Schautafel © Gerd Altmann

Die logische Kette bis zur reinen Vernunft und zum SEIN.

Eine Spirale, die nach oben, ein Stück wieder nach unten, doch à la longue durch Partkdolg-Pflicht (Duty) und Nutzung vom Ennegramm nach oben ausgerichtet ist.

Gefühlt + Gedacht + Geplant + Geordnet + Gesagt + Getan + Gelingen + Gewinnen = GLÜCK.

Im Detail:

AnamnesisRelativität PräzipitationOsmose/DiffusionGewissenNahrung-ErnährungGÜTELIEBENeugierFühlenDenkenOrdnungIrrtumFehler – Erkannt – AdjustiertWahrheitVerstehenHermeneutikVerstandFühl-Denk-Handlungs-Gefängnisse ProfitumKAIZENschöpferische ZerstörungAnstrengungKreativitätInnovationGelingenAuthentizitätLogosSeinGeltung.

 

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Das „zweifache Interesse der Vernunft“.

Quelle: Geschrieben von Stefan Diebitz – Donnerstag, 03. Juni 2021 um 08:25 Uhr: Gibt es eine allumfassende Kontinuität? Zieht sich eine einzige Kette durch das Leben und alle seine Formen, oder gibt es verschiedene Arten des Lebens, die durch eine tiefe Kluft voneinander geschieden werden? Wenn man zum Beispiel, wie es immer wieder geschieht, Menschen als Tiere bezeichnet („Menschen und andere Tiere“), dann bestreitet man eine radikale Trennung des Menschen von allen anderen Lebewesen auf dieser Erde. Und wenn man Bäume oder Blumen oder sogar einzelne Körperzellen als intelligent ansieht, dann will man nichts wissen von einer tiefen Kluft zwischen animalischem Leben und der Welt der Pflanzen. Es hat eine große und sogar ehrwürdige Tradition, Empfindung und Wahrnehmung auch der leblosen Materie zuzusprechen. Große Denker glaubten an eine Seele der Gestirne, und einer der tiefsten Geister der europäischen Geschichte, Gottfried Wilhelm Leibniz sah das Leben in der Gestalt von Monaden überall. Er vertrat einen Panpsychismus, glaubte nämlich an die Sensitivität sogar noch der Gesteine, und in seiner Nachfolge meinen manche Philosophen heute in der Zusammenballung von Staub im Urknall die ersten Spuren des Geistes zu erkennen. Nun ja. Im Grunde ist das nur konsequent – wenn man keine Kluft, keinen Sprung, keine Differenz zwischen dem Menschen und dem Tier, zwischen dem Tier und der Pflanze entdecken kann, wenn sich eine Kette durch das ganze Sein zieht – dann sind auch Zellen intelligent und können Pflanzen miteinander reden. Die natürliche Vorstellung des Menschen von der Welt (vom Sein) ist eine andere. Seit vielen Jahrhunderten glaubt man an einen Schichtenaufbau des Seins und unterschied vier verschiedene Seinsarten. Dieses Konzept des Schichtenaufbaus der Welt entwickelte sich allmählich seit Aristoteles, um endlich in größter abschließender Klarheit an mehreren Stellen von Nicolai Hartmanns Werk dargestellt zu werden. Er fand zu ihm, als er sich ein erstes Mal an der Beschreibung des Aufbaus der lebendigen Natur versuchte, und in ihren ersten ausgearbeiteten Momenten erscheint es deshalb in Hartmanns Schrift „Philosophische Grundfragen der Biologie“ (1912). Er selbst formuliert die ihn umtreibenden Fragen mit großer Präzision, und man versteht leicht, worauf seine Fragen abzielen, wenn man anstelle von „höherem“ und „niederem“ System Tier und Pflanze setzt oder auch Pflanze und Stein oder Mensch und Tier: „Da doch das höhere System allemal das niedere mit umfaßt und folglich auch dessen Kräfte in sich enthält, so fragt es sich: was bedeuten diese Kräfte des niederen Systems für das Höhere? Und was die des Höheren für das niedere? Die Wissenschaft lehrt auf allen Stufen des Systems als Grundverhältnis: gewisse Kraftwirkungen des niederen Systems sind zugleich integrierende (mitbestimmende) des höheren. Und ebenso umgekehrt: gewisse Grundwirkungen des höheren Systems sind zugleich mitbestimmend für die spezifische Gestaltung des niederen. In mechanisch-positiver Fassung läßt sich das auch so formulieren: Die Außenkräfte des niederen Systems sind zugleich Innenkräfte des höheren.“ Mit diesen etwas abstrakten Worten umschreibt Hartmann das Verhältnis von niederer zu höherer Schicht. Die Elemente der niederen Schicht (zum Beispiel der Pflanzen) tauchen in der höheren (den Tieren) wieder auf – etwa als vegetatives Nervensystem –, so daß die Fauna ohne die Flora nicht möglich wäre: Die untere Schicht ist die Basis der höheren und deshalb die stärkere. Ohne Pflanzen gäbe es keine Tiere. Aber obwohl sie auf sie angewiesen ist, ist die höhere Schicht nicht ganz und gar und in allen ihren Facetten von der niederen abhängig, sondern ihr gegenüber zumindest in manchen Aspekten frei. Sie bringt Neues, in unserem Beispiel die Selbstbewegung. Die Flora dagegen kennt das Wachstum, das es in der leblosen Natur noch nicht gibt. Man wird die Bedeutung der verschiedenen Schichten füreinander nicht verstehen, wenn man in der Tradition eines Leibniz eine das ganze Sein durchziehende Kontinuität annimmt, wenn man also glaubt, dass es eine Kette gibt, die sich von den Elementen des Weltalls vom Urknall bis hin zum intelligenten Leben zieht. Leider ist das die Vorstellung, die seit Darwin unseren Blick auf die Natur bestimmt; für Ultradarwinisten wie Richard Dawkins oder Daniel Dennett ist die Vorstellung bestimmend, dass es keine Arten gibt und dass es deshalb sinnlos sein muss, wenn man, von einer „aristotelischen Ordnungsliebe“ (Dennett) motiviert, verschiedene Spezies unterscheidet. Anders, als diese Ideologen es glauben, gibt es schroffe Brüche oder Stufen; die erste zwischen der staubigen Welt der Steine und der Welt der Pflanzen, die bereits innere Prinzipien kennen und entsprechend ihren eigenen Gesetzen folgen und damit wachsen und gedeihen können. Die nächsthöhere Schicht ist dann die der Tiere, die Fauna, die auf die beiden unteren Schichten angewiesen ist – kein Tier kann die Mineralien der Gesteine aufschließen, wie es die Pflanzen tun können, und so wird es notwendig zum Schmarotzer der Pflanzenwelt. Deshalb ist die Flora stärker als die Fauna, denn eine Pflanze kann wohl ohne die Tiere existieren, aber das umgekehrte ist nicht möglich. Die untere Schicht trägt die obere, die von ihr abhängig ist – aber sie stellt doch etwas Neues dar. So wie die Pflanze, daß dem Stein noch unbekannte Wachstum kennt, so das Tier die Bewegung. Der Kontinuitätswahn geht bei manchen Leuten so weit, dass sie es prinzipiell ablehnen, überhaupt noch von verschiedenen Arten zu sprechen. Wer verschiedene Arten annimmt, wird mit einem vorläufig noch ungewöhnlichen Schimpfwort als „Speciezist“ bezeichnet – das ist so etwas Ähnliches wie ein Rassist, nur schwieriger auszusprechen. Dabei hat es nur dann Sinn, eine Kontinuität anzunehmen, wenn man vorher verschiedene Arten zu unterscheiden gelernt hat. In der „Kritik der reinen Vernunft“ (B 685f.) hat Immanuel Kant gezeigt, wie das zu geschehen hat. Er beginnt mit dem „Princip der Gleichartigkeit des Mannigfaltigen“ – man muss erkennen, was verschiedene Wesen gemein haben, damit man sie als eine Gattung erkennen und unter einem Begriff zusammenfassen kann. Dann formuliert er den „Grundsatz der Varietät des Gleichartigen“, mit dessen Hilfe man innerhalb einer Gattung die Unterarten (die Species) unterscheiden kann. Und schließlich kennt Kant eine Verwandtschaft („Affinität“) aller Begriffe, welche „einen kontinuierlichen Übergang von einer Art zu einer anderen durch stufenartiges Wachstum der Verschiedenheit“ erlaubt. Ohne die Akzeptanz von Unterschieden muss es nach Kant völlig sinnlos sein, von Kontinuität zu sprechen. Deshalb wendet er sich gegen das Leibniz’sche Konzept einer „kontinuierlichen Stufenleiter der Geschöpfe“, weil „Beobachtung und Einsicht“. (B 696) uns ein ganz anderes Bild vermitteln; statt sich einseitig auf die Einheit der Natur zu konzentrieren, komme es darauf an, so Kant, „das zwiefache Interesse der Vernunft“ (B 695) zum Leitfaden zu nehmen und sowohl die Unterschiede als auch die Gleichheit zur Kenntnis zu nehmen, also sowohl auf die „Naturmannigfaltigkeit“ als auch auf die „Natureinheit“ zu schauen. Ebendies kann die Naturphilosophie Hartmanns leisten. Seine Schichtentheorie, die seit Jahrzehnten entweder verschwiegen oder, wenn doch dargestellt, geradezu karikiert wird, hat die Überlegungen Kants fortgeführt und differenziert. Von Hartmann inspiriert, schrieb 1928 Helmuth Plessner seine „Stufen des Organischen“, ein Buch, das die drei Hauptformen des Lebens auf der Erde – die Pflanze, das Tier, den Menschen – genauer analysierte und das Kennern als die bedeutendste naturphilosophische Schrift des 20. Jahrhunderts gilt. Natürlich gelten die Gesetze der untersten Schicht auch für alle Angehörigen der oberen, insofern und weil diese ein Körper sind: auch Pflanze, Tier und Mensch unterliegen dem Gravitationsgesetz, und auch Tier und Mensch besitzen ein vegetatives Nervensystem, unterliegen also den Gesetzen der zweiten Schicht. Eben das ist gemeint, wenn Hartmann schreibt, dass die untere Schicht die obere „fundiert“. Die starre Notwendigkeit nimmt von unten nach oben allmählich ab, so daß man auf der obersten Stufe zwar keinesfalls frei ist, aber doch freier und beweglicher. Darum sind alle materialistischen Erklärungsversuche – nicht zuletzt jene, mit denen uns Sachbücher oder Naturdokumentationen im Fernsehen belästigen – sinnlos. Die Gesetze der oberen Schicht sind zwar prinzipiell schwächer als die der unteren, aber lassen sich niemals aus ihnen erklären. Kant fasst in der „Kritik der Urteilskraft“ diesen Zusammenhang in die Worte, dass es einen „Newton des Grashalms“ unter keinen Umständen geben könne, dass sich also mit den Gesetzen der Mechanik niemals organisches Leben erklären lasse. Niemals – so sagen wir heute – niemals wird uns das Studium der chemischen Vorgänge im menschlichen Gehirn Auskunft auch nur über die einfachsten Prozesse unseres Denkens geben. Man kann Gehirnfunktionen studieren und feststellen, dass Entscheidungen und Emotionen immer von bestimmten Prozessen in bestimmten Regionen begleitet werden, aber seelische und geistige Vorgänge lassen sich als Phänomene der dritten und vierten Schicht niemals aus den rein biochemischen Prozessen erklären, die in die zweite oder gar in die erste Schicht gehören. Auch was das Gedächtnis materiell ist – wie Wissen von der Materie gespeichert wird –, werden wir niemals verstehen, denn es wird immer ein Rätsel bleiben, wie Materie den Geist – ein Bild, die Bedeutung eines Wortes, den Klang einer Musik – bewahren und tragen kann. Hartmann spricht in diesem Zusammenhang von einem hiatus irrationalis, von einer für unseren Geist unüberwindbaren Kluft. Wohin führt der Glaube an eine totale Kontinuität? Dann gäbe es nichts Neues unter der Sonne, und entsprechend existierte nicht das Problem, das Aufkommen eines Neuen und damit Evolution als die Entstehung neuer Spezies oder höherer Prozesse und Formen zu erklären. Es wäre das Eingeständnis eines totalen Scheiterns. Aber diese Konsequenz wird in dem Roman „Der Schwarm“ gezogen. Der Autor dieses Bestsellers wird einhellig für seine Verarbeitung wissenschaftlicher Erkenntnisse gelobt und erhält immer wieder die Gelegenheit, sie im Fernsehen in unermüdlich wiederholten Dokumentationen oder Talkshowauftritten weiterzuverbreiten. Nach Frank Schätzing gab und gibt es nichts Neues, denn selbst das, „was wir als Kultur bezeichnen, [ist] unseren Genen eingegeben. Die kulturelle Evolution beginnt in prähistorischen Zeiten, da wurden in unseren Köpfen die Weichen gestellt. Kultur ist biologisch, oder wollen wir annehmen, es seien neue Gene hinzugekommen, um Kriegsschiffe zu konstruieren? […] Kultur ist Teil unserer Evolution.“ Schätzings Annahme, dass für jede kulturelle oder technische Innovation ein (auch noch uraltes!) Gen zuständig sei, ist derart albern, dass sich ein Kommentar erübrigt. Auch ist die Weltgeschichte nach diesem Autor vorab absolut festgelegt, denn wörtlich heißt es, es seien bereits in Urzeiten „in unseren Köpfen die Weichen gestellt.“ Das gilt wohlgemerkt für nicht weniger als alles. Schon im Urknall wurde das weitere Geschehen bis ins Detail festgeschrieben. Deshalb kann ein sich als Philosoph der Evolution verstehender Professor auch schreiben, es sei „ja generell so, dass sich beim Menschen nichts schlechthin Neues findet“, weil wir Menschen „in einer Kontinuität mit den anderen Lebewesen stehen.“ (Wolfgang Welsch) Bereits das Argument, nicht allein die Behauptung, ist grundverkehrt, denn es kann ja auch dann eine Kontinuität vorliegen, wenn sich etwas Neues findet: warum sollten sie einander ausschließen? Im Gegenteil, wie uns Kant gelehrt hat, ist die Verschiedenheit die Voraussetzung einer Kontinuität. Schätzing und Welsch sind beileibe nicht die ersten Autoren, die diese doch ziemlich absurde Ansicht vertreten. Ich finde es bezeichnend, dass es ein religiöser Autor war, der ihnen vorausging. „Wenn nicht schon im Molekül“, so lautet das Argument des Pierre Teilhard de Chardin, „eine Neigung zur Vereinigung bestünde, so wäre das Erscheinen der Liebe auch auf höherer Stufe, in ihrer menschlichen Form, physisch unmöglich.“ Kann man glauben, dass dieses durch und durch religiöse Argument heute von einer ganzen Reihe von atheistischen Autoren wiederholt wird? Teilhard de Chardin sieht sich selbst „in einem aus Bewußtseinsstoff bestehenden Universum“ und nimmt an, dass sich kleinste und subtilste Spuren „irgendeiner rudimentären Psyche“ selbst in der Hylosphäre, wie er den Bereich des Unorganischen nennt, finden oder „daß sich das Psychische als etwas erweist, was in verschiedenen Graden von Konzentration der Gesamtheit der Erscheinungswelt zugrunde liegt.“ Wie aber soll man (kann man überhaupt?) sich einen „Bewußtseinsstoff“ vorstellen? Wie es esoterische Bücher tun oder wie es die Kontinuitätsthese fordert, verbindet dieser Ausdruck des berühmten französischen Anthropologen materialistische und spiritistische Vorstellungen miteinander. Die Pointe der sich so atheistisch gebärdenden Hirnforschung wie des Ultra-Darwinismus besteht also in einer neuen Form der Religion, und so kann nicht die Wut überraschen, mit der sie alle möglichen Religionen angreifen. Wäre es unter diesen Umständen nicht besser, von der ehrwürdigen Kontinuitätsthese des Herrn Leibniz die Finger zu lassen und mit Hartmann und einigen anderen nicht ganz unebenen Köpfen den Blick für die „Vielfalt des Seins“ zu öffnen?


Vernunft-Stufen im AnthroWiki.

Denken

Das Denken (von idg. *teng- „empfinden, den Anschein haben“; davon abgeleitet auch dankenAndachtGedenken usw., was die ursprünglich mit dem Denken verbundene dankbare Gesinnung deutlich macht; lat. cogito „ich denke“, 1. Person sing. von cogitare „denken, nachdenken, [gut oder böse] gesinnt sein“[1]) bzw. Denkvermögen (griech. διανοητικόν dianoetikon bzw. διανοητική ψυχή dianoêtike psyché, von griech. διάνοια dianoia „Nachdenken, VerstandVernunft“; lat. anima rationalis) ist eine der drei grundlegenden Seelenkräfte des Menschen. Durch das Denken erleben bzw. bilden wir uns Begriffe und mithilfe der Erinnerung auch Vorstellungen, in denen sich die innere Gesetzmäßigkeit dessen offenbaren soll, was uns in den vereinzelt dastehenden Wahrnehmungen vorerst unverstanden gegenübertritt. Ohne Denken bliebe die Wahrnehmung ein nicht weiter fassbares zusammenhangloses diffuses Aggregat von Empfindungsobjekten.

Die Grundlage des Denkens

Durch die Denktätigkeit, die das Gehirn ergreift und zum Spiegelungsapparat bildet, werden die durch das Denken hervorgebrachten Gedanken im Bewusstsein zur Erscheinung gebracht. Bewusst wird uns daher in der Regel nicht der Denkprozess als solcher, sondern erst sein Ergebnis, die Gedanken, die die seelisch erlebte Manifestation dieses rein geistigen Prozesses sind. Bloßes Gedanken-Haben, d.h. die Anwesenheit fertiger Gedanken im Bewusstsein, die ohne aktuell aktiv erlebter Einsicht als Ergebnis früheren Denkens aus dem Gedächtnis aufgerufen werden oder überhaupt nur mehr oder weniger passiv als Wissen ohne eigene tiefere Einsicht im Vertrauen auf eine Autorität hin erworben wurden oder gar lediglich aus sachlich weitgehend unzusammenhängenden Gedanken-Assoziationen besteht, ist noch kein Denken. Wirkliches Denken entsteht nur dann, wenn es aus eigener Anstrengung hervorgebracht wird und selbsttätig bis zur unmittelbaren klaren Einsicht in die vorliegenden ideellen Zusammenhänge voranschreitet. Die Beobachtung des Denkens, also des geistigen Prozesses selbst, der die Gedanken hervorbringt, stellt darüber hinaus einen Ausnahmezustand dar, der aber jedem denkenden Mensch bei entsprechender Schulung der Aufmerksamkeit zugänglich ist. Insofern der Denkende damit seine eigene geistige Tätigkeit beobachtet, handelt es sich dabei um die wichtigste und grundlegendste Form der voll bewussten geistigen Wahrnehmung, auf die alle weitere moderne Geistesforschung aufbauen kann.

Durch den ahrimanischen Einfluss verfallen wir heute sehr leicht in einen Gedankenautomatismus, in dem fertige Gedanken beliebig kombiniert werden, ohne dass das wirkliche Denken aktiv daran beteiligt ist. Hier ist also besondere Achtsamkeit notwendig, insbesondere auch hinsichtlich des verbalen Ausdrucks unserer Gedanken. Wir sollten darum streng darauf achten, nicht gedankenlos gängige Redensarten verwenden. Anders ausgedrückt: Wir sollten nicht dem Drang der Meme folgen, die sich in unserer modernen Informationsgesellschaft sehr rasch von Mensch zu Mensch verbreiten.

„Wir schützen uns am besten dadurch, wenn wir uns immer mehr und mehr bestreben, ein klares und genaues Denken zu entfalten, so genau wie möglich zu denken, nicht einfach so hinzuhuschen im Denken über die Dinge, wie das heute gerade gesellschaftlicher Usus ist. Nicht hinwegspringen über die Dinge, sondern klar denken. Man sollte sogar noch weitergehen: Man sollte versuchen, sich immer mehr und mehr zu hüten, gangbare Redensarten und Worte zu gebrauchen. Denn in dem Augenblick, in dem man gangbare Worte gebraucht, die man nicht aus dem Gedanken, sondern aus der Sprachgewohnheit heraus hat, wird man, wenn auch nur für einen kurzen Moment, gedankenlos. Und das sind ganz besonders gefährliche Momente, weil man nicht darauf achtet. Man sollte darauf achten, daß man es vermeidet, solche Worte, bei denen man nicht genügend nachdenkt, zu gebrauchen.“ (Lit.:GA 254, S. 177)

Gedanken sind Produkte des Denkens uns als solche die Spiegelung eines Übersinnlichen. Ihr Träger ist der Ätherleib und ihr Spiegelungsapparat der physische Leib. Das Denken webt seine Gedankennetze zwischen physischem Leib und Ätherleib.

