Satyagraha (Sanskrit सत्याग्रह satyāgraha) ist eine von Mohandas Gandhi ab seinem Lebensabschnitt in Südafrika entwickelte Grundhaltung, die (als politische Strategie) im Kern darauf beruht, die Vernunft und das Gewissen des Gegners anzusprechen. Gandhi sieht Satyagraha nicht als eine Waffe der Schwachen, sondern als eine Kraft des geistig, ethisch und moralisch Stärksten. Das Wort Satyagraha ist eine von Gandhi erdachte Zusammensetzung zweier anderer Wörter:

  • satya- (सत्य-), (n.): das Ideal (wie etwas sein sollte, die Wahrheit); (adj.): wirklich, ursprünglich, echt (Satya ist abgeleitet von Sat, das Sein bedeutet) und
  • ā-graha- (आग्रह-), (v.): stark an etwas festhalten; (m.): Bestehen auf etwas, Beharrlichkeit, Hartnäckigkeit, Enthusiasmus.

Satyagraha bedeutet somit wörtlich das Ergreifen der Wahrheit, d. h. an der Wahrheit festhalten. Im übertragenen Sinne ist die Kraft der Wahrheit (truth force) gemeint.

Dies stellt eine im Hindi übliche Praxis der Erweiterung des Wortschatzes dar, ähnlich wie die zusammengesetzten Wörter im Deutschen. Der Begriff Satyagraha sollte seinen Anhängern deutlich machen, worum es Gandhi bei der Durchsetzung der Bürgerrechte von Indern in Südafrika ging. Das Wort Satyagraha wurde in einem Preisausschreiben gefunden, da es im Hindi zu dieser Zeit keinen etablierten Begriff für diesen Zusammenhang gab.

Sein Neffe schlug „Sadagraha“ (Festhalten am Guten) vor, Gandhi verbesserte es und machte „Satyagraha“ daraus. „Festhalten an der Wahrheit“ bedeute dieses Neuwort, das es zuvor in keiner indischen Sprache gab. Damit sollte die politische Praxis der bewussten Übertretung ungerechter Gesetze bezeichnet werden. Gandhi definiert den Ausdruck als: „Sich an die Wahrheit halten, Kraft an Wahrheit, Kraft der Liebe, oder Kraft der Seele“ und endlich: „Triumph der Wahrheit, Sieg der Wahrheit durch die Kräfte der Seele und der Liebe“.

So nannte Gandhi seine Gefolgsleute auch „Satyagrahi“, die, durch ein gemeinschaftlich abgelegtes Gelübde zusammengehalten, auf seinem Salzmarsch als Ausdruck zivilen Ungehorsams gegen das Salzmonopol der Briten sowohl für die Kontrolle der Menschenmengen als auch für die entsprechende Propagandaarbeit geschult waren.

Im Westen wird Satyagraha vielfach verwechselt mit Ahimsa (Gewaltfreiheit), einem anderen von Gandhi benutzten Sanskrit-Wort.

Begriff Passiver Widerstand.

Satyagraha diente Gandhi zur Abgrenzung vom Begriff des Passiven Widerstands, den er als eine Haltung der Schwachen ansah. Passiver Widerstand vermeidet Gewaltanwendung lediglich mangels der Verfügbarkeit von Waffen für die Schwachen, schließt Gewalt jedoch nicht grundsätzlich aus.

Begriff Ziviler Ungehorsam.

Ziviler Ungehorsam ist nach Gandhi ein Teilbereich von Satyagraha, der vom Begriff her vermutlich auf Henry David Thoreau zurückgeht und im Kern den Bruch unmoralischer Gesetze, insbesondere das Nichtzahlen von Steuern, vorsieht. Der Satyagrahi ruft die Sanktionen des ungerechten Gesetzes auf gewaltfreie Weise hervor und duldet in freundlicher Gesinnung etwa seine Inhaftierung. „Die Aussage, ich hätte meine Idee des Zivilen Ungehorsams aus den Schriften Thoreaus abgeleitet, ist falsch. Der Widerstand gegen die Obrigkeit in Südafrika war bereits weit fortgeschritten bevor ich den Aufsatz erhielt … Als ich den Titel von Thoreaus großartigem Aufsatz sah, begann ich seinen Ausdruck zu verwenden, um den englischen Lesern unseren Kampf zu erklären. Ich fand jedoch, dass selbst Ziviler Ungehorsam nicht die ganze Bedeutung des Kampfes vermittelte. Deshalb übernahm ich den Ausdruck Ziviler Widerstand.“