Vom lat. in (in) und manere (bleiben, verharren): „im Inneren bleiben“. Als Gegenpart zur Transzendenz charakterisiert die Immanenz das einem Lebewesen oder Gedanken Innewohnende. Sie ist die Eigenschaft dessen, was im Handelnden beginnt und endet. Nachdem sie in der Antike und im Mittelalter Gegenstand lebhafter Debatten war, die sich um die Frage drehten, ob der Logos der Stoiker oder der christliche Gott der Welt und dem Bewusstsein immanent sind, hat sich die Theorie der Immanenz permanent in der Philosophie ausgebreitet. Spinoza erscheint in seiner Formel „Gott ist Natur“ (Deus sive natura) als ein Verfechter des Pantheismus, wenn er vertritt, dass Gott in allem enthalten ist – eine Idee, die Goethe wieder aufgreifen wird und der auch die deutschen Romantiker anhängen werden. Hegel verknüpft die Immanenz mit dem Werden, wenn er die Immanenz des Geistes in der Odyssee des Bewusstseins beschreibt, während der Aufstieg des Atheismus im 19. Jahrhundert, mit dem Nietzscheanischen „Tod Gottes“, entweder in eine radikale Kritik an jeder Form von Transzendenz mündet oder in eine Spiritualisierung der Immanenz, wie man es bei Bergson sieht. Im Extremfall rechtfertigt die Zurückweisung des Gegenstandes und seiner Zweckhaftigkeit, Deleuze zufolge, dass alle Begriffe und Werte auf dieselbe „Ebene der Immanenz“ gestellt werden, indem sie „horizontal“ in einem Netzwerk von Gedanken verknüpft werden, statt vertikal von einem transzendentalen Ursprung her.
Die Scholastik unterscheidet immanente Handlungen, die sich auf den Handelnden beziehen, von transzendenten, die über den Handelnden hinausweisen. Des Weiteren bedeutet Immanenz:
- Transzendieren – einen NEUEN (unbekannten) Bereich betreten.
- In der Philosophie Spinozas die Anwesenheit Gottes in der Welt als Ursache aller Wirkungen.
- Nach Kant in erkenntnistheoretischer Sicht das Verbleiben in den Grenzen möglicher Erfahrung (KrV B 352 und B 671).
- Bei Schelling, der Spinoza eine Verdinglichung des Seienden und damit einen Determinismus vorhielt, den Einschluss des Endlichen (Naturalismus = Immanenz) in das Absolute (Theismus = Transzendenz) als Vorbedingung der Freiheit, da alles in Gott enthalten und der Mensch ein Reflex Gottes ist.
- In der Phänomenologie Edmund Husserls die Sphäre zweifelloser Gegebenheiten, die Natur als Transzendenz in der Erscheinung als Immanenz.
- Bei Hegel bezogen auf das Wesen, das sich aus sich heraus zu sich macht.
- Bei Karl Jaspers Dasein, Bewusstsein überhaupt und Geist als die drei immanenten Weisen des Umgreifenden, die das Subjekt bilden.
- Bei Gilles Deleuze den Grundbegriff einer differenztheoretischen Ontologie, den er mit dem Leben gleichsetzte.
- Bei Niklas Luhmann setzt Religion die Existenz von zwei Sinnbereichen, der Immanenz und der Transzendenz, voraus. Für ihn sei eine Kommunikation immer dann religiös, wenn sie Immanentes unter dem Gesichtspunkt der Transzendenz betrachtete. Denn die spezifische Funktion von Transzendenz sei die Sinngebung von NEUEM:
Ganz im Sinne Spinozas dichtete Goethe 1812:
„Was wär ein Gott, der nur von außen stieße,
Im Kreis das All am Finger laufen ließe!
Ihm ziemt’s, die Welt im Innern zu bewegen,
Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen,
So dass, was in Ihm lebt und webt und ist,
Nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermisst.“
Siehe auch:
- Systemimmanent.
- Eduard von Hartmann.
- Immanente Kritik.
- Immanenzphilosophie (auch als immanente Philosophie bezeichnet) ist eine philosophische Strömung, die sich auf das Erfahrbare und Gegebene beschränkt. „Immanent“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass alles Sein dem Ich (dem Bewusstsein) bereits immanent ist, das heißt im Bewusstsein enthalten ist.
- Inhärenz.
- Reziproke Immanenz, nach Aussagen der johanneischen Theologie, innertrinitarische Verhältnis von Gott Vater und Gott Sohn sowie die Beziehung des Menschen zu Gott durch Jesus Christus.
- Werkimmanente Interpretation (Werkimmanenz, immanente Interpretation, bei Emil Staiger bezogen auf die textimmanente Interpretation).