„Der Ätherleib ist der Träger der Gedanken, die auch Spiegelungen sind. Die Menschen würden leicht darauf kommen können, daß Gedanken Spiegelungen eines Übersinnlichen sind. Unter einem Mikroskop werden niemals Gedanken sich präparieren lassen. Gedanken leben in Wahrheit im Ätherleib. Es prägt sie das Denken aus, und das wird im physischen Leib gespiegelt. Daraus kann man ersehen, daß Erkenntnis, Wissen abhängt vom physischen Leib und Ätherleib. Zum physischen und Ätherieib sprechen nur die Eindrücke vom physischen Plan. Andere Vorstellungen aber müssen in der Menschenseele Platz greifen. Sie müssen auch den astralischen Leib ergreifen, das ganze Fühlen und Wollen und das Denken, das nicht nur auf dem physischen Plan sich erschöpft. Der Mensch bleibt sonst innerlich tot. Alle Vorstellungen, die etwas abbilden, haben nur Bedeutung für den physischen Plan. Schon die Frage: Ist eine Vorstellung berechtigt, die nicht etwas abbildet? – besagt das. Allein die Vorstellungen, die frei im Geiste leben, die frei leben im astralischen Leib und im Ich, mit denen erkennt man nicht nur, sondern man lebt mit ihnen. Das sind Vorstellungen, die nicht nur etwas abbilden, sondern die innerlich regsam, lebendig sind, die etwas aus sich und aus uns machen.“ (Lit.:GA 154, S. 131f)

Im Denken erscheint ein Spiegelbild dessen, was der Astralleib und das Ich innerhalb der physisch-sinnlichen Welt erleben.

„Mit dem Erwachen treten der astralische Organismus und die Ich-Wesenheit in den ätherischen und physischen Organismus ein. Durch das Denken werden die Sinneswahrnehmungen im ätherischen Organismus erlebt. Aber in diesem Erleben ist nicht die Welt wirksam, die den Menschen umgibt, sondern eine Nachbildung dieser Welt. In dieser Nachbildung offenbart sich die Summe der bildenden Kräfte, die dem Erden-Lebenslauf des Menschen zugrunde liegen. In jedem Lebensaugenblicke ist eine solche Nachbildung der Außenwelt im Menschen vorhanden. Der Mensch erlebt diese Nachbildung durch das Denken nicht direkt, sondern es stellt sich deren Reflexion durch den physischen Organismus als Gedankeninhalt vor das gewöhnliche Bewußtsein.

Was hinter der reflektierenden Tätigkeit des Denkens im physischen Organismus vor sich geht, das kann durch das gewöhnliche Bewußtsein nicht wahrgenommen werden, sondern nur das Ergebnis, welches die als Gedanken sich darstellenden reflektierten Bilder sind. Diese nicht wahrgenommenen Vorgänge im physischen Organismus sind Tätigkeiten des ätherischen und astralischen Organismus und der Ich-Wesenheit. Der Mensch nimmt in seinen Gedanken dasjenige wahr, was er selbst als seelisch-geistiges Wesen in seinem physischen Organismus bewirkt.“ (Lit.:GA 25, S. 70f).

Der Inhalt des Denkens als innerlich vollkommener Organismus:

Ein Organismus ist ganz allgemein ein als strukturiertes Ganzes organisiertes, sich lebendig entwickelndes System, in dem sich sämtliche, hierarchisch gegliederte Teile wechselseitig in ihrer Gestalt und Funktion nicht nur aufeinander beziehen, sondern entscheidend vom Ganzen selbst geprägt werden. Im Organismus liegen die Teile des Ganzen nicht nur äußerlich nebeneinander, wie in einem toten mechanistischen Gebilde, sondern sie hängen innerlich mit dem Ganzen zusammen und vermitteln dadurch einen einheitlichen Prozeß, der sich auf das Ganze selbst bezieht. Das Urbild eines so gedachten Organismus ist das Denken selbst:

„Der Inhalt dieses Denkens erscheint uns als innerlich vollkommener Organismus; alles ist im strengsten Zusammenhänge. Die einzelnen Glieder des Gedankensystems bestimmen einander; jeder einzelne Begriff hat zuletzt seine Wurzel in der Allheit unseres Gedankengebäudes.“ (Lit.:GA 2, S. 63)

Indem der Mensch dieses Denken als freies Erzeugnis in sich zur Erscheinung bringt, ist er, wie Rudolf Steiner schon in «Wahrheit und Wissenschaft» (GA 3) betonte, nicht nur müßiger Zuschauer, sondern tätiger Mitschöpfer des ganzen Weltprozesses:

„Das Resultat dieser Untersuchungen ist, dass die Wahrheit nicht, wie man gewöhnlich annimmt, die ideelle Abspiegelung von irgendeinem Realen ist, sondern ein freies Erzeugnis des Menschengeistes, das überhaupt nirgends existierte, wenn wir es nicht selbst hervorbrächten. Die Aufgabe der Erkenntnis ist nicht: etwas schon anderwärts Vorhandenes in begrifflicher Form zu wiederholen, sondern die: ein ganz neues Gebiet zu schaffen, das mit der sinnenfällig gegebenen Welt zusammen erst die volle Wirklichkeit ergibt. Damit ist die höchste Tätigkeit des Menschen, sein geistiges Schaffen, organisch dem allgemeinen Weltgeschehen eingegliedert. Ohne diese Tätigkeit wäre das Weltgeschehen gar nicht als in sich abgeschlossene Ganzheit zu denken. Der Mensch ist dem Weltlauf gegenüber nicht ein müßiger Zuschauer, der innerhalb seines Geistes das bildlich wiederholt, was sich ohne sein Zutun im Kosmos vollzieht, sondern der tätige Mitschöpfer des Weltprozesses; und das Erkennen ist das vollendetste Glied im Organismus des Universums.“ (Lit.:GA 3, S. 11f)

Der Grund für unser Erkenntnisstreben – Beobachtung und Denken.

Es liegt allein an unserer geistigen Organisation, dass sich uns die Wirklichkeit zunächst auf zwei getrennten Wegen, nämlich als Wahrnehmung und Begriff, zeigt. In der Wirklichkeit sind Wahrnehmung und Begriff stets miteinander verbunden, niemals tritt die Wahrnehmung getrennt von der ihr innewohnenden Gesetzmäßigkeit auf, nur bleibt uns letztere zunächst verborgen. Sie muss erst durch das Denken enthüllt werden. Die Wahrnehmung ist uns ohne unser Zutun gegeben, wir bringen sie nicht selbst hervor, sondern wir beobachten sie nur, indem wir nur unsere physischen oder geistigen Sinne offen halten. Den zugehörigen Begriff hingegen bringen wir erst durch das Denken tätig hervor. Indem wir im Erkenntnisakt die Wahrnehmung begrifflich durchdringen, stoßen wir zur Wirklichkeit vor – sofern wir uns der Wahrnehmung adäquate, richtige Begriffe gebildet haben. An einem einfachen Beispiel charakterisiert das Rudolf Steiner so:

„Wenn ich beobachte, wie eine Billardkugel, die gestoßen wird, ihre Bewegung auf eine andere überträgt, so bleibe ich auf den Verlauf dieses beobachteten Vorganges ganz ohne Einfluss. Die Bewegungsrichtung und Schnelligkeit der zweiten Kugel ist durch die Richtung und Schnelligkeit der ersten bestimmt. Solange ich mich bloß als Beobachter verhalte, weiß ich über die Bewegung der zweiten Kugel erst dann etwas zu sagen, wenn dieselbe eingetreten ist. Anders ist die Sache, wenn ich über den Inhalt meiner Beobachtung nachzudenken beginne. Mein Nachdenken hat den Zweck, von dem Vorgange Begriffe zu bilden. Ich bringe den Begriff einer elastischen Kugel in Verbindung mit gewissen anderen Begriffen der Mechanik und ziehe die besonderen Umstände in Erwägung, die in dem vorkommenden Falle obwalten. Ich suche also zu dem Vorgange, der sich ohne mein Zutun abspielt, einen zweiten hinzuzufügen, der sich in der begrifflichen Sphäre vollzieht. Der letztere ist von mir abhängig. Das zeigt sich dadurch, dass ich mich mit der Beobachtung begnügen und auf alles Begriffe Suchen verzichten kann, wenn ich kein Bedürfnis danach habe. Wenn dieses Bedürfnis aber vorhanden ist, dann beruhige ich mich erst, wenn ich die Begriffe: Kugel, Elastizität, Bewegung, Stoß, Geschwindigkeit usw. in eine gewisse Verbindung gebracht habe, zu welcher der beobachtete Vorgang in einem bestimmten Verhältnisse steht. So gewiss es nun ist, dass sich der Vorgang unabhängig von mir vollzieht, so gewiss ist es, dass sich der begriffliche Prozess ohne mein Zutun nicht abspielen kann…

Es ist ein tiefgreifender Unterschied zwischen der Art, wie sich für mich die Teile eines Vorganges zueinander verhalten vor und nach der Auffindung der entsprechenden Begriffe. Die bloße Beobachtung kann die Teile eines gegebenen Vorganges in ihrem Verlaufe verfolgen; ihr Zusammenhang bleibt aber vor der Zuhilfenahme von Begriffen dunkel. Ich sehe die erste Billardkugel in einer gewissen Richtung und mit einer bestimmten Geschwindigkeit, gegen die zweite sich bewegen; was nach erfolgtem Stoß geschieht, muss ich abwarten und kann es dann auch wieder nur mit den Augen verfolgen. Nehmen wir an, es verdecke mir im Augenblicke des Stoßes jemand das Feld, auf dem der Vorgang sich abspielt, so bin ich – als bloßer Beobachter – ohne Kenntnis, was nachher geschieht. Anders ist das, wenn ich für die Konstellation der Verhältnisse vor dem Verdecken die entsprechenden Begriffe gefunden habe. In diesem Falle kann ich angeben, was geschieht, auch wenn die Möglichkeit der Beobachtung aufhört. Ein bloß beobachteter Vorgang oder Gegenstand ergibt aus sich selbst nichts über seinen Zusammenhang mit anderen Vorgängen oder Gegenständen. Dieser Zusammenhang wird erst ersichtlich, wenn sich die Beobachtung mit dem Denken verbindet.

Beobachtung und Denken sind die beiden Ausgangspunkte für alles geistige Streben des Menschen, insofern er sich eines solchen bewusst ist.“ (Lit.:GA 4, S. 37f)

Denken und Wollen.

„Wie unser Wollen zustande kommt, ist dem gewöhnlichen Bewußtsein ganz, ganz unbekannt, eigentlich so unbekannt wie der Schlaf. Der Mensch, wenn er etwas will, hat den Gedanken; der ist klar und hell. Er entwickelt dann etwas dunkler über diesen Gedanken das Gefühl. Und dann geht der Gefühl-durchdrungene Gedanke hinunter in die Glieder. Was da vorgeht, das erlebt der Mensch mit dem gewöhnlichen Bewußtsein nicht. Vor jener Forschung, von der ich gestern und vorgestern gesprochen habe, nimmt sich das Wollen so aus: Während der Gedanke im Haupte etwas will und er dann durch das Gefühl hinuntergeht in den ganzen Leib, und der Mensch durch seinen ganzen Leib will, während dieser Zeit entwickelt sich im Menschen etwas wie ein feiner, subtiler, intimer Verbrennungsprozeß. Der Mensch kann, wenn er zum Initiatenbewußtsein kommt, dieses durch die Wärme influenzierte Wollen erleben. Aber das bleibt für das gewöhnliche Bewußtsein ganz im Untergrunde. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie dasjenige, was schon heraufgehoben werden kann in das Initiatenbewußtsein, doch für das gewöhnliche Bewußtsein in den Untergründen bleibt. Man wird zum Beispiel einmal folgendes einsehen, wenn die Dinge, die durch das gestern erwähnte Buch nach und nach in die Welt kommen werden, wirklich eingesehen werden. Man wird einsehen, daß, wenn ein Mensch etwas will und man das mit dem Initiatenbewußtsein anschaut, es so ist, wie wenn man einen äußeren Vorgang des Verbrennens einer Kerze oder überhaupt ein wärme, entwickelndes Licht äußerlich anschaut. Geradeso wie man da von der äußeren Anschauung ein klares Bild hat, so kann man das Hineinschlagen des Gedankens in den Willen so sehen, daß man sagt: Der Gedanke entwickelt das Gefühl, und aus dem Gefühl geht hinunter – es bewegt sich beim Menschen von oben nach unten-Wärmeentwickelung, Flamme; und diese Flamme will. – Es enthüllt sich also nach und nach.

Wir können geradezu dieses gewöhnliche Bewußtsein schematisch so vor uns hinstellen:

Innen: Klares Denken Außen: Waches TagesbewußtseinGefühlslebenTraumbewußtseinWillensbewußtseinSchlafbewußtsein

Nach außen waches Tagesbewußtsein, nach innen klares Denken; nach außen Traumbewußtsein, nach innen unklares, aber warmes Gefühlsleben; nach außen Schlafbewußtsein, nach innen stockdunkles Willensbewußtsein.“ (Lit.:GA 243, S. 220f)

Nachdenken und Vordenken.

Das Nachdenken kann sich nur auf ein bereits Gewordenes, fertig Vorhandenes richten, während das Vordenken ein genuin schöpferischer Akt ist. Nur dadurch lässt sich Geistiges erfassen. Der Unterschied zwischen diesen beiden Denkformen wird schon in der griechischen Mythologie durch die Sage von Prometheus (griech. Προμηθεύς „der Vorausdenkende“) und Epimetheus (griech. Ἐπιμηθεύς „der danach Denkende“) bildhaft veranschaulicht.

In der Prometheus-Sage ist die geistige Aufgabe und die zentrale Problematik der ganzen nachatlantischen Zeit, in der wir gegenwärtig leben, charakterisiert:

„In dieser Sage liegt die ganze Geschichte der fünften Wurzelrasse, und es ist in ihr wirkliche Mysterienwahrheit eingeschlossen. Diese Sage wurde in Griechenland wirklich erzählt. Aber auch in den Mysterien wurde sie dargestellt, so daß der Mysterienschüler das Schicksal des Prometheus wirklich vor sich sah. Und in diesem sollte er die Vergangenheit und Zukunft der ganzen fünften Wurzelrasse sehen. Das Verständnis hierfür können Sie nur erlangen, wenn Sie eines berücksichtigen.“ (Lit.:GA 92, S. 61f)

Im Nachdenken und im Vordenken wird die Wahrheit auf zwei ganz unterschiedlichen Wegen gesucht.

„Wahrheit suchen, Wahrheit durch eigene Arbeit sich erwerben kann nur ein denkendes Wesen. Indem sich der Mensch Wahrheit erwirbt durch sein Denken, muß er sich immer mehr und mehr klar werden, daß dadurch das gesamte Gebiet der Wahrheit in zwei Teile zerfällt. Für die Wahrheit gibt es zwei Formen. Diejenige, die gewonnen wird, indem wir hinschauen auf irgend etwas, was uns in der Außenwelt vorliegt, hinschauen auf die umliegende Natur, Stück für Stück sie erforschen, um ihre Wahrheiten, Gesetze und Weistümer kennenzulernen. Wenn wir also den Blick schweifen lassen über die Welt, über den Umfang des Erlebten, dann kommen wir zu jener Wahrheit, die man nennen kann «die Wahrheit des Nachdenkens». Wir haben gestern gesehen, daß die ganze Natur von Weisheit durchdrungen ist, daß in allen Dingen Weisheit lebt. In der Pflanze lebt dasjenige, was wir nachher als Idee der Pflanze gewinnen. Weisheit lebt in der Pflanze, und wir bemächtigen uns dieser Weisheit. So steht der Mensch der Welt gegenüber, und er kann voraussetzen, daß aus der Weisheit die Welt entsprungen ist, und daß er durch sein Denken dasjenige wiederfindet, was an der Produktion, an der Schöpfung der Welt beteiligt ist. Das ist die Wahrheit, die er durch Nachdenken gewinnt.

Es gibt nun noch andere Wahrheiten. Diese kann der Mensch nicht durch bloßes Nachdenken, sondern sie kann der Mensch nur gewinnen, wenn er hinausgeht über das, was im äußeren Leben gegeben werden kann. Im gewöhnlichen Leben sieht man schon, daß der Mensch, wenn er sich ein Werkzeug oder ein Instrument anfertigt, Gesetze ausdenken muß, die er nicht durch bloßes Nachdenken gewinnen kann. So könnte zum Beispiel der Mensch durch bloßes Nachdenken über die Welt keine Uhr machen; denn die Welt hat nirgends ihre Gesetze so zusammengestellt, daß eine Uhr in der äußeren Natur schon vorhanden wäre. Das ist die zweite Art von Wahrheit, die wir dadurch gewinnen können, daß wir dasjenige vorausdenken, was sich nicht im äußeren Erlebnis und nicht im äußeren Beobachten ergibt. Es gibt also zweierlei Wahrheiten, und das sind zwei streng voneinander geschiedene Gebiete der Wahrheit. Wir haben zu, sondern solche Wahrheiten, die durch Nachdenken über die äußere Beobachtung für uns entstehen, und solche, die durch Vordenken entstehen.

Wodurch sind nun die letzteren wahr? Derjenige, der eine Uhr ausdenken würde, der könnte uns lange den Beweis liefern dafür, daß er richtig gedacht hat. Wir werden ihm so lange kein richtiges Vertrauen schenken, solange er nicht zeigen kann, daß die Uhr wirklich dasjenige in der Welt darstellt, was er vorgedacht hat. Dasjenige, was wir vordenken, muß sich realisieren, muß sich in die Wirklichkeit einleben können; es muß dasjenige, was wir vorgedacht haben, uns in der Wirklichkeit draußen entgegentreten können. Solcher Art sind aber auch die geisteswissenschaftlichen oder anthroposophischen Wahrheiten. Sie sind solche, die man nicht an den äußeren Erlebnissen zunächst beobachten kann.

Kein äußeres Erlebnis der Natur kann uns das, was über den ewigen Wesenskern des Menschen schon öfter betont wurde, bestätigen. Wir können unmöglich aus der äußeren Beobachtung heraus die Wahrheit gewinnen, daß das menschliche Ich immer wieder und wieder in neuen Verkörperungen erscheint. Wer zu dieser Wahrheit gelangen will, muß sich über das äußere Erlebnis erheben. Er muß in seiner Seele eine Wahrheit erfassen können, die er nicht im äußeren Erlebnis zunächst hat, aber sie muß sich auch im äußeren Leben realisieren. Man kann eine solche Wahrheit nicht so beweisen wie die erste Art Wahrheit, die wir nachgedachte Wahrheit genannt haben. Man kann sie nur beweisen dadurch, daß man ihre Anwendung im Leben zeigt. Dafür gibt es aber auch keinen anderen Beweis als eine Widerspiegelung im Leben. Wer hineinschaut in das Leben und es betrachtet mit der Erkenntnis, daß die Seele immer wiederkehrt, und betrachtet, was sich abspielt zwischen Geburt und Tod, was da die Seele immer wieder erlebt, und da betrachtet, welche Befriedigung diese Idee gewähren und welche Kraft sie im Leben geben kann, ihre Fruchtbarkeit im Leben verfolgt – und auch noch im anderen Sinne verfolgt, indem er sich zum Beispiel sagt: wie kann ich die Kraft einer Kindesseele entwickeln, wenn ich voraussetze, daß da eine Seele sich herausarbeitet, die schon immer da war? – dem leuchtet diese Wahrheit und Idee in der äußeren Wirklichkeit entgegen, sie erweist sich ihm fruchtbar. Alle anderen Beweise sind unrichtig. Einzig und allein die Bewahrheitung solcher vorgedachter Wahrheiten im Leben ist als ein Beweis ihrer Richtigkeit zu betrachten. Vorgedachte Wahrheiten, die nicht aus der Beobachtung gewonnen werden können, können auch nicht so bewiesen werden wie nachgedachte Wahrheiten. Sie können sich nur an der Wirklichkeit bewähren und fruchtbar erweisen. Es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen dem Beweis der ersten und zweiten Art Wahrheit. Die Zweite ist eigentlich eine im Geiste erfaßte, die sich bewähren soll in der äußeren Beobachtung, im Leben.“ (Lit.:GA 58, S. 92ff)

Gezieltes Nachdenken als Übung gegen Einfallslosigkeit.

