Bei der Zivilcourage, wörtlich Bürgermut (aus zivil (lateinisch civilis, 1. bürgerlich – nicht militärisch, 2. anständig, annehmbar) und courage (französisch „Mut“)), handelt es sich um einen „Alltagsmut“, wie er nahezu täglich in verschiedenen Formen und Situationen jedem Menschen abverlangt wird. Zivilcourage beinhaltet die Bereitschaft und Fähigkeit, die eigene Sicherheit und Bequemlichkeit in einer unangenehmen oder auch bedrohlichen Situation zurückzustellen, um sich für eine als gerecht erachtete Sache einzusetzen und entsprechend aktiv zu werden.
Zivilcourage wird oft mit Hilfe gleichgesetzt. Hilfe ist zwar meist mit Zivilcourage verbunden, aber nicht notwendig umgekehrt. Vier zentrale Merkmale unterscheiden Zivilcourage von Hilfe, Altruismus oder Solidarität, von Mut oder Tapferkeit:
- Es gibt einen Konflikt zwischen denen, die die oben genannten Werte und Normen verletzen, und denen, die sich für ihre Bewahrung einsetzen.
- Es gibt häufig nicht bestimmbare Risiken, das heißt, der Erfolg zivilcouragierten Handelns ist überwiegend unsicher, und der Handelnde ist bereit, Nachteile in Kauf zu nehmen.
- Zivilcouragiertes Handeln ist öffentlich, d. h. in der Regel sind mehr als zwei Personen anwesend.
- Es gibt ein reales oder subjektiv wahrgenommenes Machtungleichgewicht zuungunsten dessen, der mutig handeln will, etwa weil er sich in einer Minderheits-/Mehrheitssituation in Gruppen oder in einem Verhältnis der Über-/Unterordnung bzw. einer Abhängigkeit befindet (die oft mit Anpassungsdruck verbunden sind).
Gerd Meyer unterscheidet drei Arten des Handelns mit Zivilcourage, die auch von der Bundeszentrale für politische Bildung zitiert werden:
- Eingreifen (vs. Nicht-Eingreifen) zugunsten anderer, vorwiegend in unvorhergesehenen Situationen, in denen man schnell entscheiden muss, was man tut.
- Sich-Einsetzen (vs. Sich-nicht-Einsetzen); in der Regel ohne akuten Handlungsdruck, z. B. für allgemeine Werte, das Recht oder die legitimen Interessen anderer oder der Allgemeinheit, vor allem in organisierten Kontexten und Institutionen, wie z. B. in der Schule oder am Arbeitsplatz.
- Sich-Wehren, (vs. Sich-nicht-Wehren) z. B. gegen körperliche Angriffe, Mobbing oder Ungerechtigkeit; zu sich und seinen Überzeugungen stehen, standhalten, sich behaupten; widerstehen, nein sagen, „aus guten Gründen“ den Gehorsam verweigern. Dies erfordert Mut, da derjenige, der Zivilcourage zeigt, möglicherweise mit Sanktionen durch Autoritäten, Vertreter der herrschenden Meinung oder sein soziales Umfeld (z. B. einer Gruppenmehrheit) zu rechnen hat. Als zivil couragiert gelten auch Whistleblower, die illegale Handlungen oder sozialethisches Fehlverhalten zum Schaden der Allgemeinheit innerhalb von Institutionen, insbesondere Unternehmen und Verwaltungen, aufdecken.
Dabei sind gewaltfreie Formen von Zivilcourage generell vorzuziehen. Sind jedoch alle Möglichkeiten einer gewaltfreier Konfliktlösung ausgeschöpft, dann ist es möglich sich ggf. auf Notwehr zu berufen. Dies ist primär bei reaktiver bzw. defensiver Anwendung von Gewalt der Fall, durch welche die körperliche oder seelische Integrität der betreffenden Person oder angegriffener Personen geschützt werden soll. Angesichts einer generell zunehmenden Gewaltbereitschaft einiger Bevölkerungsgruppen ist es jedoch gesellschaftlich relevant sich darüber auszutauschen, ob zivilcouragiertes Handeln auch Gewalt beinhalten darf und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen.