute kann ich Quellen selbst prüfen und muss nicht mehr glauben, was in der Zeitung steht. Ich kann mich in Sekundenschnelle mit Fakten versorgen, wenn ich über Dinge diskutiere wie Historie, Astronomie, technische Innovationen und Medizin. Was für ein Geschenk!

Ich denke, für den Einen ist die Filterblase ideal, um sich mehr und mehr in seinen Verschwörungen und seinen „Lügenpresse-Umwelten“ zu verstricken, für den Anderen ist sie Ausgangsbasis, um tiefer in Materie einzusteigen und sich mit Experten zu verbinden. Entscheidend ist wohl (wie immer) das Herz. Es gibt den Takt an, der uns führt durch diesen riesigen Planeten voller Wunder und Gefahren, für den Einen die Hölle, für den Anderen ein freudvolles Abenteuerland – Alles Weitere zur Filterblase hier bei WikipediaFiltern-Sieben.

Ein Artikel dazu in der ZEIT:

Blasen sind böse. Da sind sich eigentlich alle einig. Blasen sind schädlich. Selbst der Justizminister hat jetzt den Kampf gegen sie aufgenommen. Filterblasen, warnte Heiko Maas in einer Grundsatzrede, würden dazu führen, „dass wir oftmals nur noch auf Positionen treffen, die uns in der eigenen Meinung bestärken“. Sie würden, beklagte der Minister, abweichende Meinungen ausblenden, „damit sich der Nutzer in seiner eitlen Selbstbespiegelung und Selbstbejahung sogar noch sonnen kann“. Gefangen in der Filterblase, titeln Zeitungen. Oder gleich: Raus aus der Filterblase. Kaum eine andere Theorie ist derzeit so populär wie die von der filter bubble: Menschen bekommen von den Algorithmen der sozialen Netzwerke nur noch Nachrichten vorgesetzt, die ihr Weltbild bestätigen, wodurch sich die Gesellschaft polarisiert. Die Blasen, fordern Politiker und Medien, müssen wir platzen lassen und endlich wieder miteinander reden.

Und das ist schon ein bisschen erstaunlich, weil man eigentlich nur fünf Minuten im Internet verbringen muss, um zu sehen, dass mit dieser These etwas grundsätzlich nicht stimmt. Besuchen Sie mal eine beliebige Nachrichtenseite, beispielsweise das linksliberale ZEIT ONLINE. Klicken Sie auf den erstbesten Politik-Artikel (Thema ist wahrscheinlich Trump). Lesen Sie die ersten drei Leser-Kommentare. Und? Haben Sie den Eindruck, dass da nur linksliberale Akademiker sich selbst bejahen? Anderes Experiment: Haben Sie schon mal Euro-Rettung oder Flüchtlinge gegoogelt? Ja? Und stimmten Sie wirklich allem zu, was Sie fanden? Oder auch nur der Hälfte? – weiterlesen in der ZEIT.

Ein Artikel der den Nachweis versucht, daß es Filterblasen nicht gibt und, daß das Wort seit Jahren durch die Medien geistert, doch ein Hirngespinst sei.
Doch ein Problem mit sozialen Medien gibt es wohl doch: hier zum Artikel. Die OekoHuman-Sicht „alter Wein” (Niklas Luhmann) in „neuen Schläuchen”.