→ Siehe auch: Die praktische Ausbildung des Denkens

Das gezielte Nachdenken über eine selbstgewählte Sache empfiehlt Rudolf Steiner als gute Übung für Menschen, denen häufig im rechten Moment nicht das Rechte einfällt:

„Dasjenige, was solche Menschen machen sollten, das besteht darin, daß sie insbesondere versuchen sollen, nicht bloß so zu denken, daß sie sich in jedem Augenblick dem hingeben, was der Weltenlauf so mit sich bringt, was die Dinge so mit sich bringen. Es ist ja das Allerhäufigste, daß, wenn der Mensch einmal eine halbe Stunde sich hinlegen kann, um sich auszuruhen, daß er dann seine Gedanken spielen läßt. Dann spinnt sich das so aus ins Hundertste und Tausendste. Oder es beschäftigt ihn vielleicht diese oder jene Sorge im Leben – flugs ist sie in sein Bewußtsein geschlichen und er ist ganz in Anspruch genommen von ihr. Macht der Mensch dieses, so wird er niemals dazu kommen, im richtigen Moment den richtigen Einfall zu haben. Will er das erreichen, so muß er sich folgendermaßen verhalten. Hat er eine halbe Stunde Zeit sich auszuruhen, so muß er sich sagen: Ich will, sooft ich Zeit habe, über etwas nachdenken, was ich mir selbst auswähle, was ich nur durch meine Willkür in mein Bewußtsein hereinbringe. Ich will jetzt zum Beispiel über irgend etwas, was ich vielleicht früher erlebt habe, vielleicht bei einem Spaziergang vor zwei Jahren, nachdenken, ich will die damaligen Erlebnisse ganz willkürlich in mein Denken hereinbringen und will darüber – sei es vielleicht nur fünf Minuten – nachdenken. Alles Übrige, fort damit für diese fünf Minuten! Selbst wähle ich mir das, worüber ich nachdenken will. Die Wahl braucht nicht einmal so schwierig zu sein, wie ich gerade gesagt habe. Darauf kommt es zunächst gar nicht an, daß man durch schwierige Übungen in seinen Denkprozeß hineinwirkt, sondern daß man sich herausreißt aus dem, worin man hineingezogen wird durch das Leben. Es muß nur etwas sein, was herausfällt aus dem, wohinein man gesponnen wird durch den gewöhnlichen Tagesverlauf. Und wenn man an Einfallslosigkeit leidet, wenn einem gerade nichts anderes einfällt, so kann man sich zu Hilfe kommen, indem man ein Buch aufschlägt und über das nachdenkt, was man gerade liest auf den ersten Blick. Oder auch, man sagt sich: Ich werde heute einmal über das nachdenken, was ich sah, als ich zu bestimmter Zeit vormittags ins Geschäft gegangen bin und das ich sonst würde unberücksichtigt gelassen haben. Es muß eben etwas sein, was aus dem gewöhnlichen Tageslauf herausfällt, worüber man sonst nicht nachgedacht hätte.

Macht man solche Übungen systematisch immer und immer wieder, dann tritt das ein, daß man Einfälle bekommt zur rechten Zeit, daß einem zur richtigen Zeit das einfällt, was einem einfallen soll. Das Denken wird dadurch in Beweglichkeit kommen, und das ist ungeheuer bedeutungsvoll für den Menschen im praktischen Leben.“ (Lit.:GA 108, S. 266f)

Wirklichkeitsgemäßes Denken.

→ Hauptartikel: Wirklichkeitsgemäßes Denken

Immer wieder hat Rudolf Steiner darauf hingewiesen, dass es nicht ausreicht ein bloß logisch richtiges Denken auszubliden. Vielmehr käme es darauf an, ein wirklichkeitsgemäßes Denken zu pflegen, also ein denken, das auch der gegebenen Wirklichkeit angemessen ist.

„Zweierlei ist heute nötig, wenn man ein Urteil fällen will: erstens, daß das Urteil auf Grundlage einer richtigen logischen Methode aufgebaut ist – die Rechnungsmethode ist auch eine logische Methode -, zweitens, daß aber auch das Urteil aufgebaut ist auf eine sachgemäße Einsicht in die Wirklichkeit. Wirklichkeitsgemäß und logikgemäß muß ein Urteil sein. Das erstere vergißt man heute gewöhnlich, daher spielen in unserem gewöhnlichen wissenschaftlichen Leben die bloß logisch richtigen Urteile eine so große Rolle, die aber unter Umständen gar keine Anwendung auf die Wirklichkeit haben. Darauf kommt es der Geistesströmung an, als deren Repräsentant dieses Goetheanum dasteht: nicht nur logisch richtige Anschauungen zu haben, die dann auch zu Irrtümern führen können, sondern wirklichkeitsgemäße Anschauungen zu haben, solche, die wirklich eine Brücke schlagen zwischen dem, was im Menschen lebt als Weltanschauung, und dem, was sich draußen entwickelt als Wirklichkeit, denn solche wirklichkeitsgemäßen Anschauungen sind allein für das Leben zu gebrauchen. An solchen wirklichkeitsgemäßen Anschauungen kann allein unser so sehr in das Chaos hineintreibendes gegenwärtiges Leben wieder gesunden.“ (Lit.:GA 73a, S. 47)

Denken und Sprache.

An der Sprache lernt das Kind das Denken:

„Ein richtig normal sich entwickelndes Kind lernt zuerst das Gehen, nachher das Sprechen, und nachher erst das Denken. Es ist ganz falsch, wenn man glaubt, daß der Mensch erst denkt und dann redet, sondern er lernt zuerst die Sprache durch Nachahmung. Er ahmt die Wörter, die er hört, nach, und erst in den Wörtern drinnen lernt er das Denken. Der Mensch lernt erst an der Sprache das Denken. Deshalb hat die ganze Menschheit so spät das Denken gelernt. Gesprochen haben auch schon die Urvölker, aber denken gelernt haben die Menschen erst später. An der Sprache haben sie denken gelernt.“ (Lit.:GA 349, S. 87)

Logik und Sprache.

Das logische Denken ist eng an natürliche oder formale Sprachen gebunden, wobei mit formalen Sprachen ein höherer Abstraktionsgrad erreicht wird als mit natürlichen Sprachen, bei denen oft noch eine sehr weitgehende konkrete bildhafte Bedeutung mit den Worten mitschwingt. Die sprachliche Form logischer Gedanken ist der Aussagesatz. Anknüpfend an Aristoteles sprach man schon in der Scholastik von einer eigenen Sprache des Geistes (lat. lingua mentis) als einer Art von innerem, stummen Sprechen in einer allen Menschen gemeinsamen mentalen Sprache. Ludwig Wittgenstein meinte in diesem Sinn: „Alle Philosophie ist Sprachkritik.“ In neuerer Zeit wurde die Idee einer universellen Language of Thought von dem amerikanischen Philosophen und Kognitionswissenschaftler Jerry Fodor (* 1935) wieder aufgegriffen.

Dabei ist freilich zu bedenken:

„Auf eines muß zunächst aufmerksam gemacht werden. Was im weitesten Umkreise unseres Lebens die Menschen verhindert, Gedanken zu haben, das ist, daß die Menschen für den gewöhnlichen Gebrauch des Lebens gar nicht immer das Bedürfnis haben, wirklich bis zum Gedanken vorzudringen, sondern daß sie statt des Gedankens sich mit dem Worte begnügen. Das meiste von dem, was man im gewöhnlichen Leben Denken nennt, verläuft nämlich in Worten. Man denkt in Worten. Viel mehr, als man glaubt, denkt man in Worten. Und viele Menschen sind, wenn sie nach einer Erklärung von dem oder jenem verlangen, damit zufrieden, daß man ihnen irgendein Wort sagt, das einen für sie bekannten Klang hat, daß sie an dieses oder jenes erinnert; und dann halten sie das, was sie bei einem solchen Wort empfinden, für eine Erklärung und glauben, sie hätten dann den Gedanken.“ (Lit.GA 151, S. 10f)

Oder wie schon Goethe seinen Mephistopheles in Faust I so treffend sagen lässt:

MEPHISTOPHELES. Schon gut! Nur muß man sich nicht allzu ängstlich quälen; Denn eben, wo Begriffe fehlen, Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. Mit Worten läßt sich trefflich streiten, Mit Worten ein System bereiten, An Worte läßt sich trefflich glauben, Von einem Wort läßt sich kein Iota rauben.

Es gibt aber auch andere Denkformen, die nicht unmittelbar an die Logik und an die Sprache gebunden sind. Dazu zählen vor allem rein bildhafte Gedanken.

Der luziferische und ahrimanische Einfluss auf den Zusammenhang von Denken und Sprechen.

Hätten in der Erdentwicklung nur die Geister der Form gewirkt und nicht auch die luziferischen und ahrimanischen Mächte, so würde heute ein vollkommener Einklang zwischen Denken und Sprechen herrschen.

„Wie wäre Sprachentwickelung und wie wäre Gedankenentwickelung im Erdendasein zur Entfaltung gekommen, wenn nicht luziferische und ahrimanische Einflüsse gewirkt hätten? – Mit anderen Worten: Wie würde der Mensch denken, und wie würde er sprechen und das Gesprochene hören, wenn nur die Geister der Form und ihre Diener die Erde schaffen und leiten würden?

Wenn dies der Fall wäre, wenn kein luziferischer und ahrimanischer Einfluß in der Erdenentwickelung sich zur Geltung gebracht hätte, so würde von vornherein in dieser Erdenentwickelung ein völliger Einklang gewesen sein zwischen dem Sprechen und dem Denken. Wir müssen diesen Einklang erst wiederum durch eine gewisse Objektivität suchen. Dadurch, daß wir nach und nach die Sprache zum Zeichen machen müssen, dadurch wird das luziferischahrimanische Element überwunden. Wäre es aber gar nicht gekommen, so wäre ein inniger Einklang zwischen Sprechen und Denken in der Menschheit zur Entfaltung gekommen; das heißt, es wäre so gekommen, daß der Mensch eine Wahrnehmung, eine lebendige Empfindung haben würde für das, was im Sprachlaut liegt, für das, was im D, T, Th und so weiter liegt, was er ja heute nicht hat. Es geht bei ihm das Sprechen neben dem Denken einher. Sie sehen das ja schon daraus, daß wenigstens im Wesentlichen die Menschen über die Erde hin, wenn sie eine gewisse Gestalt des Denkens in Bezug auf irgend etwas erlangt haben, in ihren Begriffen sich nicht unterscheiden, wohl aber sich in ihren Worten unterscheiden.

Dies Einseitige des Denkens, das ganz und gar nicht in dem Sprechen zum Ausdruck kommt, das müssen wir ins Auge fassen; denn es ist etwas, das vom Sprechen schon abgezweigt ist. Das hätte mit dem Sprechen in einem viel innigeren Zusammenhang erscheinen müssen, wenn keine ahrimanisch-luziferischen Wirkungen in das Erdendasein eingegriffen hätten. Die Menschen würden mit ihren innersten Lebensempfindungen durchdringen das Sprachliche; sie würden sozusagen in dem Laut drinnenstehen, aber im Laut drinnen zu gleicher Zeit den Begriff, die Vorstellung erleben; beides nicht getrennt empfinden, sondern beides als eines empfinden. So haben es die Geister der Form für den Menschen veranlagt. Denn jenes seelische Element – wohlgemerkt, jenes seelische Element, das im Menschen auftritt, wenn er sich auf der einen Seite hingibt dem, was ihm seine Vorstellungen geben, auf der anderen Seite dem, was ihm das Sprechen gibt, also wenn er in dem Vorstellen aufgeht, und wenn er im Sprechen aufgeht -, dieses Seelenelement, das haben die Geister der Form ursprünglich den Erdenmenschen gar nicht zugedacht, sondern sie haben ihm zugedacht die Einheit des Sprechens und Denkens. Das Als-Eines-Erleben des Sprechens und Denkens hatten sie ihm zugedacht. Wenn wir unser heutiges Auseinandergerissensein von Sprechen und Denken ins Auge fassen, so ist das eben durchaus auf die Einflüsse Luzifers und Ahrimans zurückzuführen.

Der Mensch empfindet heute nicht den besonderen Charakter des M, des G und so weiter, sondern das ist ihm etwas geworden, das er in ganz anderer Weise mit seiner Seele verbindet, als die Weise, die Art ist, wie er seine Seele mit dem Denken verbindet. Die Geister der Form und ihre dienenden Wesenheiten haben dem Menschen ein viel selbstverständlicheres natürliches Dasein zugedacht, als es der Mensch dann auf Erden hat erringen können. Die Geister der Form haben dem Menschen zugedacht ein liebevolles Drinnenleben – aber jetzt nicht in einem Sprechen, aus dem der Saft des Denkens ausgepreßt ist, sondern in einem solchen Sprechen, das in sich das Denken selber, ich möchte sagen, auf seinen Flügeln trägt. Solches haben die Geister der Form den Menschen zugedacht. Und es hätten nach den Intentionen der Geister der Form die Menschen nicht sich unterscheiden sollen nach Sprach-Charakteren auf der Erde, sondern der Unterschied der Nationen war von den Geistern der Form so gedacht, daß er sich nur gründen sollte auf Natur-Untergrundlagen, auf geographische und klimatische Verschiedenheit. Der Mensch sollte sich als Nation fühlen dadurch, daß er sich im Zusammenhang gefühlt hätte mit gewissen wie selbstverständlich in den Natur-Untergrundlagen seines Daseins wirkenden Mächten.

Dagegen wäre es, wenn die Intentionen der Geister der Form allein ausgeführt worden wären, dem Menschen möglich geworden zu verstehen, wenn er als Angehöriger der einen Nation dem Angehörigen einer anderen Nation entgegengetreten wäre, fühlend zu verstehen von vornherein, was in dem Worte liegt. Verschiedene Sprachen würde es schon gegeben haben. Aber nicht wären die Menschen in Bezug auf das Verständnis der Sprachen verschieden gewesen;, sondern im Empfinden dessen, was in dem einzelnen Laut, in dem einzelnen Buchstaben liegt, hätte zwar der Mensch die andere Sprache gehört, aber er hätte nicht gehört das Ausgehülste des Lautes, des Wortes; in dem Wort, in dem Laut drinnen hätte er die Vorstellung gehört, auf den Flügeln des Wortes wäre ihm die Vorstellung gekommen. Man versteht jetzt die fremde Sprache aus dem Grunde nicht, weil in dem Worte ja die Vorstellungen gar nicht drinnen liegen, weil die Worte enthüllst sind von den Vorstellungen.

So ist also ein Riß zwischen Sprechen und Vorstellen entstanden.“ (Lit.:GA 162, S. 135f)

So wurde das Wort seines geistigen Inhalts beraubt, der sich zum abstrakten Gedanken verflüchtigte. Dennoch ist dieser Riss keinesfalls nur negativ zu bewerten. Durch die Ablösung des äußerlich hörbaren von dem innerlich nur in der Vorstellung geformten Wort entstand erst jene Trennung von Innen- und Außenwelt, durch die sich das Denken als eigenständige Kraft entwickeln konnte und damit überhaupt erst das Ich-Bewusstsein ermöglichte.

Begriff und Wort.

Denn eben wo Begriffe fehlen, Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. Mit Worten läßt sich trefflich streiten, Mit Worten ein System bereiten, An Worte läßt sich trefflich glauben, Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.Goethe, Faust I

Begriffe sind durch den Einfluss der Widersachermächte also nicht identisch mit den sprachlichen Bezeichnungen, die auf sie hindeuten, obwohl Worte häufig auch heute noch beim Denken als deren mentale Repräsentanten verwendet werden. Namentlich bei den Griechen waren Wort und Begriff noch kaum voneinander geschieden und Denken ein inneres, stummes Sprechen, gleichsam ein intellektuelles Selbstgespräch, das aber, wie sie teilweise noch sehr deutlich empfanden, nicht nur im Menschen stattfindet, sondern auch in der Natur als die eigentliche Schöpferkraft waltet – ein Prinzip, das seine höchste Ausformung im Prolog des Johannesevangeliums findet („Im Anfang war das Wort“ Joh 1,1 LUT). Aber auch schon das Alte Testament lässt im Sechstagewerk die Schöpfung aus dem Wort der Elohim hervorgehen. Die Griechen unterschieden daher das ausgesprochene Wort (griech. λόγος προφορικός logos prophorikos) von dem beim Denken nur innerlich stumm gesprochenen Wort (griech. λόγος ἐνδιάθετος logos endiathetos).

„Was wir Denken nennen, hat sich eigentlich herausentwickelt aus der Handhabung der Sprache. Wer einen Sinn hat für das, was in der Sprache eines Volkes wirksam ist, für das, was an Logik in der Sprache wirkt, an Logik, in die wir uns während unserer Kindheit hineinleben, und wer dann psychologischen Sinn genug dazu hat, um das im Leben zu beobachten, der wird finden, daß unser heutiges Denken eigentlich aus dem hervorgeht, was die Sprache aus unserer Seelenkonstitution macht. Ich möchte sagen, aus der Sprache lösen wir allmählich die Gedanken und Gedankengesetzmäßigkeiten heraus; unser heutiges Denken ist eine Gabe des Sprechens.

Aber gerade das Denken, das eine Gabe des Sprechens ist, das ist dasjenige Denken, das in der zivilisierten Menschheit groß geworden ist seit den Tagen des Kopernikus, des Galilei, des Giordano Bruno, das groß geworden ist in den Zeiten, in denen die Menschheit vorzugsweise ihre Aufmerksamkeit der Naturbetrachtung im modernen Sinn zugewendet hat. Das Denken, das auf Beobachtung und Experiment angewendet wird, das muß, ich möchte sagen, so vertraut mit uns leben, daß wir das, was wir mit der Sprache uns aneignen als ein allgemeines Volksgut, ideell so verfeinern, daß es in uns zum ideellen Gedanken wird, durch den wir dann die Außenwelt ergreifen.

Aber wir brauchen nur eine im Verhältnis zur gesamten Menschheitsentwickelung kurze Zeitspanne zurückzugehen, und wir finden etwas ganz anderes. Wir gehen zum Beispiel zurück bis zum Griechentum. Wer sich hineinzuversetzen weiß in das, was in der griechischen Kunst, in der griechischen Dichtung, in der griechischen Philosophie wirkte, was überhaupt zu uns herübertönt aus dem Griechentum, der findet – auf ganz empirische Weise ist das möglich -, daß der Grieche noch das, was Gedanke war, innig mit dem Worte verwoben erlebte. Gedanke und Wort waren eines. Man sprach, indem man den Logosbegriff entwickelte, von etwas anderem, als wovon wir sprechen, wenn wir von dem Gedanken oder der Gedankenverbindung sprechen. Man sprach von dem Gedanken so, daß dieser Gedanke das sprachliche Element zu seiner selbstverständlichen Körperlichkeit hatte. Ebensowenig wie wir in der physischen Welt uns unsere Seele räumlich abgetrennt denken können vom physischen Organismus, ebensowenig sonderte sich für das griechische Bewußtsein der Gedanke vom Wort. Man fühlte die beiden durchaus als ein Einheit, und auf den Wogen der Worte strömte der Gedanke dahin.“ (Lit.:GA 83, S. 91f)

Begriff und Wort sind heute viel deutlicher voneinander geschieden, obwohl noch viel von der Bindung des Denkens an das Sprechen nachklingt.

„Bis in die Physik und Mathematik hinein wird ja heute in Worten gedacht, nicht in Sachen. In dieser Beziehung sind ja die Menschen heute recht merkwürdig. Wenn einer ganz gescheit sein will, dann zitiert er rasch: «Denn eben, wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein». – Es geschieht das heute aber meistens aus dem Drang heraus, daß dem Betreffenden selbst alle Begriffe ausgegangen sind: da stellt sich ihm nämlich rasch das Goethesche Wort ein. Aber das merkt er dann nicht. Er merkt nicht, daß er in dieser Untugend ganz bitter drinnen ist in dem Moment, wo er sie rügt.“ (Lit.:GA 228, S. 41f)

„Was im weitesten Umkreise unseres Lebens die Menschen verhindert, Gedanken zu haben, das ist, daß die Menschen für den gewöhnlichen Gebrauch des Lebens gar nicht immer das Bedürfnis haben, wirklich bis zum Gedanken vorzudringen, sondern daß sie statt des Gedankens sich mit dem Worte begnügen. Das meiste von dem, was man im gewöhnlichen Leben Denken nennt, verläuft nämlich in Worten. Man denkt in Worten. Viel mehr, als man glaubt, denkt man in Worten. Und viele Menschen sind, wenn sie nach einer Erklärung von dem oder jenem verlangen, damit zufrieden, daß man ihnen irgendein Wort sagt, das einen für sie bekannten Klang hat, daß sie an dieses oder jenes erinnert; und dann halten sie das, was sie bei einem solchen Wort empfinden, für eine Erklärung und glauben, sie hätten dann den Gedanken.“ (Lit.:GA 151, S. 10f)

Auch heute wird das Denken noch häufig als ein inneres Sprechen erlebt, in dem die Begriffe mental durch innerlich erlebte Worte repräsentiert werden, doch kann heute viel bewusster erlebt werden, dass das eigentliche Denken, das dieses innere Sprechen hervorbringt und bestimmt, auf einer eigenen Metaebene darüber steht. Solange das Denken unmittelbar in der Sprache verhaftet bleibt, ist es noch kein allgemein menschliches, sondern bleibt mehr oder weniger an eine bestimmte Volksseele gebunden, wobei diese Bindung bei den verschiedenen Volkssprachen unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

„Wir modernen Menschen müssen genau unterscheiden zwischen dem Begriff und dem Worte. Es würde nur zum Unheil in der menschlichen Besonnenheit führen, wenn wir nicht genau unterscheiden würden zwischen dem, was im abstrakten Verstande innerlich lebt, und dem, was im Worte lebt. Der abstrakte Verstand ist ja auch universell, allgemein menschlich. Das Wort lebt in den einzelnen Volkssprachen. Wir können schon unterscheiden zwischen dem, was da lebt im Begriffe, in der Idee und im Worte.

Will man das, was uns von den Griechen rein historisch vorliegt, richtig verstehen, so kommt man nicht zurecht, wenn man den Griechen diesen selben Unterschied zuschreibt, wie wir ihn entwickeln im Unterscheiden zwischen Begriff und Wort. Die Griechen unterschieden nicht mit derselben Stärke Begriff, Idee und Wort. Wenn sie sprachen, lebte für sie das, was in der Idee lebt, auf den Flügeln des Wortes. Sie glaubten, in das Wort hineinzulegen den Begriff. Wenn sie dachten, dachten sie nicht in einer abstrakten, intellektualistischen Weise wie wir. Es ging durch ihre Seele etwas wie der allerdings unhörbare, aber doch Laut des Wortes. Es klang unhörbar in ihnen. Das Wort lebte, nicht der abstrakte Begriff.“ (Lit.GA 206, S. 174)

„Jene Trennung, die wir heute psychologisch vollziehen müssen, zwischen dem Worte und dem Inhalte der Vorstellung – besonders bei Betrachtung des Mathematisierens tritt das mit aller Klarheit hervor —, ist in älteren Zeiten nicht gemacht worden. Und gerade auf diese Unterscheidung kam zuerst Aristoteles. Er hob innerhalb des Seelenlebens dasjenige, was Vorstellung, Begriff ist, aus dem Gewebe der Sprache heraus, machte es für die Erkenntnis zu etwas abgesondert Vorliegendem. Dadurch aber drängte er wiederum dasjenige, was in der Sprache lebt, weiter in das Unbewußte hinunter, als es vorher war. Es wurde gewissermaßen ein Abgrund für die Erkenntnis geschaffen zwischen dem Begriff oder der Vorstellung und dem Worte.

Je weiter wir nämlich zurückgehen in der Betrachtung der menschlichen Sprache, desto mehr finden wir, daß in der Auffassung des Menschen Wort und Begriff oder Vorstellung als eines erlebt werden, daß der Mensch gewissermaßen das, was er denkt, innerlich hört, daß er ein Wortbild, nicht so sehr ein Gedankenbild hat. Der Gedanke wird draußen an die Sinneswahrnehmungen und drinnen an das Wort geknüpft. Dadurch aber war auch für diese alteren Zeiten eine gewisse Empfindung vorhanden, die sich etwa so charakterisieren läßt: Indem die Menschen sich in ihren Worten aussprachen, fühlten sie, als ob das, was in ihren Worten widerklingt, unmittelbar auf eine im Instinktiven verborgene, unterbewußte Art von den Dingen in ihre Sprache hineingelangt wäre. Sie fühlten gewissermaßen, daß ein realer Vorgang sich abspielt zwischen dem, was in den Dingen und namentlich in den Tatsachen lebt, und dem, was innerlich den Impuls zum Erklingen des Wortes bildet. Sie fühlten einen solchen realen Zusammenhang, wie der Mensch heute noch einen realen Zusammenhang zwischen den Stoffen fühlt, die draußen sind, sagen wir Ei, Kalbfleisch, Salat, und dem, was dann in seinem Inneren mit dem Inhalte dieser Stoffe sich abspielt, wenn er verdaut. Er wird in diesem Vorgang, der sich abspielt vom Draußensein der Stoffe zu dem, was drinnen in der Verdauung geschieht, einen realen Vorgang sehen. Diesen realen Vorgang erlebt er unterbewußt. So unterbewußt – wenn auch viel deutlicher, von einem gewissen dämmerigen Bewußtsein schon durchzogen — war dasjenige, was man an der Sprache erlebte. Man hatte die Empfindung, daß etwas, was in den Dingen lebt, mit den Lauten, mit den Worten verwandt ist. Wie die Substanzen der Stoffe, die man ißt, mit dem, was innerlich im Menschen im Stoffwechsel geschieht, zusammenhängen, so empfand man einen inneren Zusammenhang zwischen dem, was in den Dingen und Tatsachen vorgeht, was wortähnlich ist, und dem, was innerlich als Wort erklingt. Und indem Aristoteles das, was man da als einen realen Vorgang empfand, ins Bewußtsein heraufhob, wo die Begriffe spielen, war für die Sprache dasselbe geleistet, was ein Mensch leistet, der darüber nachdenkt, was die Substanzen der Stoffe in seinem Organismus anfangen. Etwas weiter voneinander entfernt ist allerdings das Denken über die Verdauung von dem realen Verdauungsvorgange selbst als das Denken von der Sprache. Aber eine Vorstellung von dem entsprechenden Verhältnis kann man gewinnen, wenn man sich diese Vorstellung dadurch verdeutlicht, daß man von einem Naheliegenderen zu einem Entfernteren und in der Entfernung Deutlicher werdenden übergeht.“ (Lit.GA 76, S. 122ff)

Die unterschiedliche Beziehung von Sprache und Denken in den europäischen Volkssprachen.

„Bedenken Sie nur, wie schwierig es zum Beispiel ist, das Folgende zu erkennen – was damit gemeint ist, ist keine trockene Theorie, sondern liegt dem Leben zugrunde – : Es gibt ein gewisses Verhältnis in der Seele zwischen der Vorstellung und dem Worte. Das ist eine Tatsache, die ich Ihnen jetzt angebe. Nehmen wir an, im Seelengefüge läge das Wort gewissermaßen auf diesem Felde, der Gedanke auf diesem:

Zeichnung aus GA 173, S. 209

Die Sache ist nun so, daß das französische Volkstum die Tendenz hat, den Gedanken bis zum Worte herunterzutragen, das heißt, indem gesprochen wird, in das Gesprochene den Gedanken hineinzudrücken. Daher so leicht gerade auf diesem Felde das Sich-Berauschen am Worte, das Sich-Berauschen an der Phrase geschieht, wobei ich Phrase durchaus im guten Sinne meine:

Zeichnung aus GA 173, S. 209

Das englische Volkstum nun drückt den Gedanken unter das Wort herunter, so daß der Gedanke das Wort durchsetzt und jenseits des Wortes Realität sucht:

Zeichnung aus GA 173, S. 210

Das Deutsche hat die Eigentümlichkeit, nicht bis zum Worte zu gehen, mit dem Gedanken. Und nur durch diese Tatsache sind Philosophen, die sonst nirgends in der Welt möglich gewesen wären, wie FichteSchellingHegel, möglich geworden, daß das Deutsche nicht bis zum Worte den Gedanken trägt, sondern den Gedanken im Gedanken erhält. Dadurch aber werden sich die Menschen sehr leicht mißverstehen können. Denn ein wirklich richtiges Übersetzen ist ja nicht möglich, ist immer nur Surrogat. Es gibt keine Möglichkeit, das, was Hegel gesagt hat, auch auf Englisch zu sagen oder auf Französisch. Das ist ganz ausgeschlossen, solche Übersetzungen können immer nur ein Surrogat sein. Eine Verständnismöglichkeit ist nur dadurch vorhanden, daß gewisse romanische Grundelemente noch durchgängig sind, denn ob man sagt «association», französisch, oder «association», englisch, ist gleich, das geht alles zurück auf das Romanische. In solchen Dingen werden Brücken gebaut. Aber jedes Volkstum hat seine besondere Mission, und man kann ihm nur beikommen aus der Sehnsucht heraus, zu einem solchen Verständnis zu gelangen.

Das slawische Volkstum stößt den Gedanken in das Innere zurück und hat ihn hier:

Zeichnung aus GA 173, S. 210

Dort liegt das Wort dem Gedanken ganz fern, es schwebt wie abgesondert von ihm. Die stärkste Koinzidenz zwischen Gedanke und Wort, so daß der Gedanke verschwindet gegenüber dem Worte, ist im Französischen. Das stärkste Selbstausleben des Gedankens ist im Deutschen, weshalb auch nur im Deutschen das Wort einen Sinn hat, das Hegel und Hegelianer geprägt haben: «Das Selbstbewußtsein des Gedankens.» Was für den Nichtdeutschen ein Abstraktum ist, ist für den Deutschen das größte Erlebnis, das er haben kann, wenn er es im lebendigen Sinne versteht. Das Deutsche geht darauf aus, die Ehe zu begründen zwischen dem Spirituellen an sich und dem Spirituellen des Gedankens. Nirgends in der Welt in keinem Volkstum kann das erreicht werden außer im Deutschen.“ (Lit.:GA 173, S. 209ff)

„Englisch-Sprechen ist noch viel mehr eine Tätigkeit, wo im Sprechen, im Lautentwickeln selber gedacht wird, während das Hochdeutsch-Sprechen etwas ist, wo im Lautentwickeln nicht gedacht wird, sondern das Denken als eine Parallelerscheinung neben der Lautentwicklung einhergeht. Überhaupt, die westlichen Sprachen haben sich noch viel mehr bewahrt von diesem Zusammengehören, von diesem instinktmäßigen Zusammengehören von Laut und Vorstellung als die mitteleuropäischen Sprachen. Und daher haben auch die westeuropäischen Sprachen eine solch starre Form angenommen. Man kann kaum irgendwie etwas in den westeuropäischen Sprachen formulieren, ohne daß einem gesagt wird: Das kann man nicht sagen, so drückt man sich nicht aus. – Das ist eine Sache, die es im Hochdeutschen so nicht gibt. Da kann man beinahe alles sagen: da kann man das Subjekt da hinstellen, dort hinstellen, denn der Gedanke geht mehr parallel mit dem Lautbestand als in den westlichen Sprachen. Nur indem wir an ältere Stufen unserer Sprachbildung herankommen, kommen wir auch immer mehr und mehr zu einem strengen Verbundensein von Vorstellung und Lautbestand, und daher können wir an unseren älteren Stufen und Dialekten das studieren, was bei den westlichen Sprachen heute noch immer als ein Atavismus vorhanden ist.“ (Lit.:GA 299, S. 79)

Denken im Gespräch mit dem Engel.

„Wir Menschen denken. Wir glauben zunächst, nur unsere Gedanken zu erleben. Aber indem unsere Gedanken durch unsere Seele ziehen, leben in unseren Gedanken die Angeloi in Wirklichkeit darinnen. Und wie wir mit unseren Sinnen empfinden, wie wir irgend etwas angreifen, erfassen, so leben in unserem Denken – das ist ihr Empfinden – die Angeloi drinnen. Sie bringen uns das zum Bewußtsein. Und ebenso wie empfinden in unserem Denken die Angeloi, so erleben in unserem Fühlen die Archangeloi und so schauen in unserem Wollen die Archai.“ (Lit.:GA 270b, S. 108)

In der ägyptisch-chaldäischen Zeit, im Zeitalter der Empfindungsseele, ehe die Verstandesseele erwacht war, fühlte man das Denken noch als eine von den Engeln inspirierte Gabe. Selbst im Frühmittelalter bis ins 9. Jahrhundert konnten das noch christliche Denker wie Johannes Scottus Eriugena nachempfinden, obwohl bereits ihr auf den Verstand gegründetes spekulatives und daher oft auch dem Irrtum verfallenes Eigendenken erwacht war. Deutlich fühlte Eriugena sich aber auch noch in der wahren Erkenntnis von einer Engelswesenheit durchdrungen. Sein Denken wurde damit zu einer Art von innerem Zwiegespräch mit dem Engel.

„Bei Johannes Scotus ist es so, daß er in diesem Zwiespalt lebt. Er kann bloß denken; aber wenn dieses Denken zum Erkennen wird, da fühlt er, da ist noch etwas da von den alten Mächten, welche den Menschen durchdrungen haben, in der alten Art der Erkenntnis. Er fühlt den Engel, den Angelos in sich. Daher sagt er, der Mensch erkenne als Engel. Es war Erbstück aus den alten Zeiten, daß in dieser Zeit der Verstandeserkenntnis ein solcher Geist wie Scotus Erigena noch sagen konnte, der Mensch erkenne wie ein Engel. In den Zeiten der ägyptischen, der chaldäischen Zeit, in den älteren Zeiten der hebräischen Zivilisation würde niemand etwas anderes gesagt haben, als: Der Engel erkennt in mir, und ich nehme teil als Mensch an der Erkenntnis des Engels. Der Engel wohnt in mir, der erkennt, und ich mache das mit, was der Engel erkennt. – Das war in der Zeit, als noch kein Verstand da war. Als dann der Verstand heraufgekommen war, da mußte man das mit dem Verstande durchdringen; aber es war eben in Scotus Erigena noch ein Bewußtsein von diesem Durchdrungensein mit der Angelosnatur.“ (Lit.:GA 204, S. 269f)

Johannes Scottus Eriugena schreibt in seinem Hauptwerk «Über die Einteilung der Natur»:

„Wenn du die wechselseitige Verbindung und Einheit der geistigen und vernünftigen Naturen aufmerksam betrachtest, so wirst du in der That finden, dass sowohl die englische Wesenheit in der menschlischen, als die menschliche in der englischen mitgegründet ist. In jeder vollzieht sich, was der reine Verstand auf das Vollkommenste erkennt, und wird in jeder eins und dasselbe bewirkt. So gross nämlich war die Gemeinschaft der englischen und menschlichen Natur und würde es auch geblieben sein, wenn der erste Mensch nicht gesündigt hätte, dass aus beiden Eins wurde, was auch bei den hervorragendsten Menschen, deren Erstlinge unter den Himmlischen sind, bereits zu geschehen beginnt. Denn der Engel entsteht im Menschen durch den Begriff des Engels, der im Menschen ist, und der Mensch entsteht im Engel durch den im Menschen gegründeten Begriff des Engels. Wer nämlich, wie ich sagte, den reinen Begriff hat, wird in dem, was er begreift. Die geistige und vernünftige Engelnatur ist also in der geistigen und vernünftigen menschlichen Natur ebenso geworden, wie die menschliche in der englischen durch gegenseitiges Begreifen, worin der Mensch den Engel und der Engel den Menschen begreift. Dies ist auch gar nicht wunderbar; denn auch wir selbst werden, indem wir uns mit einander unterreden, gegenseitig in einander verwandelt. Indem ich nämlich begreife, was du begreifst, werde ich dein Begriff und bin auf unaussprechliche Weise in dich aufgenommen worden. Ebenso wenn du rein begreifst, was ich durchaus begreife, wirst du mein Begriff und aus den beiden Begriffen wird einer, welcher aus dem, was wir beide lauter und unverweilt begreifen, gebildet ist. Nehmen wir ein Beispiel aus den Zahlen zu Hülfe, so begreifst du, dass die Sechszahl in ihren Theilen gleich ist, und ich begreife dies ebenso, und ich begreife deinen, wie du meinen Begriff begreifst. Unser beider Begriff wird ein durch die Sechszahl gebildeter einiger, und dadurch werde ich nicht blos in dir, sondern auch du in mir geschaffen. Denn wir sind nicht etwas Anderes, als unser Begriff, und unsere wahre und höchste Wesenheit ist ein Begriff, welcher sich in der Betrachtung der Wahrheit beurkundet. Dass aber solcher Begriff nicht blos in gleichwesentlichen, sondern auch in untergeordneten Naturen sich entwickeln kann, sobald die Liebe vermittelnd eintritt, dies lehren die Worte des Apostels, welcher die Meinung, als ob unser Begriff sichtbare Formen liebe, mit der Mahnung ablehnt: Werdet nicht gleich dieser Welt! In solchem Sinn wird also ganz sachgemäss gesagt, dass in gegenseitigem Begreifen der Mensch im Engel und der Engel im Menschen geschaffen werde, und dass auch der Engel dem Menschen in keinem Verhältniss irgendwie vorangehe, wird gleichfalls richtig geglaubt und eingesehen, mag auch nach der Darstellung des Propheten die Schöpfung der engelischen Natur, wie Viele wollen, früher oder später, als die Schöpfung der menschlichen Natur geschehen sein.“

– Johannes Scottus Eriugena: Über die Einteilung der Natur

So sehr erlebt Eriugena also noch die geistige Wirklichkeit des Denkens, dass er sagen kann, dass der Engel in ihm – und zwar nicht als Abbild, sondern als Wirklichkeit – entsteht, wenn er ihn denkt und der Mensch nicht minder im Engel entsteht, wenn der Mensch den Begriff des Engels bildet! Und so für alle WesenErkenntnis ist nicht bloß wesenloser Abglanz des Seins, sondern das wahre Sein selbst. In diesem Sinn ist es auch zu verstehen, wenn oben gesagt wurde, dass der Mensch als Bild und Gleichnis Gottes die gesamte Schöpfung umspannt.

„Denn die Gedanken der Dinge sind wahrhaft die Dinge selbst, wie der heilige Dionysius sagt: „die Erkenntniss des Seienden ist das Seiende selbst;“ aber ihre uranfänglichen Ursachen und Gründe werden durch Denkthätigkeit, nicht durch die Dinge selbst zur Vereinigung geführt.“

– Johannes Scottus Eriugena: Über die Einteilung der Natur

Mensch und Engel stehen damit für Eriugena auf gleicher Stufe; eben dadurch können sie einander wechselseitig erkennen. Doch ist diese Erkenntnis, wie auch ihre jeweilige Selbsterkenntnis, niemals vollständig. Denn um sich selbst vollständig erkennen, d.h. definieren, umgrenzen zu können, müsste man sich selbst überragen:

„Ich glaube, dass Keiner von Beiden sich selber, noch auch Einer den Andern definieren kann. Denn wenn der Mensch sich selber oder einen Engel definiert, so ist er grösser als er selber oder als der Engel; denn das Definirende ist ein Grösseres als das Definierte. Dasselbe findet beim Engel statt. Ich glaube deshalb, dass diese Beiden allein von Dem, der sie nach seinem Bilde geschaffen hat, definiert werden können.“

– Johannes Scottus Eriugena: Über die Einteilung der Natur

Der ganzheitliche Charakter des Denkens.

Was uns die Wahrnehmungswelt so rätselhaft macht, ist, dass sie sich uns, solange wir uns des Denkens enthalten, als eine Welt zusammenhanglos erscheinender Einzelheiten darbietet. Erst das Denken schlägt Verbindungsfäden zwischen den einzelnen Elementen und verknüpft sie zu einem sinnvollen Ganzen:

„Ein Ding erklären, verständlich machen heißt nichts anderes, als es in den Zusammenhang hineinversetzen, aus dem es durch die oben geschilderte Einrichtung unserer Organisation herausgerissen ist. Ein von dem Weltganzen abgetrenntes Ding gibt es nicht. Alle Sonderung hat bloß subjektive Geltung für unsere Organisation. Für uns legt sich das Weltganze auseinander in: oben und unten, vor und nach, Ursache und Wirkung, Gegenstand und Vorstellung, Stoff und Kraft, Objekt und Subjekt usw. Was uns in der Beobachtung an Einzelheiten gegenübertritt, das verbindet sich durch die zusammenhängende, einheitliche Welt unserer Intuitionen Glied für Glied; und wir fügen durch das Denken alles wieder in eins zusammen, was wir durch das Wahrnehmen getrennt haben.

Die Rätselhaftigkeit eines Gegenstandes liegt in seinem Sonderdasein. Diese ist aber von uns hervorgerufen und kann, innerhalb der Begriffswelt, auch wieder aufgehoben werden.“ (Lit.GA 4, S. 95)

Das Denken verknüpft also die Wahrnehmungen miteinander und verbindet sie mit den zugehörigen Begriffen. Und auch die durch das Denken gebildeten Begriffe bleiben nicht vereinzelt stehen, sondern schließen sich zu umfangreicheren Begriffen und Begriffssystemen zusammen, die wir als Ideen bezeichnen, die alle letztlich in der einen einzigen Idee schlechthin wurzeln. Berechtigterweise sagt daher Goethe:

„Die Idee ist ewig und einzig; daß wir auch den Plural brauchen, ist nicht wohlgetan. Alles, was wir gewahr werden und wovon wir reden können, sind nur Manifestationen der Idee; Begriffe sprechen wir aus, und insofern ist die Idee selbst ein Begriff.“ (Lit.: Goethe: Maximen und Reflexionen)

Analytisches und synthetisches Denken.

Goethes Worte unterstreichen den fundamental ganzheitlichen, synthetischen Charakter des Denkens, der heute aber zumeist übersehen wird, weil wir gewohnt sind, vorwiegend analytisch zu denken. Das analytische Denken ist notwendig, um einzelne Begriffe aus der Gesamtidee herauszusondern, damit sie uns besonders deutlich und klar bewusst werden. Sie bleiben aber bedeutungslos, wenn sie nicht letztlich wieder dem Ganzen eingegliedert werden, mit dem sie in der Wirklichkeit untrennbar verbunden sind.

Das diskursive Denken.

Das diskursive, logisch ableitende Denken ist heute im Zeitalter des Intellekts das weithin verbreitetste. Es ist eng an die Sprache gebunden, weitgehend Bildlos abstrakt und schreitet konsequent in lückenloser Folge ohne logische Sprünge über logische Schlüsse und Urteile zu den Begriffen vorwärts. Nur im logischen Schließen sind wir stets vollwach. Urteile sinken sehr schnell in das Traumbewusstsein, in dem auch das Gefühl beständig lebt, herab und werden so zu Seelengewohnheiten. Begriffe steigen sogar bis in das Schlafbewusstsein hinunter, wo auch der menschliche Wille wirkt. Hier werden sie zu einer gestaltenden Kraft, die bis in den physischen Leib hineinwirkt. Das zu berücksichtigen, ist für vor allem für die Pädagogik von größter Bedeutung.

„Indem wir uns logisch, das heißt denkend-erkennend betätigen, haben wir in dieser Betätigung immer drei Glieder. Erstens haben wir immerfort dasjenige in unserem denkenden Erkennen drinnen, was wir Schlüsse nennen. Für das gewöhnliche Leben äußert sich ja das Denken in der Sprache. Wenn Sie das Gefüge der Sprache überblicken, werden Sie finden: indem Sie sprechen, bilden Sie fortwährend Schlüsse aus. Diese Tätigkeit des Schließens ist die allerbewußteste im Menschen. Der Mensch würde sich durch die Sprache nicht äußern können, wenn er nicht fortwährend Schlüsse sprechen würde; er würde nicht das, was der andere zu ihm sagt, verstehen können, wenn er nicht fortwährend Schlüsse in sich aufnehmen könnte. Die Schullogik zergliedert gewöhnlich die Schlüsse; dadurch verfälscht sie sie schon, insofern die Schlüsse im gewöhnlichen Leben vorkommen. Die Schullogik bedenkt nicht, daß wir schon einen Schluß ziehen, wenn wir ein einzelnes Ding ins Auge fassen. Denken Sie sich, Sie gehen in eine Menagerie und sehen dort einen Löwen. Was tun Sie denn zuallererst, indem Sie den Löwen wahrnehmen? Sie werden zuallererst das, was Sie am Löwen sehen, sich zum Bewußtsein bringen, und nur durch dieses Sich-zum-Bewußtsein-Bringen kommen Sie mit Ihren Wahrnehmungen gegenüber dem Löwen zurecht. Sie haben im Leben gelernt, ehe Sie in die Menagerie gegangen sind, daß solche Wesen, die sich so äußern wie der Löwe, den Sie jetzt sehen, «Tiere» sind. Was Sie da aus dem Leben gelernt haben, bringen Sie schon mit in die Menagerie. Dann schauen Sie den Löwen an und finden: der Löwe tut eben auch das, was Sie bei den Tieren kennengelernt haben. Dies verbinden Sie mit dem, was Sie aus der Lebenserkenntnis mitgebracht haben, und bilden sich dann das Urteil: Der Löwe ist ein Tier. – Erst wenn Sie dieses Urteil sich gebildet haben, verstehen Sie den einzelnen Begriff «Löwe». Das Erste, was Sie ausführen, ist ein Schluß; das Zweite, was Sie ausführen, ist ein Urteil; und das Letzte, wozu Sie im Leben kommen, ist ein Begriff. Sie wissen natürlich nicht, daß Sie diese Betätigung fortwährend vollziehen; aber würden Sie sie nicht vollziehen, so würden Sie kein bewußtes Leben führen, das Sie geeignet macht, sich durch die Sprache mit anderen Menschenwesen zu verständigen. Man glaubt gewöhnlich, der Mensch komme zuerst zu den Begriffen. Das ist nicht wahr. Das Erste im Leben sind die Schlüsse. Und wir können sagen: Wenn wir nicht unsere Wahrnehmung des Löwen, wenn wir in die Menagerie gehen, aus der gesamten übrigen Lebenserfahrung herausschälen, sondern wenn wir sie in unsere ganze übrige Lebenserfahrung hineinstellen, so ist das Erste, was wir in der Menagerie vollbringen, das Ziehen eines Schlusses. – Wir müssen uns klar sein: daß wir in die Menagerie gehen und den Löwen sehen, ist nur eine Einzelhandlung und gehört zum ganzen Leben hinzu. Wir haben nicht angefangen zu leben, als wir die Menagerie betreten und den Blick auf den Löwen gerichtet haben. Das schließt sich an das vorherige Leben an, und das vorherige Leben spielt da hinein, und wiederum wird das, was wir aus der Menagerie mitnehmen, hinausgetragen in das übrige Leben. – Wenn wir aber nun den ganzen Vorgang betrachten, was ist dann der Löwe zuerst? Er ist zuerst ein Schluß. Wir können durchaus sagen: Der Löwe ist ein Schluß. Ein bißchen später: Der Löwe ist ein Urteil. Und wieder ein bißchen später: Der Löwe ist ein Begriff.

Wenn Sie Logiken aufschlagen, namentlich solche älteren Kalibers, dann werden Sie unter den Schlüssen gewöhnlich den allerdings berühmt gewordenen Schluß angeführt finden: Alle Menschen sind sterblich; Cajus ist ein Mensch; also ist Cajus sterblich. – Cajus ist ja die allerberühmteste logische Persönlichkeit. Nun, dieses Auseinander schälen der drei Urteile: «Alle Menschen sind sterblich», «Cajus ist ein Mensch», «also ist Cajus sterblich», findet in der Tat nur beim Logikunterricht statt. Im Leben weben diese drei Urteile ineinander, sind eins, denn das Leben verläuft fortwährend denkend-erkennend. Sie vollziehen immer alle drei Urteile gleichzeitig, indem Sie an einen Menschen «Cajus» herantreten. In dem, was Sie über ihn denken, stecken schon die drei Urteile drinnen. Das heißt, der Schluß ist zuerst da; dann erst bilden Sie das Urteil, das hier in der Conclusio ist: «also ist Cajus sterblich.» Und das Letzte, was Sie bekommen, ist der individualisierte Begriff: «Der sterbliche Cajus.»

Nun haben diese drei Dinge – Schluß, Urteil, Begriff – ihr Dasein im Erkennen, das heißt im lebendigen Geiste des Menschen. Wie verhalten sie sich im lebendigen Geiste des Menschen?

Der Schluß kann nur leben im lebendigen Geiste des Menschen, nur dort hat er ein gesundes Leben; das heißt, der Schluß ist nur ganz gesund, wenn er im Vollwachenden Leben verläuft. Das ist essenziell, wie wir noch sehen werden.

Daher ruinieren Sie die Seele des Kindes, wenn Sie darauf hinarbeiten, daß fertige Schlüsse dem Gedächtnis anvertraut werden sollen. Was ich jetzt für den Unterricht sage, das ist, wie wir es noch im Einzelnen auszuführen haben, von ganz fundamentaler Wichtigkeit. Sie werden in der Waldorfschule Kinder aller Altersstufen bekommen, mit den Ergebnissen vorangehenden Unterrichtes. Es wird mit den Kindern gearbeitet worden sein – Sie werden das Ergebnis davon schon vorfinden im Schluß, Urteil, Begriff. Sie werden ja aus den Kindern das Wissen wieder heraufholen müssen, denn Sie können nicht mit jedem Kinde von Neuem beginnen. Wir haben ja das Eigentümliche, daß wir die Schule nicht von unten aufbauen können, sondern gleich mit acht Klassen beginnen. Sie werden also präparierte Kinderseelen vorfinden und werden in der Methode in den allerersten Zeiten darauf Rücksicht nehmen müssen, daß Sie möglichst wenig die Kinder damit plagen, fertige Schlüsse aus dem Gedächtnis herauszuholen. Sind diese fertigen Schlüsse zu stark in die Seelen der Kinder gelegt, dann lasse man sie lieber unten liegen und bemühe sich, das gegenwärtige Leben des Kindes im Schließen leben zu lassen.

Das Urteil entwickelt sich ja zunächst auch, selbstverständlich, im vollwachenden Leben. Aber das Urteil kann schon hinuntersteigen in die Untergründe der menschlichen Seele, da, wo die Seele träumt. Der Schluß sollte nicht einmal in die träumende Seele hinunterziehen, sondern nur das Urteil kann in die träumende Seele hinunterziehen. Also alles, was wir uns als Urteil über die Welt bilden, zieht in die träumende Seele hinunter.

Ja, was ist denn diese träumende Seele eigentlich? Sie ist mehr das Gefühlsmäßige, wie wir gelernt haben. Wenn wir also im Leben Urteile gefällt haben und dann über die Urteilsfällung hinweggehen und das Leben weiterführen, so tragen wir unsere Urteile durch die Welt; aber wir tragen sie im Gefühl durch die Welt. Das heißt aber weiter: das Urteilen wird in uns eine Art Gewohnheit. Sie bilden die Seelengewohnheiten des Kindes aus durch die Art, wie Sie die Kinder urteilen Lehren. Dessen müssen Sie sich durchaus bewußt sein. Denn der Ausdruck des Urteils im Leben ist der Satz, und mit jedem Satze, den Sie zu dem Kinde sprechen, tragen Sie ein Atom hinzu zu den Seelengewohnheiten des Kindes. Daher sollte der ja Autorität besitzende Lehrer sich immer bewußt sein, daß das, was er spricht, haften werde an den Seelengewohnheiten des Kindes.

Und kommen wir vom Urteil zum Begriff, so müssen wir uns gestehen: was wir als Begriff ausbilden, das steigt hinunter bis in die tiefste Tiefe des Menschenwesens, geistig betrachtet, steigt hinunter bis in die schlafende Seele. Der Begriff steigt hinunter bis in die schlafende Seele, und dies ist die Seele, die fortwährend am Leibe arbeitet. Die wachende Seele arbeitet nicht am Leibe. Ein wenig arbeitet die träumende Seele am Leibe; sie erzeugt das, was in seinen gewohnten Gebärden liegt. Aber die schlafende Seele wirkt bis in die Formen des Leibes hinein. Indem sie Begriffe bilden, das heißt, indem Sie Ergebnisse der Urteile bei den Menschen feststellen, wirken Sie bis in die schlafende Seele oder, mit anderen Worten, bis in den Leib des Menschen hinein. Nun ist ja der Mensch in hohem Grade dem Leibe nach fertig gebildet, indem er geboren wird, und die Seele hat nur die Möglichkeit, das, was durch die Vererbungsströmung den Menschen überliefert wird, feiner auszubilden. Aber sie bildet es feiner aus. Wir gehen durch die Welt und schauen uns Menschen an. Diese Menschen treten uns entgegen, mit ganz bestimmten Gesichtsphysiognomien. Was ist in diesen Gesichtsphysiognomien enthalten? Es ist in ihnen unter anderem enthalten das Ergebnis aller Begriffe, welche die Lehrer und Erzieher während der Kindheit in den Menschen hineingebracht haben. Aus dem Gesicht des reifen Menschen strahlt uns wieder das entgegen, was an Begriffen in die Kinderseele hineingegossen ist, denn die schlafende Seele hat die Physiognomie des Menschen unter anderem auch nach den feststehenden Begriffen gebildet. Hier sehen wir die Macht des Erzieherischen und Unterrichtlichen von uns auf den Menschen. Seinen Siegelabdruck bekommt der Mensch bis in den Leib hinein durch das Begriffebilden.“ (Lit.GA 293, S. 134ff)

Gestaltendes Denken.

„Es gibt eben zwei Arten, sich Gedanken zu bilden. Die eine Art ist die zergliedernde, die unterscheidende, die gerade in der Naturwissenschaft heute eine so große Rolle spielt, wo man unterscheidet, sorgfältig unterscheidet. Sie finden das gerade in der Naturwissenschaft tonangebend. Alles, was in der Naturwissenschaft gesagt, geschrieben, getan wird, steht unter dem Einfluß der zergliedernden Denkweise, der unterscheidenden Denkweise. Man sucht stramme Definitionen. Und wenn einer heute etwas sagt, so nagelt man ihn an stramme Definitionen. Stramme Definitionen sind aber nichts weiter als Unterscheidungen der Sachen, die man definiert, von andern Sachen. Diese Denkweise ist eine Art von Maske, der sich insbesondere gern bedienen die Geister, die heute uns zerreißen möchten, die in diesem Kampfe drinnenstehen. Trivial könnte man sagen: Eine große Anzahl derjenigen Menschen, die die gegenwärtige Kriegskatastrophe herbeigeführt haben, und derjenigen, die noch drinnenstehen in dem, was die Folgen sind, sind eigentlich verrückt. Aber das ist, wie zuvor besprochen, nur etwas Triviales. Um was es sich da handelt, ist, daß man versteht, wodurch ihre Persönlichkeiten zerrissen werden. Von dieser Denkweise, zu der einen Zugang haben die verschiedenen, den Menschen auseinanderreißenden Mächte, muß man klar unterscheiden die andere, die in der Geisteswissenschaft allein angewendet wird. Sie ist eine ganz andere Vorstellungsart, eine ganz andere Denkweise. Sie ist, im Gegensatz zu der zergliedernden, eine gestaltende Denkweise. Sehen Sie genauer zu, verfolgen Sie, was ich versuche in den verschiedenen Büchern über Geisteswissenschaft auszuführen, so werden Sie sich sagen: Nicht so sehr liegt der Unterschied in dem, was mitgeteilt wird – das kann man auf diese oder jene Weise beurteilen -, aber aufmerksam sollte man werden, daß die ganze Art der Eingliederung der ganzen Welt, die ganze Art der Vorstellungen eine andere ist. Diese ist gestaltend, sie gibt abgeschlossene Bildheiten, sie versucht Konturen und durch Konturen Farben zu geben. Das werden Sie durch die ganze Darstellung hindurch verfolgen können: sie hat nicht das Zergliedernde, welches die ganze heutige Wissenschaft hat. Dieser Unterschied des Wie muß hervorgehoben werden ebenso wie der Unterschied des Was. Also es gibt eine gestaltende Denkweise, die insbesondere ausgebildet wird und die den Zweck hat, in die übersinnlichen Welten hineinzuführen. Wenn Sie zum Beispiel das Buch nehmen «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», wo ein solcher Weg in die übersinnlichen Welten vorgezeichnet wird, so werden Sie finden, daß darin alles, was die Gedanken und Vorstellungen in Anspruch nimmt, auf gestaltendes Denken veranlagt ist.

Das ist etwas, was für die Gegenwart notwendig ist. Denn das gestaltende Denken hat eine ganz bestimmte Eigenschaft. Wenn Sie zergliedernd denken, wenn Sie so denken, wie der heutige Naturforscher denkt, dann denken Sie ebenso wie gewisse Geister der ahrimanischen Welt, und daher können diese ahrimanischen Geister in Ihre Seele hereindringen. Wenn Sie aber das gestaltende Denken nehmen, das metamorphosierte Denken, ich könnte auch sagen das Goethesche Denken, wie es sich zum Beispiel darstellt in der Gestaltung unserer Säulen und Kapitale und so weiter, wenn Sie dieses gestaltende Denken nehmen, das auch in all den Büchern beachtet ist, die ich versuchte, in die Geisteswissenschaft hineinzustellen, so ist dieses Denken eng an den Menschen gebunden. So gestaltend, wie der Mensch mit dem Denken in sich selber wirkt, vermögen es keine andern Wesen als diejenigen, die mit der normalen Menschheitsentwickelung zusammenhängen. Das ist das Eigentümliche. Dadurch können Sie nie auf falsche Wege kommen, wenn Sie sich durch die Geisteswissenschaft auf gestaltendes Denken einlassen. Da können Sie niemals sich verlieren an die verschiedenen geistigen Wesenheiten, die Einfluß gewinnen wollen auf Sie. Die gehen natürlich durchaus durch Ihre Wesenheit hindurch. Aber sobald Sie gestaltend denken, sobald Sie sich bemühen, nicht bloß zu spintisieren und zu unterscheiden, sondern so zu denken, wie es wirklich diese moderne Geisteswissenschaft will, so bleiben Sie in sich, so können Sie nicht das Gefühl der bloßen Ausgehöhlten haben. Deshalb betont man, wenn man auf dem Standpunkt unserer Geisteswissenschaft steht, so häufig den Christus-Impuls, weil der Christus-Impuls in der geraden Linie des gestaltenden Denkens Hegt. Die Evangelien kann man auch nicht verstehen, wenn man sie bloß zergliedert. Was dabei herauskommt, hat gerade die moderne protestantische Theologie gezeigt. Die zergliedert, aber es ist ihr auch alles entfallen, und es ist gar nichts mehr geblieben. Diejenigen Zyklen, die von den Evangelien handeln, die verfolgen den entgegengesetzten Weg. Sie bauen etwas auf, was gestaltet wird, um durch diese neuen Gestaltungen zum Verstehen der alten Evangelien vorzurücken. Es braucht heute tatsächlich – das ist gar nicht übertrieben – jemand nichts anderes, als sich an die Vorstellungsart, an die Denkweise dieser Geisteswissenschaft zu halten, dann können ihm diejenigen dämonischen Wesenheiten, die als Begleiterscheinungen der Geister der Persönlichkeit hereinrollen, mit der neuen Welle, nichts anhaben. Daher sehen Sie, was es eigentlich für ein großer Schaden für die Menschheit ist, wenn sie sich sträubt, geisteswissenschaftlich zu denken.“ (Lit.:GA 187, S. 176ff)

Die inhaltsvolle Tätigkeit des Denkens.

Die Tätigkeit des Denkens ist eine inhaltsvolle. Sie liefert kein ideelles Abbild der Wahrnehmungswelt, sondern offenbart deren innere Gesetzmäßigkeit, die der unmittelbaren Wahrnehmung verborgen bleibt. Die Wahrnehmung zeigt uns gleichsam die Welt von ihrer Außenseite, durch das Denken treten wir in ihr Innerstes ein. Die begriffliche Seite der Welt ist uns, wie Rudolf Steiner sagt, durch Intuition gegeben.

„Am tiefsten eingewurzelt in das naive Menschheitsbewusstsein ist die Meinung: das Denken sei abstrakt, ohne allen konkreten Inhalt. Es könne höchstens ein «ideelles» Gegenbild der Welteinheit liefern, nicht etwa diese selbst.

Wer so urteilt, hat sich niemals klargemacht, was die Wahrnehmung ohne den Begriff ist. Sehen wir uns nur diese Welt der Wahrnehmung an: als ein bloßes Nebeneinander im Raum und Nacheinander in der Zeit, ein Aggregat zusammenhangloser Einzelheiten erscheint sie. Keines der Dinge, die da auftreten und abgehen auf der Wahrnehmungsbühne, hat mit dem andern unmittelbar etwas zu tun, was sich wahrnehmen lässt. Die Welt ist da eine Mannigfaltigkeit von gleichwertigen Gegenständen. Keiner spielt eine größere Rolle als der andere im Getriebe der Welt. Soll uns klar werden, dass diese oder jene Tatsache größere Bedeutung hat als die andere, so müssen wir unser Denken befragen. Ohne das funktionierende Denken erscheint uns das rudimentäre Organ des Tieres, das ohne Bedeutung für dessen Leben ist, gleichwertig mit dem wichtigsten Körperglied. Die einzelnen Tatsachen treten in ihrer Bedeutung in sich und für die übrigen Teile der Welt erst hervor, wenn das Denken seine Fäden zieht von Wesen zu Wesen. Diese Tätigkeit des Denkens ist eine inhaltsvolle. Denn nur durch einen ganz bestimmten konkreten Inhalt kann ich wissen, warum die Schnecke auf einer niedrigeren Organisationsstufe steht als der Löwe. Der bloße Anblick, die Wahrnehmung gibt mir keinen Inhalt, der mich über die Vollkommenheit der Organisation belehren könnte.

Diesen Inhalt bringt das Denken der Wahrnehmung aus der Begriffs- und Ideenwelt des Menschen entgegen. Im Gegensatz zum Wahrnehmungsinhalte, der uns von außen gegeben ist, erscheint der Gedankeninhalt im Innern. Die Form, in der er zunächst auftritt, wollen wir als Intuition bezeichnen. Sie ist für das Denken, was die Beobachtung für die Wahrnehmung ist. Intuition und Beobachtung sind die Quellen unserer Erkenntnis. Wir stehen einem beobachteten Dinge der Welt so lange fremd gegenüber, solange wir in unserem Innern nicht die entsprechende Intuition haben, die uns das in der Wahrnehmung fehlende Stück der Wirklichkeit ergänzt. Wer nicht die Fähigkeit hat, die den Dingen entsprechenden Intuitionen zu finden, dem bleibt die volle Wirklichkeit verschlossen. Wie der Farbenblinde nur Helligkeitsunterschiede ohne Farbenqualitäten sieht, so kann der Intuitionslose nur unzusammenhängende Wahrnehmungsfragmente beobachten.“ (Lit.GA 4, S. 94)

„Durch das Denken wird der Mensch über das Eigenleben hinausgeführt Er erwirbt sich etwas, das über seine Seele hinausreicht. Es ist für ihn eine selbstverständliche Überzeugung, daß die Denkgesetze in Übereinstimmung mit der Weltordnung sind. Er betrachtet sich deshalb als ein Einheimischer in der Welt, weil diese Übereinstimmung besteht. Diese Übereinstimmung ist eine der gewichtigen Tatsachen, durch die der Mensch seine eigene Wesenheit kennenlernt. In seiner Seele sucht der Mensch nach Wahrheit; und durch diese Wahrheit spricht sich nicht allein die Seele, sondern sprechen sich die Dinge der Welt aus. Was durch das Denken als Wahrheit erkannt wird, hat eine selbständige Bedeutung, die sich auf die Dinge der Welt bezieht, nicht bloß auf die eigene Seele.“ (Lit.:GA 9, S. 44)

Farbwahrnehmung und Denken.

→ Siehe auch: Farbwahrnehmung und Blaublindheit der Griechen

„Der Grieche erlebte den Gedanken als etwas Wahrgenommenes, nicht als etwas aktiv Ausgebildetes. Und daher waren die Griechen eigentlich nicht ein nachdenkliches Volk in dem Sinne, wie wir es sind. Nachdenklich sind die Menschen eigentlich erst geworden seit der Mitte des 15. Jahrhunderts. Der Denkprozeß hat sich verinnerlicht. Er hat sich verinnerlicht gleichzeitig mit dem Gang des Sinnesprozesses. Die Griechen sahen, ich möchte sagen mehr auf den aktiven Teil des Spektrums hin, auf die rote, die warme Seite des Spektrums; sie empfanden nur undeutlich die kalte, blaue Seite des Spektrums. Und wir haben heute ganz gewiß eine ganz andere Vorstellung von der roten und warmen Seite des Spektrums, wir sehen es viel mehr gegen das Grüne hinverschoben als die Griechen, die es über unser äußerstes Rot hinaus noch sensitiv verfolgten. Es war das griechische Spektrum ganz nach der roten Seite verschoben. Die Griechen sahen daher auch den Regenbogen anders als wir. Und dadurch, daß wir mehr nach der anderen Seite des Spektrums hin unsere Sensitivität verschoben haben, dadurch wenden wir gewissermaßen unsere Aufmerksamkeit dem Dunklen zu, und das ist schon etwas wie das Eingehen in eine Art von Dämmerung. Da wird man nachdenklich.“ (Lit.GA 73a, S. 69)

Das Denken als geistiges Wahrnehmungsorgan.

→ Hauptartikel: Begriffswahrnehmung

Im eigentlichen Sinn ist das Denken ein Auffassungsorgan, ein Wahrnehmungsorgan für Begriffe und Ideen. Darauf hat Rudolf Steiner schon in seinen Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung hingewiesen. Die Tätigkeit des Denkens besteht darin, Begriffe und Ideen im menschlichen Bewusstsein zur Erscheinung zu bringen. Es dient also der Ideenwahrnehmung bzw. Begriffswahrnehmung.

„Wer dem Denken seine über die Sinnesauffassung hinausgehende Wahrnehmungsfähigkeit zuerkennt, der muss ihm notgedrungen auch Objekte zuerkennen, die über die bloße sinnfällige Wirklichkeit hinaus liegen. Die Objekte des Denkens sind aber die Ideen. Indem sich das Denken der Idee bemächtigt, verschmilzt es mit dem Urgrunde des Weltendaseins; das, was außen wirkt, tritt in den Geist des Menschen ein: er wird mit der objektiven Wirklichkeit auf ihrer höchsten Potenz eins. Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des Menschen.

Das Denken hat den Ideen gegenüber dieselbe Bedeutung wie das Auge dem Lichte, das Ohr dem Ton gegenüber. Es ist Organ der Auffassung.

Diese Ansicht ist in der Lage, zwei Dinge zu vereinigen, die man heute für völlig unvereinbar hält: empirische Methode und Idealismus als wissenschaftliche Weltansicht. Man glaubt, die Anerkennung der ersteren habe die Abweisung des letzteren im Gefolge. Das ist durchaus nicht richtig. Wenn man freilich die Sinne für die einzigen Auffassungsorgane einer objektiven Wirklichkeit hält, so muss man zu dieser Ansicht kommen. Denn die Sinne liefern bloß solche Zusammenhänge der Dinge, die sich auf mechanische Gesetze zurückführen lassen. Und damit wäre die mechanische Weltansicht als die einzig wahre Gestalt einer solchen gegeben. Dabei begeht man den Fehler, dass man die andern ebenso objektiven Bestandteile der Wirklichkeit, die sich auf mechanische Gesetze nicht zurückführen lassen, einfach übersieht. Das objektiv Gegebene deckt sich durchaus nicht mit dem sinnlich Gegebenen, wie die mechanische Weltauffassung glaubt. Das letztere ist nur die Hälfte des Gegebenen. Die andere Hälfte desselben sind die Ideen, die ebenso Gegenstand der Erfahrung sind, freilich einer höheren, deren Organ das Denken ist. Auch die Ideen sind für eine induktive Methode erreichbar.“ (Lit.:GA 1, S. 125f)

„Wer weiß, daß der Mensch bei jedem Gedanken einen göttlichen Strom in sich einströmen läßt, wer sich dessen bewußt ist, der erhält als Folgeerscheinung die Gabe der höheren Erkenntnis. Wer weiß, daß Erkenntnis Kommunion ist, der weiß auch, daß sie nichts anderes ist, als dasjenige, was sich symbolisiert in dem Abendmahl.“ (Lit.:GA 266a, S. 48)

„Wenn die Welt bloß von Sinnenwesen bewohnt wäre, so bliebe ihr Wesen (ihr ideeller Inhalt) stets im Verborgenen; die Gesetze würden zwar die Weltprozesse beherrschen, aber sie kämen nicht zur Erscheinung. Soll das letztere sein, so muß zwischen Erscheinungsform und Gesetz ein Wesen treten, dem sowohl Organe gegeben sind, durch die es jene sinnfällige, von den Gesetzen abhängige Wirklichkeitsform wahrnimmt, als auch das Vermögen, die Gesetzlichkeit selbst wahrzunehmen. Von der einen Seite muß an ein solches Wesen die Sinnenwelt, von der anderen das ideelle Wesen derselben herantreten, und es muß in eigener Tätigkeit diese beiden Wirklichkeitsfaktoren verbinden.

Hier sieht man wohl ganz klar, daß unser Geist nicht wie ein Behälter der Ideenwelt anzusehen ist, der die Gedanken in sich enthält, sondern wie ein Organ, das dieselben wahrnimmt. Er ist gerade so Organ des Auffassens wie Auge und Ohr. Der Gedanke verhält sich zu unserem Geiste nicht anders als das Licht zum Auge, der Ton zum Ohr. Es fällt gewiß niemandem ein, die Farbe wie etwas anzusehen, das sich dem Auge als Bleibendes einprägt, das gleichsam haften bleibt, an demselben. Beim Geiste ist diese Ansicht sogar die vorherrschende. Im Bewußtsein soll sich von jedem Dinge ein Gedanke bilden, der dann in demselben verbleibt, um aus demselben je nach Bedarf hervorgeholt zu werden. Man hat darauf eine eigene Theorie gegründet, als wenn die Gedanken, deren wir uns im Momente nicht bewußt sind, zwar in unserem Geiste aufbewahrt seien; nur liegen sie unter der Schwelle des Bewußtseins.

Diese abenteuerlichen Ansichten zerfließen sofort in nichts, wenn man bedenkt, daß die Ideenwelt doch eine aus sich heraus bestimmte ist. Was hat dieser durch sich selbst bestimmte Inhalt mit der Vielheit der Bewußtseine zu tun? Man wird doch nicht annehmen, daß er sich in unbestimmter Vielheit so bestimmt, daß immer der eine Teilinhalt von dem andern unabhängig ist! Die Sache liegt ja ganz klar. Der Gedankeninhalt ist ein solcher, daß nur überhaupt ein geistiges Organ notwendig ist zu seiner Erscheinung, daß aber die Zahl der mit diesem Organe begabten Wesen gleichgültig ist. Es können also unbestimmt viele geistbegabte Individuen dem einen Gedankeninhalte gegenüberstehen. Der Geist nimmt also den Gedankengehalt der Welt wahr wie ein Auffassungsorgan. Es gibt nur einen Gedankeninhalt der Welt. Unser Bewußtsein ist nicht die Fähigkeit, Gedanken zu erzeugen und aufzubewahren, wie man so vielfach glaubt, sondern die Gedanken (Ideen) wahrzunehmen. Goethe hat dies [so] vortrefflich mit den Worten ausgedrückt: «Die Idee ist ewig und einzig; daß wir auch den Plural brauchen, ist nicht wohlgetan. Alles, was wir gewahr werden und wovon wir reden können, sind nur Manifestationen der Idee; Begriffe sprechen wir aus, und insofern ist die Idee selbst ein Begriff.»“ (Lit.GA 2, S. 77f)

„Was als Wahrnehmung auftritt, das muß der Mensch auf seinem Lebenswege schlechterdings erwarten. Es könnte sich nur fragen: darf aus dem Gesichtspunkte, der sich bloß aus dem intuitiv erlebten Denken ergibt, berechtigt erwartet werden, daß der Mensch außer dem Sinnlichen auch Geistiges wahrnehmen könne? Dies darf erwartet werden. Denn, wenn auch einerseits das intuitiv erlebte Denken ein im Menschengeiste sich vollziehender tätiger Vorgang ist, so ist es andererseits zugleich eine geistige, ohne sinnliches Organ erfaßte Wahrnehmung. Es ist eine Wahrnehmung, in der der Wahrnehmende selbst tätig ist, und es ist eine Selbstbetätigung, die zugleich wahrgenommen wird. Im intuitiv erlebten Denken ist der Mensch in eine geistige Welt auch als Wahrnehmender versetzt. Was ihm innerhalb dieser Welt als Wahrnehmung so entgegentritt wie die geistige Welt seines eigenen Denkens, das erkennt der Mensch als geistige Wahrnehmungswelt. Zu dem Denken hätte diese Wahrnehmungswelt dasselbe Verhältnis wie nach der Sinn-Seite hin die sinnliche Wahrnehmungswelt. Die geistige Wahrnehmungswelt kann dem Menschen, sobald er sie erlebt, nichts Fremdes sein, weil er im intuitiven Denken schon ein Erlebnis hat, das rein geistigen Charakter trägt. Von einer solchen geistigen Wahrnehmungswelt sprechen eine Anzahl der von mir nach diesem Buche veröffentlichten Schriften. Diese «Philosophie der Freiheit» ist die philosophische Grundlegung für diese späteren Schriften.“ (Lit.:GA 4, S. 256)

Phänomenologie des Denkens.

Wie sich die Begriffe miteinander verbinden, hängt von keinen äußeren Faktoren ab, sondern wird allein durch den Inhalt der Begriffe selbst bestimmt. Das ist selbst dann der Fall, wenn wir uns der Wahrnehmung gegenüber unrichtige Begriffe gebildet haben. Wie wir diese miteinander in Beziehung setzen, hängt doch nur von ihrer inhaltlichen Bestimmung ab.

„Was in den übrigen Beobachtungssphären nur auf mittelbare Weise gefunden werden kann: der sachlich-entsprechende Zusammenhang und das Verhältnis der einzelnen Gegenstände, das wissen wir beim Denken auf ganz unmittelbare Weise. Warum für meine Beobachtung der Donner auf den Blitz folgt, weiß ich nicht ohne Weiteres; warum mein Denken den Begriff Donner mit dem des Blitzes verbindet, weiß ich unmittelbar aus den Inhalten der beiden Begriffe. Es kommt natürlich gar nicht darauf an, ob ich die richtigen Begriffe von Blitz und Donner habe. Der Zusammenhang derer, die ich habe, ist mir klar, und zwar durch sie selbst.

Diese durchsichtige Klarheit in Bezug auf den Denkprozess ist ganz unabhängig von unserer Kenntnis der physiologischen Grundlagen des Denkens. Ich spreche hier von dem Denken, insofern es sich aus der Beobachtung unserer geistigen Tätigkeit ergibt. Wie ein materieller Vorgang meines Gehirns einen andern veranlasst oder beeinflusst, während ich eine Gedankenoperation ausführe, kommt dabei gar nicht in Betracht. Was ich am Denken beobachte, ist nicht: welcher Vorgang in meinem Gehirne den Begriff des Blitzes mit dem des Donners verbindet, sondern, was mich veranlasst, die beiden Begriffe in ein bestimmtes Verhältnis zu bringen. Meine Beobachtung ergibt, dass mir für meine Gedankenverbindungen nichts vorliegt, nachdem ich mich richte, als der Inhalt meiner Gedanken; nicht nach den materiellen Vorgängen in meinem Gehirn richte ich mich. Für ein weniger materialistisches Zeitalter als das unsrige wäre diese Bemerkung natürlich vollständig überflüssig. Gegenwärtig aber, wo es Leute gibt, die glauben: wenn wir wissen, was Materie ist, werden wir auch wissen, wie die Materie denkt, muss doch gesagt werden, dass man vom Denken reden kann, ohne sogleich mit der Gehirnphysiologie in Kollision zu treten.“ (Lit.GA 4, S. 44)

Wir müssen daher das Denken durch eine reine Phänomenologie des Denkens charakterisieren, ohne auf außerhalb des Denkens liegende Faktoren, wie etwa Gehirnvorgänge, zurückzugreifen. Eine solche Phänomenologie des Denkens, die sich ausschließlich auf die Beobachtung des Denkens gründet, hat Rudolf Steiner im ersten Teil seiner Philosophie der Freiheit gegeben. Das heißt nicht, dass nicht leibliche Faktoren am Zustandekommen des Denkens beteiligt sind; sie sind sogar sehr wesentlich beteiligt, aber sie tragen beim gesunden Menschen inhaltlich nichts zum Denken bei. Sofern die Leibestätigkeit ihren Schatten in den Inhalt des Denkens wirft, liegt eine pathologische Störung der Leibestätigkeit vor, die sich als wahnhafte inhaltliche Denkstörung äußert.

Anthroposophie ist nach Rudolf Steiner ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall fürhren möchte. Indem wir unser Denken beobachten, beobachten wir unsere eigene geistige Tätigkeit. Die Beobachtung des Denkens kann damit zu einem fruchtbaren Ausgangspunkt des anthroposophischen Erkenntnisstrebens werden:

„Der Mensch erlebt in sich das, was wir den Gedanken nennen können, und in dem Gedanken kann sich der Mensch als etwas unmittelbar Tätiges, als etwas, was seine Tätigkeit überschauen kann, erfühlen. Wenn wir irgendein äußeres Ding betrachten, zum Beispiel eine Rose oder einen Stein, und wir stellen dieses äußere Ding vor, so kann jemand mit Recht sagen: Du kannst niemals eigentlich wissen, wieviel du in dem Steine oder in der Rose, indem du sie vorstellst, von dem Ding, von der Pflanze, eigentlich hast. Du siehst die Rose, ihre äußere Röte, ihre Form, wie sie in einzelne Blumenblätter abgeteilt ist, du siehst den Stein mit seiner Farbe, mit seinen verschiedenen Ecken, aber du mußt dir immer sagen: Da kann noch etwas drinnenstecken, was dir nicht nach außen hin erscheint. Du weißt nicht, wieviel du in deiner Vorstellung von dem Steine, von der Rose eigentlich hast.

Wenn aber jemand einen Gedanken hat, dann ist er es selber, der diesen Gedanken macht. Man möchte sagen, in jeder Faser dieses seines Gedankens ist er drinnen. Daher ist er für den ganzen Gedanken ein Teilnehmer seiner Tätigkeit. Er weiß: Was in dem Gedanken ist, das habe ich so in den Gedanken hineingedacht, und was ich nicht in den Gedanken hineingedacht habe, das kann auch nicht in ihm drinnen sein. Ich überschaue den Gedanken. Keiner kann behaupten, wenn ich einen Gedanken vorstelle, da könnte in dem Gedanken noch so und so viel anderes drinnen sein wie in der Rose und in dem Stein; denn ich habe ja selber den Gedanken erzeugt, bin in ihm gegenwärtig, weiß also, was drinnen ist.

Wirklich, der Gedanke ist unser Ureigenstes. Finden wir die Beziehung des Gedankens zum Kosmos, zum Weltall, dann finden wir die Beziehung unseres Ureigensten zum Kosmos, zum Weltall… Das also, was eben gesagt worden ist, verspricht uns, daß der Mensch, wenn er sich an das hält, was er im Gedanken hat, eine intime Beziehung seines Wesens zum Weltall, zum Kosmos, finden kann.“ (Lit.GA 151, S. 9f)

Denken und Bewusstsein.

Das menschliche Bewusstsein ist der Ort, wo Begriff und Wahrnehmung im Erkenntnisakt miteinander verbunden werden:

„Nun ist es am Platze, von dem Denken auf das denkende Wesen überzugehen. Denn durch dieses wird das Denken mit der Beobachtung verbunden. Das menschliche Bewusstsein ist der Schauplatz, wo Begriff und Beobachtung einander begegnen und wo sie miteinander verknüpft werden. Dadurch ist aber dieses (menschliche) Bewusstsein zugleich charakterisiert. Es ist der Vermittler zwischen Denken und Beobachtung. Insofern der Mensch einen Gegenstand beobachtet, erscheint ihm dieser als gegeben, insofern er denkt, erscheint er sich selbst als tätig. Er betrachtet den Gegenstand als Objekt, sich selbst als das denkende Subjekt. Weil er sein Denken auf die Beobachtung richtet, hat er Bewusstsein von den Objekten; weil er sein Denken auf sich richtet, hat er Bewusstsein seiner selbst oder Selbstbewusstsein. Das menschliche Bewusstsein muss notwendig zugleich Selbstbewusstsein sein, weil es denkendes Bewusstsein ist. Denn wenn das Denken den Blick auf seine eigene Tätigkeit richtet, dann hat es seine ureigene Wesenheit, also sein Subjekt, als Objekt zum Gegenstande.“ (Lit.:GA 4, S. 59)

Dabei ist zweierlei festzuhalten: Erstens ist das Feld, auf dem die Gedanken auftreten, einzig das individuelle menschliche Bewusstsein; zweitens beruht aber das Denken auf seinen eigenen inhärenten Gesetzmäßigkeiten, weshalb es stets ein und dieselbe, allen Menschen gemeinsame Gedankenwelt ist, aus der jedes Individuum durch seine Denktätigkeit die in seinem Bewusstsein auftretenden Gedanken schöpft. Die durch das Denken bewirkte Erscheinung der Gedanken ist also subjektiv hervorgerufen, der Gedankeninhalt als solcher aber objektiv.

Hegel hat ein absolutes Vertrauen auf das Denken, ja es ist der einzige Wirklichkeitsfaktor, dem er im wahren Sinne des Wortes vertraut. So richtig seine Ansicht im allgemeinen auch ist, so ist es aber gerade er, der das Denken durch die allzuschroffe Form, in der er es verteidigt, um alles Ansehen gebracht hat. Die Art, wie er seine Ansicht vorgebracht hat, ist schuld an der heillosen Verwirrung, die in unser «Denken über das Denken» gekommen ist. Er hat die Bedeutung des Gedankens, der Idee, so recht anschaulich machen wollen dadurch, daß er die Denknotwendigkeit zugleich als die Notwendigkeit der Tatsachen bezeichnete. Damit hat er den Irrtum hervorgerufen, daß die Bestimmungen des Denkens nicht rein ideelle seien, sondern tatsächliche. Man faßte seine Ansicht bald so auf, als ob er in der Welt der sinnenfälligen Wirklichkeit selbst den Gedanken wie eine Sache gesucht hätte. Er hat das wohl auch nie so ganz klargelegt. Es muß eben festgestellt werden, daß das Feld des Gedankens einzig das menschliche Bewußtsein ist. Dann muß gezeigt werden, daß durch diesen Umstand die Gedankenwelt nichts an Objektivität einbüßt. Hegel kehrte nur die objektive Seite des Gedankens hervor; die Mehrheit aber sieht, weil dies leichter ist, nur die subjektive; und es dünkt ihr, daß jener etwas rein Ideelles wie eine Sache behandelt, mystifiziert habe. Selbst viele Gelehrte der Gegenwart sind von diesem Irrtum nicht freizusprechen. Sie verdammen Hegel wegen eines Mangels, den er nicht an sich hat, den man aber freilich in ihn hineinlegen kann, weil er die betreffende Sache zu wenig klargestellt hat.

Wir geben zu, daß hier für unser Urteilsvermögen eine Schwierigkeit vorliegt. Wir glauben aber, daß dieselbe für jedes energische Denken zu überwinden ist. Wir müssen uns zweierlei vorstellen: einmal, daß wir die ideelle Welt tätig zur Erscheinung bringen, und zugleich, daß das, was wir tätig ins Dasein rufen, auf seinen eigenen Gesetzen beruht. Wir sind nun freilich gewohnt, uns eine Erscheinung so vorzustellen, daß wir ihr nur passiv, beobachtend gegenüberzutreten brauchten. Allein das ist kein unbedingtes Erfordernis. So ungewohnt uns die Vorstellung sein mag, daß wir selbst ein Objektives tätig zur Erscheinung bringen, daß wir mit anderen Worten eine Erscheinung nicht bloß wahrnehmen, sondern zugleich produzieren: sie ist keine unstatthafte.

Man braucht einfach die gewöhnliche Meinung aufzugeben, daß es so viele Gedankenwelten gibt als menschliche Individuen. Diese Meinung ist ohnehin nichts weiter als ein althergebrachtes Vorurteil. Sie wird überall stillschweigend vorausgesetzt, ohne Bewußtsein, daß eine andere zum mindesten ebensogut möglich ist, und daß die Gründe der Gültigkeit der einen oder der andern denn doch erst erwogen werden müssen. Man denke sich an Stelle dieser Meinung einmal die folgende gesetzt: es gibt überhaupt nur einen einzigen Gedankeninhalt und unser individuelles Denken sei weiter nichts als ein Hineinarbeiten unseres Selbstes, unserer individuellen Persönlichkeit in das Gedankenzentrum der Welt.“ (Lit.:GA 2, S. 51f)

Das Erscheinen des Denkens wird durch die Zurückdrängung der Leibesorganisation vorbereitet.

Das Erscheinen des Denkens im Bewusstsein wird dadurch vorbereitet, das zuvor die Leibesorganisation zurückgedrängt wird. Dadurch treten namentlich bestimmte, durch das Denken bewirkte Gehirnprozesse auf, bevor uns ein Gedanke bewusst werden kann. Dem entspricht auch die Tatsache, dass ein Gedanke zuerst tätig hervorgebracht werden muss, ehe er beobachtet werden kann – wie es bei jeder schöpferischen Tätigkeit der Fall ist. Der Geist wirkt über den Willen und stirbt zuletzt hinein in den Gedanken. Das bedeutet mithin keineswegs, dass die Gehirnprozesse die Ursache der gebildeten Gedanken sind und deren Inhalt bestimmen, wie vielfach in den Neurowissenschaften angenommen wird.

„Dem Wesenhaften, das im Denken wirkt, obliegt ein Doppeltes: Erstens drängt es die menschliche Organisation in deren eigener Tätigkeit zurück, und zweitens setzt es sich selbst an deren Stelle. Denn auch das erste, die Zurückdrängung der Leibesorganisation, ist Folge der Denktätigkeit. Und zwar desjenigen Teiles derselben, der das Erscheinen des Denkens vorbereitet. Man ersieht aus diesem, in welchem Sinne das Denken in der Leibesorganisation sein Gegenbild findet. Und wenn man dieses ersieht, wird man nicht mehr die Bedeutung dieses Gegenbildes für das Denken selbst verkennen können. Wer über einen erweichten Boden geht, dessen Fußspuren graben sich in dem Boden ein. Man wird nicht versucht sein, zu sagen, die Fußspurenformen seien von Kräften des Bodens, von unten herauf, getrieben worden. Man wird diesen Kräften keinen Anteil an dem Zustandekommen der Spurenformen zuschreiben. Ebensowenig wird, wer die Wesenheit des Denkens unbefangen beobachtet, den Spuren im Leibesorganismus an dieser Wesenheit einen Anteil zuschreiben, die dadurch entstehen, daß das Denken sein Erscheinen durch den Leib vorbereitet[5].

Aber eine bedeutungsvolle Frage taucht hier auf. Wenn an dem Wesen des Denkens der menschlichen Organisation kein Anteil zukommt, welche Bedeutung hat diese Organisation innerhalb der Gesamtwesenheit des Menschen? Nun, was in dieser Organisation durch das Denken geschieht, hat wohl mit der Wesenheit des Denkens nichts zu tun, wohl aber mit der Entstehung des Ich-Bewußtseins aus diesem Denken heraus. Innerhalb des Eigenwesens des Denkens liegt wohl das wirkliche «Ich», nicht aber das Ich-Bewußtsein. Dies durchschaut derjenige, der eben unbefangen das Denken beobachtet. Das «Ich» ist innerhalb des Denkens zu finden; das «Ich-Bewußtsein» tritt dadurch auf, daß im allgemeinen Bewußtsein sich die Spuren der Denktätigkeit in dem oben gekennzeichneten Sinne eingraben. (Durch die Leibesorganisation entsteht also das Ich-Bewußtsein. Man verwechsele das aber nicht etwa mit der Behauptung, daß das einmal entstandene Ich-Bewußtsein von der Leibesorganisation abhängig bleibe. Einmal entstanden, wird es in das Denken aufgenommen und teilt fortan dessen geistige Wesenheit.)“ (Lit.:GA 4, S. 148)

Das Denken ist die bewussteste aller Seelentätigkeiten.

Das Denken, insofern wir es aktiv willentlich ausführen, ist die bewussteste unserer Seelentätigkeiten. Dabei muss aber dieses aktive Denken deutlich von dem bloßen „Gedankenhaben“ unterscheiden, das auftritt, wenn Gedanken unwillkürlich und dadurch auch mehr oder weniger traumartig unser Bewusstsein durchziehen. Das auf das aktive Denken gegründete Bewusstsein ist zugleich notwendig Selbstbewusstsein, weil es untrennbar mit dem Wissen um die eigene geistige Tätigkeit verbunden ist. Wesentlich weniger wach ist bereits die Sinneswahrnehmung, an die wir in der Regel viel passiver hingegeben sind, denn an wie vielen Dingen gehen wir tagein tagaus mit offenen Augen vorbei und haben sie doch nicht bewusst gesehen. Die Wahrnehmung, sofern sie nicht vom denkenden Bewusstein durchdrungen wird, hat bereits einen traumartigen Charakter. Noch stärker ist das bei den Gefühlen der Fall. Und den Willen, sofern er nicht voll und ganz vom Denken durchdrungen ist und sich in diesem als Denkwille, d.h. als bewusst gewolltes Denken äußert, verschlafen wir vollkommen. Denn davon, wie ein Willensimpuls den Körper ergreift und in Bewegung setzt, haben wir normalerweise nicht das geringste Bewusstsein.

„Es gibt für uns Menschen überhaupt nichts, worinnen wir so ganz gegenwärtig sind, wie unsere Ideen, Ideale und Vorstellungsmassen. In ihnen leben und weben wir. Wenn wir im Dunkeln, in lautloser Stille sind, so daß wir gar keine Sinneseindrücke haben, was ist das, wessen wir uns da ganz und voll bewußt sind? Unsere Gedanken und Ideen. Nach diesen kommt dann alles, was ich durch die Sinne wahrnehme. Dieses habe ich gegeben, wenn ich meine Sinnesorgane der Außenwelt gegenüber offen und empfänglich halte. Außer Ideen, Idealen und Sinneseindrücken ist mir aber nichts gegeben. Alles übrige könnte nur erschlossen, d. h. auf Grund der Sinneseindrücke und Ideen als bestehend angenommen werden.“ (Lit.Beiträge 063, S. 26)

Das Denken ist keine bloß subjektive Tätigkeit.

Man würde fehlgehen, wenn man das Denken als bloß subjektive Tätigkeit auffassen wollte, wie es einem beliebten Vorurteil entspricht, denn erst durch das Denken selbst definieren wir uns als Subjekt, das sich den Objekten gegenübergestellt sieht. Das Denken ist also weder subjektiv noch objektiv, sondern über den von ihm selbst hervorgebrachten Gegensatz von Subjekt und Objekt erhaben:

„Nun darf aber nicht übersehen werden, dass wir uns nur mit Hilfe des Denkens als Subjekt bestimmen und uns den Objekten entgegensetzen können. Deshalb darf das Denken niemals als eine bloß subjektive Tätigkeit aufgefasst werden. Das Denken ist jenseits von Subjekt und Objekt. Es bildet diese beiden Begriffe ebenso wie alle anderen. Wenn wir als denkendes Subjekt also den Begriff auf ein Objekt beziehen, so dürfen wir diese Beziehung nicht als etwas bloß Subjektives auffassen. Nicht das Subjekt ist es, welches die Beziehung herbeiführt, sondern das Denken. Das Subjekt denkt nicht deshalb, weil es Subjekt ist; sondern es erscheint sich als ein Subjekt, weil es zu denken vermag. Die Tätigkeit, die der Mensch als denkendes Wesen ausübt, ist also keine bloß subjektive, sondern eine solche, die weder subjektiv noch objektiv ist, eine über diese beiden Begriffe hinausgehende. Ich darf niemals sagen, dass mein individuelles Subjekt denkt; dieses lebt vielmehr selbst von des Denkens Gnaden. Das Denken ist somit ein Element, das mich über mein Selbst hinausführt und mit den Objekten verbindet. Aber es trennt mich zugleich von ihnen, indem es mich ihnen als Subjekt gegenüberstellt.“ (Lit.GA 4, S. 60)

Über die Stellung des Denkens in der Welt.

Das Denken gilt gemeinhin heute als etwas, was in den Köpfen der Menschen entsteht. In den menschlichen Hirnen, so meint man, werden die Gedankennetze gewoben, die wir der Welt überwerfen, um die wechselnden Erscheinungen in eine gewisse widerspruchsfreie Ordnung zu bringen. An die wahre Wirklichkeit kämen wir so freilich nicht heran, die „Dinge an sich“ im Sinne Kants blieben uns unzugänglich, sie lägen jenseits unserer intellektuellen Erkenntnisfähigkeit. Für das diskursive Denken trifft das auch zu. Im Grunde betreiben wir so eine etwas sonderbare Form von spekulativer Metaphysik. Letztlich können wir nur mehr oder weniger gut begründete Vermutungen über die Wirklichkeit anstellen und müssen es der weiteren Erfahrung überlassen, ob unsere Theorien etwas taugen oder widerlegt werden – und tatsächlich werden sie sehr häufig durch die Praxis widerlegt, falsifiziert, um mit Karl Popper zu sprechen. Alles so gewonnene Wissen bleibt letztlich bloße Hypothese. Eine endgültige Verifikation ist auf diesem Weg nicht möglich.

Man kann die Sache aber probeweise auch ganz anders betrachten. Dazu gilt es zunächst, ein ganz spezifisches, starkes Gefühl dem Denken gegenüber zu entwickeln. Auf die Schulung dieses energischen Gefühls kommt zunächst alles an; man darf das nicht leichtfertig nehmen, indem man es bloß verstandesmäßig anerkennt, sondern muss sich konsequent erziehen, bis es zu einer tiefen gefühlsmäßigen Überzeugung wird. Und dieses Gefühl ist folgendes: Das Denken ist etwas, was tief in der Wirklichkeit verwurzelt ist, und nicht bloß etwas, das unseren Köpfen entspringt. Liegt der Wirklichkeit nicht das Denken zugrunde, dann macht es keinen Sinn, gedanklich etwas über die Welt erfahren zu wollen. Man kann Gedanken nur dort herausholen, wo sie auch drinnen sind. Freilich ist dieses Denken, das in der Welt waltet, etwas ganz anderes als das, was wir in unserem denkenden Bewusstsein erleben. Was unseren Hirnen entspringt, sind kraftlose blasse gedankliche Schemen; das Denken in der Wirklichkeit ist eine reale gestaltende Naturkraft. Wir kennen dieses Denken zunächst nicht, aber es lassen sich Wege finden, durch die sich in unserem Denken ein klares und deutliches Abbild dieses Weltendenkens formt, so dass ersteres schließlich zu einem Wahrnehmungsorgan für das Weltendenken wird. Wenn es gelingt, vereinigen wir uns im Denken mit der wahren Wirklichkeit, und dann gilt der Ausspruch, den Rudolf Steiner schon in jungen Jahren so getan hat:

„Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des Menschen.“ (Lit.:GA 1, S. 126)

Dieses Weltendenken, dieses kosmische Denken wird von Michael verwaltet. Und im michaelischen Sinne denken lernen heißt, sich zum Wahrnehmungsorgan für dieses kosmische Denken zu machen.

Die Realität der Gedanken im Weltenäther.

Die realen Gedanken, die auch unser Gehirn aufbauen, leben im Weltenäther.

„Wo sind diese Gedanken? Nun sehen Sie, wir sind umgeben von der physischen Welt. Aber auch von der ätherischen Welt, aus der ja unmittelbar, bevor wir heruntersteigen zu unserer physischen Inkarnation, der menschliche Ätherleib genommen wird. Der menschliche Ätherleib wird ja aus dem allgemeinen Weltenäther genommen, der durchaus überall vorhanden ist. Nun, dieser Weltenäther, meine lieben Freunde, der ist in Wirklichkeit der Träger der Gedanken. Dieser Weltenäther, den alle gemeinsam haben, er ist der Träger der Gedanken, da sind die Gedanken darinnen, da sind jene lebendigen Gedanken eben darinnen, von denen ich Ihnen immer gesprochen habe auch in anthroposophischen Vorträgen, daß der Mensch ihrer teilhaftig ist im vorirdischen Leben, bevor er auf die Erde heruntersteigt. Das alles, was überhaupt an solchen Gedanken vorhanden ist, ist im lebendigen Zustande im Weltenäther darinnen und wird niemals entnommen aus dem Weltenäther im Leben zwischen Geburt und Tod, niemals, sondern alles, was der Mensch an lebendigem Gedankenvorrat in sich enthält, empfängt er dann in dem Augenblick, wo er aus der geistigen Welt heruntersteigt, also sein eigenes lebendiges Gedankenelement verläßt, wenn er heruntersteigt und sich seinen Ätherleib bildet. Dadrinnen sind noch die lebendigen Gedanken, in dem, was am Menschen bildet und organisiert.

Tafel 1 (GA 317)

Wenn ich also das Schema von gestern noch einmal mache (siehe Tafel 2, Mitte), wenn Sie hier den Menschen sehen, wenn wir hier das symptomatische Seelenleben, Denken, Fühlen, Wollen haben, wenn wir dahinter haben das Seelenleben, das wirkliche Seelenleben, so haben wir einen Teil des wirklichen Seelenlebens in den Gedanken. – Und diese Gedanken, die wir aus dem allgemeinen Weltenäther herausnehmen, die bilden uns vorzugsweise unser Gehirn und im weiteren Sinne unser Nerven-Sinnessystem. Das ist das lebendige Denken, das bildet uns das Gehirn zum Abbauorgan, zu dem Organ, das gewissermaßen in folgender Art die Materie behandelt.

Wenn wir hinausschauen auf die Umgebung, da haben wir die Substanz des Irdischen um uns herum, in ihren verschiedenen Prozessen und Wirkungsarten. Diese Prozesse, die da in der Natur leben, die werden stufenweise abgebaut von der Tätigkeit des lebendigen Denkens, so daß fortwährend hier (siehe Tafel 2) abgebaut wird, das heißt, die Prozesse gestoppt werden, die die Naturprozesse sind. Also im Gehirn wird der Anfang damit gemacht, daß die Naturprozesse gestoppt werden und die Materie fortwährend in Absonderung herausfällt. Die herausgefallene Materie, die also ausgeschiedene und unbrauchbar gewordene Materie: das sind die Nerven. Und diese Nerven bekommen dadurch, daß sie in dieser Weise vom lebendigen Denken bearbeitet werden, bekommen dadurch, daß sie fortwährend ertötet werden, eine Fähigkeit, die der Spiegelungsfähigkeit ähnlich ist. Dadurch bekommen sie die Fähigkeit, daß sich durch sie die Gedanken des umliegenden Äthers spiegeln, und dadurch entsteht das subjektive Denken, das oberflächliche Denken, das nur in Spiegelbildern besteht, das wir in uns tragen zwischen Geburt und Tod. Wir werden also dadurch, daß wir das lebendige Denken in uns wirkend tragen, fähig gemacht, der Welt unser Sinnes- und Nervensystem entgegenzustellen, die Eindrücke, die im umliegenden Äther leben, in Spiegelbildern zu erzeugen und in unser Bewußtsein zu schmeißen. So daß also dieses Denken und Vorstellen des oberflächlichen Seelenlebens nichts anderes ist, als der Reflex der im Weltenäther lebenden Gedanken.

Nun, wenn Sie sich selber mit Ihrem Spiegelbild vergleichen, so werden Sie darauf kommen, daß Sie etwas anderes sind als das Spiegelbild. Ebenso können Sie die Gedanken mit ihren Spiegelbildern vergleichen und bekommen dadurch das tote Denken, wie das Spiegelbild tot ist Ihnen gegenüber, der Sie als Lebender vor dem Spiegelbild stehen. Es kann ein verzerrter, ein unlogischer, ein verrückter Gedanke niemals im Weltenäther vorhanden sein. Die Gedanken aber, welche das gewöhnliche, das oberflächliche Seelenleben enthält, sind ja nur die Spiegelungen der Gedanken im Weltenäther. Woher kann nun ein verrückter, ein querköpfiger Gedanke kommen? Dadurch, daß der Spiegel, all dasjenige, was da entstanden ist im Aufbau des Gehirns, nicht in Ordnung ist. Also handelt es sich darum, daß wir in richtiger Weise den Weg zurückfinden von den verzerrten Gedanken zu dem, was im menschlichen Gehirn beziehungsweise im Sinnes-Nervensystem eigentlich wirkt, was der Mensch sich aufgebaut hat aus dem wirklichen lebendigen Gedankenleben heraus. Daraus ersehen Sie, daß es sich eigentlich ungeheuer stark darum handeln wird, daß wir von dem Bewußtsein ausgehen: an den Gedankeninhalt selber, an die eigentlichen Gedanken können wir gar nicht herankommen, denn die sind ja im Weltenäther in ihrer absoluten Richtigkeit vorhanden.“ (Lit.GA 317, S. 29ff)

Die leibliche Grundlage des Denkens.

Aus anthroposophischer Sicht besitzt der Mensch nicht nur einen physischen Leib, sondern verfügt auch über höhere, übersinnliche leibliche Wesensglieder, die als Ätherleib und Astralleib bezeichnet werden. In gewissem Sinn zählt sogar unser niederes Ich zu diesen übersinnlichen Leibesgliedern. Wie wir oben gesehen haben, tragen die Leibesglieder des Menschen inhaltlich nichts zum Denken bei. Man kann und muss daher den geistigen Inhalt des Denken verstehen, ohne sie zu berücksichtigen. Welche Bedeutung sie für das Zustandekommen des Denkens haben, soll nun kurz umrissen werden.

Wir denken nicht nur mit dem Kopf.

Es ist nicht der Kopf bzw. das Gehirn, das denkt, sondern dieses macht nur bewusst, was sonst unbewusst als weisheitsvolle Tätigkeit im restlichen Organismus waltet. Das geometrischemechanistische und kausale Denken gründet sich namentlich darauf, dass die Gesetzmäßigkeiten der Knochenmechanik des Gliedmaßen-Systems ins Bewusstsein gehoben werden. Das Begreifen als Erkenntnisakt gründet sich auf das Ergreifen und Begreifen der äußeren Dinge mit der Hand.

„Es ist ein Vorurteil, daß wir mit dem Kopf denken. Das ist gar nicht wahr. Wir denken mit den Beinen und mit den Armen; und dasjenige, was in den Armen und Beinen vor sich geht, bei dem schaut der Kopf zu und nimmt es in den Bildern der Gedanken auf. Er würde niemals, ich habe Ihnen das schon gesagt bei dem Weihnachtskursus, das Gesetz des Winkels kennenlernen, wenn er nicht schreiten würde. Er würde niemals mechanische Gleichgewichtsgesetze kennenlernen, wenn er sie nicht durch seinen eigenen Schwerpunkt, den er im Unterbewußtsein herumführt, kennenlernen würde. Sobald man zu dem Astralleib hinunterkommt, der das alles im Unterbewußtsein verarbeitet, erscheint einem der Mensch, wenn er [auch] manchmal auf der physischen Welt ganz töricht ist, ungemein weise, weil das alles, was da zum Beispiel an Geometrie entwickelt wird im Gehen, im Sich-Fühlen, weil das alles, wenn ich mich des Paradoxons bedienen darf, durchaus gewußt wird im Unterbewußtsein und dann durch das Gehirn angeschaut wird.“ (Lit.:GA 316, S. 208f)

Alles, was das flüssige Element und insbesondere die Muskeltätigkeit betrifft, kann durch diese Art des Denkens nicht mehr erfasst werden, sondern bedarf bereits der imaginativen Erkenntnis. Der Luftmensch und die damit zusammenhängende Tätigkeit der inneren Organe erschließt sich erst der Inspiration und in den Wärmemenschen kann man bewusst nur durch Intuition eintauchen.

„Ja, sehen Sie, wenn Sie Gedanken anwenden, so müssen Sie auch die Gesetzmäßigkeiten anwenden, auf die der Gedanke kommt, das ist die mechanische Gesetzmäßigkeit. Sie müssen Statik und Dynamik anwenden. Das können Sie nur beim Knochensystem.“ (S. 92)

„In dem Augenblicke, wo man an das Muskelsystem herankommt, muß man eine ganz andere Erkenntnisart anwenden, das ist die Imagination, so daß man also sagen kann – nur repräsentativ, es sind überall Übergänge -, daß durch die Imagination begriffen wird das Muskelsystem.“ (S. 92f)

„Wenn wir nun aufsteigen von der Imagination zur Inspiration, dann kommen wir nun schon an den luftförmigen Menschen, an dasjenige, was im Menschen luftförmig ist. Und wir kommen, indem wir an die Inspiration herankommen, an eine Auffassungsweise, die sehr ähnlich ist dem Hören musikalischer Töne, Harmonien, Melodien, sehr ähnlich ist dem musikalischen Hören. Die Inspiration hat nichts mehr mit etwas Begriffsmäßigem zu tun, sondern mit etwas, was auch in der Auffassung eine Art Musikalisches ist. Das Musikalische muß nicht immer gehört werden, es kann auch, indem es geistig ist, empfunden werden. Aber im Grunde genommen hat alle Inspiration etwas Musikalisches. Nun ist das Eigentümliche hier vorhanden, daß die Form der menschlichen inneren Organe, derjenigen Organe, die eigentlich die werdende Organisation während des Lebens besorgen in der Ernährung, in der Atmung und so weiter, also die Organe, die dem zugrunde liegen, daß alle diese Organformen nicht erklärbar sind etwa aus irgendwelchen mechanischen Gesetzen. Aber nicht einmal imaginativ sind sie zu erklären. Es ist einfach ein Unding, ein Nonsens, wenn man die Form des Lungenorganes, des Leberorganes etwa nur erklären wollte aus Lageverhältnissen, wie da die Zellen liegen, oder aus Gewichtsverhältnissen. Versuchen Sie darüber nachzuforschen, ob das schon irgend jemandem gelungen ist, die Leber- oder Lungenform als Form zu erklären. Es ist niemandem gelungen. Denn diese Organe, die das werdende Leben während des Erdendaseins versorgen, die sind in ihren Anlagen trotzdem sehr früh vorhanden, wenn auch sehr stark metamorphosiert. Alle kommen sie heraus aus den Gestaltungskräften des Luftförmigen. Der heutige wissenschaftliche Mensch sagt: Luft ist Sauerstoff, Stickstoff, einiges andere ist darin, und das ist so eine mehr oder weniger gleichmäßige, nur durch innere mechanische Bewegung, die im Winde sich darstellt, differenzierte luftförmige Substanz. Aber solche Luft, wie sie heute der Physiker beschreibt, die gibt es nicht, sondern es gibt nur die konkrete Luft, die unsere Erde umgibt. Aber, meine lieben Freunde, die Luft, die unsere Erde umgibt, die ist überall durchdrungen von lauter Gestaltungskräften. Diese Gestaltungskräfte atmen wir mit der physischen Substanz der Luft ein. Wenn unsere Organe fertig sind, wenn wir eine fertige Lunge haben, dann geschieht das, daß die Gestaltungskräfte, die wir da einatmen mit der Substanz der Luft, sozusagen zusammenfallen mit der Form der Lunge, daß sie dann, wenn wir geboren sind, keine große Bedeutung mehr haben, nur zum Wachstum. Aber während der Embryonalzeit, während der physischen Absonderung von der Außenluft, da wirken zuerst durch den mütterlichen Leib die Gestaltungskräfte der Luft. Die bauen die Lunge auf, wie alle Organe des Menschen daraus auferbaut werden, mit Ausnahme der Muskeln und der Knochen. Alle inneren Organe, die das werdende Leben erhalten, sind auferbaut aus den gestaltenden Kräften der Luft. Was da geschieht, kann man vergleichen, aber es ist ein grober Vergleich, mit der Entstehung der Chladnischen Klangfiguren. Also Platten, die mit Staub belegt sind, werden an einem Punkt befestigt, mit dem Violinbogen in bestimmter Weise gestrichen, dann gestaltet sich dieser Staub in gewisse Formen, je nachdem man den Bogen ansetzt. Da werden aus den Gestaltungskräften, die man in der Luft hervorruft, die Staubfiguren gebildet. So werden aus den allgemeinen Gestaltungskräften der Luft die inneren Organe des Menschen gebildet. Die sind herausgebildet aus den Gestaltungskräften der Luft. Die Lunge ist tatsächlich aus den Atmungskräften gebildet, aber ebenso die andern Organe. Nur sind es die andern Organe mehr oder weniger auf Umwegen, während die Lunge direkt gebildet ist. Aber dies, was da vorliegt, daß die Organe des Menschen herausgebildet werden aus den sich gestaltenden Schwingungen der Luft, das ist nur durch Inspiration zu begreifen. Das, was sich herausgestaltet aus dem Luftförmigen, eben Geformtes, das ist in der Auffassung gleich dem Musikalischen, wie den Klangfiguren auch ein Musikalisches zugrunde liegt.“ (S. 93ff)

„Und steigen wir auf zur wahren Intuition, dann kommen wir zum Wärmemenschen, zu der Organisation, die innerlich differenzierter Wärmeraum ist. Ich habe nun das gesagt, daß man in der Wärme ja wirklich drinnen sich erlebt, daß man nicht ebenso wie dem Kohlenstoff, dem Stickstoff der Wärme gegenübersteht, sondern die Wärme ist da, die Wärme ist in einem, und man ist in der Wärme, indem man Wärme erlebt. Sie ist gerade dasjenige, was am intensivsten erlebt wird. Deshalb kann der heutige Mensch nicht leugnen, daß er Wärme erlebt, während er keine Ahnung davon hat, daß er Luft, Wasser, Erde erlebt. Er hat keine Ahnung davon, weil er da herausgewachsen ist. Aber das Erleben der Wärme ist eben unmittelbar die Anwendung der Intuition auf den menschlichen Organismus, nur muß man jetzt nicht bloß im Groben, wie man das für den Tagesgebrauch nötig hat, sondern in Differenzierung die Wärme erleben, die sehr fein ausdifferenziert ist in den Formen der Organe selber. Wenn man durch Intuition diesen Wärmeorganismus durch den ganzen Körper betrachten kann, kommt man durch diese Erkenntnisart zum Verstehen nun nicht der inneren Organe, sondern der Tätigkeit der inneren Organe. Die ganze Tätigkeit der inneren Organe muß begriffen werden durch Verstehen der Organisation im Wärmeäther. Alles übrige ist durchaus ungeeignet, ein Verständnis der Tätigkeit der Organe zu bringen. Die Anschauung, die intuitive Anschauung der Tätigkeit des Wärmeäthers, also der Wärmemensch, der ist es, der durch Intuition erkannt werden muß. Das heißt mit andern Worten, es genügt nicht, daß man bloß die Meinung habe, da ist physische Welt, man eignet sich Imagination, Inspiration, Intuition an, um in andere Welten zu kommen. Die andern Welten sind da. Die ätherische Welt ist dadurch da, daß der Mensch ein Muskelsystem hat, die astralische Welt ist dadurch da, daß der Mensch ein Organsystem hat, und die devachanische Welt, die Geisteswelt ist dadurch da, daß der Wärmemensch da ist. Das Geistige geht fortwährend unter uns herum. Es ist da. Der Mensch ist ja ein Geist, er ist nur angefüllt mit physischer Substanz, dieser Geist.“ (S. 97f)

Gedanke:Knochensystem= fester erdiger Menschphysischer LeibImagination:Muskelsystem= flüssiger wäßriger MenschÄtherleibInspiration:Innenorgane= luftförmiger MenschAstralleibIntuition:Tätigkeit der Innenorgane= Wärme-MenschIch

Erwachen des abstrakten Denkens um das 12. Lebensjahr.

Etwa mit dem 12. Lebensjahr beginnt der abstrakte Intellekt zu erwachen, da der heranwachsende Mensch nun nicht mehr so sehr mit dem Muskelsystem, das intim mit dem rhythmischen System zusammenhängt, sondern vermehrt mit dem Knochensystem zu denken beginnt, dessen Bewegungen mit dem Eigenbewegungssinn vermittels der sogenannten „motorischen“ Nerven wahrgenommen werden.

„Die sogenannten motorischen Nerven sind keine motorischen Nerven, die sind bloß dasjenige, was die Äußerungen, den Impuls des Willens wahrnimmt. Ehe man diesen Zusammenhang nicht einsehen wird, eher wird man nicht zu einer durchsichtigen Menschenerkenntnis kommen. Wenn Sie aber diesen Zusammenhang voll einsehen, dann werden Sie es auch begreiflich finden, daß ich nun eben ein Paradoxon, eine Ketzerei vor Sie hinstellen muß: denn dann wirkt das Geistig-Seelische ja eben auf den ganzen übrigen Menschen.

Beim Kinde also bis gegen das zwölfte Jahr hin äußern sich die Wirkungen nach Maßgabe des eben Geschilderten in den Muskelkräften, die ein intimes Verhältnis zur Atmung und zum Zirkulationssystem haben. Beim Kinde vom zwölften Jahre an bis zur Geschlechtsreife nach denjenigen Kräften hin, die gegen das Skelett gehen. So daß wir also vor dem zwölften Jahre mehr dasjenige, was noch in unseren Muskein liegt, mit dem sogenannten motorischen Nerv wahrnehmen, nach dem zwölften Jahre nehmen wir mit diesem sogenannten motorischen Nerv mehr dasjenige wahr, was in unseren Muskeln und Knochen vorgeht. Nun, wenn Sie bedenken, daß in allem Denken etwas Willensmäßiges liegt – es ist ja Wille, was da wirkt, wenn ich Vorstellungen synthetisch zusammenfasse oder analytisch trenne, es ist überall Wille darinnen – , so müssen Sie diesen Willen auch im Organismus aufsuchen. Und gerade dieser Wille in der seelischen Funktion des Denkens ist in dieser Art angeschlossen, wie ich es jetzt geschildert habe. Indem wir ins zwölfte Jahr eintreten, lernen wir ein solches Denken, das nach der Willensnatur seine Vorgänge in den Knochen, in der Skelettdynamik hat. Wir machen da den wichtigen Übergang vom weichen System des Menschen zum ganz harten System, das sich, ich möchte sagen, wie ein objektives Hebelsystem in die Welt hineinstellt.

Das ist die Ketzerei, das Paradoxon, das ich vor Sie hinstellen muß, daß der Mensch, wenn er seine Gedanken über die unbelebte äußerliche Natur faßt, das nicht in unmittelbarer Weise mit dem Kopfe, mit dem Gehirn tut, sondern daß er es mit dem Skelett tut. Selbstverständlich, man kann darüber lachen, wenn man in der heutigen Physiologie drinnensteckt, daß da einer in Dornach ist, der behauptet, daß die Menschen mit den Knochen abstrakt denken; aber die Sache ist eben so. Es wäre bequemer, das nicht auszusprechen, aber es muß eben ausgesprochen werden, denn wir brauchen eine wirkliche Menschenerkenntnis. Was wir an Gedanken im Gehirn haben, das sind nur Bilder dessen, was sich im wirklichen Gedankenprozeß abspielt. Dasjenige, wofür das Gehirn das Werkzeug ist, das sind die passiven Bilder für die wirklichen Prozesse, die sich beim Denken abspielen. Daß das Denken zum Bewußtsein kommt, das ist von diesen Bildern abhängig; aber in diesen Bildern liegt nicht die innere Kraft, die im Denken wirkt, liegt nicht das Willensgemäße des Denkens. Dasjenige, was das Wesenhafte des Denkens ist, das hat mit diesen Bildern, die das Gehirn zur Voraussetzung haben, nicht mehr zu tun als ein Bild, das Sie dort auf der Wand sehen würden von Herrn X, mit dem wirklichen Herrn X zu tun hätte. Sie müssen das Bild von Herrn X von dem wirklichen Herrn X unterscheiden. So unterscheidet sich der reale Prozeß, der sich während des Denkens abspielt, von den Bildern. Während des Denkens über die physische Natur waltet eigentlich der Prozeß im ganzen, im vollen- Menschen, und zwar gerade für das Denken im Skelett. Wir setzen uns auch mit unserem Denken in das Skelett hinein mit unserem zwölften Jahre. Das ist dasjenige, was uns einen wirklichen inneren Anhaltspunkt bietet für das, was wir zu tun haben in der Überleitung des Unterrichts zu dem, was ich gestern charakterisierte: das Kennenlernen der Pflanzenwelt im Zusammenhang mit der Erde, das Kennenlernen der Tierwelt im Zusammenhang mit dem Menschen bis zu dem zwölften Jahre, bis zu der Geschlechtsreife.“ (Lit.:GA 303, S. 209ff)

Die Bedeutung des physischen Leibes und der Gehirnvorgänge für das Denken.

Das Gehirn trägt zwar nichts zur inhaltlichen Bestimmung des Denkens bei, aber das Gehirn ist ein Spiegelungsapparat für das Denken, welcher uns das Denken in Form abstrakter Gedanken bewusst macht. Das Gehirn denkt zwar nicht, aber es macht uns die Gedanken bewusst, indem es die gedanklichen Ergebnisse unserer Denktätigkeit in das seelische Erleben hereinspiegelt. Derart dem physischen Leib eingeprägte Gedankenspuren sind später der Erinnerung zugänglich.

„Und da kommen wir darauf, daß sich dasjenige, was wir im engeren Sinne Denken, Vorstellen nennen, so wie der Mensch hier auf dem physischen Plan lebt, eigentlich abspielt im Ätherleib. Aber damit sich Gedanken bilden durch dieses Denken, durch dieses Vorstellen, ist der physische Leib notwendig, denn der physische Leib muß seine Eindrücke bekommen, wenn Gedanken hier im physischen Leben erinnerungsmäßig festgehalten werden sollen.

Der Vorgang ist also der: Wenn wir denken, so geht natürlich das Denken vom Ich aus, geht durch den astralischen Leib, aber es spielt sich dann hauptsächlich in den Bewegungen des Ätherleibes ab. Was wir immer denken, was wir vorstellen, spielt sich in den Bewegungen des Ätherleibes ab. Diese Bewegungen des Ätherleibes drücken sich förmlich ein in den physischen Leib. Das ist grob gesprochen, denn es handelt sich um viel feinere Vorgänge als um ein grobes Einprägen, aber man kann die Sache vergleichsweise so nennen. Und dadurch, daß diese Bewegungen des Ätherleibes in den physischen Leib eingeprägt werden, spielen sich für unser Bewußtsein die Gedanken ab, und dadurch auch erhalten sich die Gedanken in der Erinnerung. Gewissermaßen ist es so: Wenn wir einen Gedanken haben und den später einmal aus der Erinnerung hervorholen, so kommt bei dieser Arbeit des Sich-Erinnern-Wollens unser Ätherleib in Bewegung, und er paßt sich mit seinen Bewegungen dem physischen Leib an, und indem er hineinkommt in jene Eindrücke, die dieser Ätherleib bei dem entsprechenden Gedanken in den physischen Leib gemacht hat, kommt der Gedanke wieder herauf ins Bewußtsein. Also Erinnerung ist daran geknüpft, daß die Bewegungen des Ätherleibes sich in den physischen Leib einprägen können. Natürlich ist das Gedächtnis an den Ätherleib gebunden, aber der Ätherleib muß eine Art von Bewahrer seiner Bewegungen haben, damit im physischen Leben das Erinnern zustande kommen könne. Und so leben wir denn unser Leben zwischen Geburt und Tod, haben unsere Erlebnisse und erinnern uns unserer Erlebnisse, das heißt, es läuft unser Gedankenleben in uns ab. Im wachen Zustande haben wir immer mehr oder weniger dieses in unserem Inneren ablaufende Gedankenleben.“ (Lit.:GA 174b, S. 160f)

Umgekehrt wirkt das Denken auch sehr wesentlich auf den physischen Leib zurück. Nicht das Gehirn denkt, aber durch das Denken wird das Gehirn in seinen feineren Strukturen ausgeformt. Das ist bis ins hohe Alter der Fall, gilt aber ganz besonders für das heranwachsende Kind. Das Gehirn des kleinen Kindes ist weich und bildsam und in entscheidenden Bereichen noch wenig ausgeformt. Wesentliche Gehirnstrukturen werden erst durch das allmählich erwachende Denken des Kindes ausgestaltet.

Auch im Antlitz eines Menschen zeigen sich im Laufe der Jahre die Spuren seines Denkens. Ein Mensch, der ein reiches lebendiges Denken mit beweglichen Begriffen entwickelt hat, wird lebendigere, beweglichere Gesichtszüge zeigen als ein Mensch, der nur wenige tote Begriffe in sich aufgehäuft hat. Sein Gesicht wird verhältnismäßig starr und unpersönlich wirken, sein Gehirn wird steif und unbeweglich. Darin ist eine der wesenstlichsten Ursachen für die heute nicht so selten auftretende Alters-Demenz zu sehen. Der größte Schaden entsteht, wenn schon kleine Kinder mit abstrakten Begriffen überfordert werden.

Damit sich das Denken als Gedanke am Gehirn spiegeln kann, muss es erst durch das SeelischGeistige, das in den Organismus eingreift, als Spiegelungsapparat zubereitet werden.

„Der grobe Materialist unserer Zeit findet es seinen Intentionen gemäß, davon zu sprechen, daß das Gehirn den Gedanken bildet, respektive, daß das Zentralnervensystem den Gedanken bildet. Für den, der die Dinge durchschaut, ist das geradeso wahr, wie es wahr wäre, zu meinen, wenn man in einen Spiegel hineinschaut, der Spiegel habe das Gesicht gemacht, das man sieht. Aber er macht gar nicht das Gesicht, das man sieht, sondern das Gesicht ist außerhalb des Spiegels. Der Spiegel reflektiert nur das Gesicht, wirft es zurück. Ich habe das sogar schon in öffentlichen Vorträgen wiederholt auseinandergesetzt. In ganz ähnlicher Weise verhält es sich mit dem, was der Mensch an Gedanken erlebt. Wir wollen jetzt von anderen Seeleninhalten absehen. Das Gedankenerlebnis, das in der Seele regsam, real ist, indem der Mensch den Gedanken erlebt, entsteht sowenig durch das Gehirn, wie durch den Spiegel das Bild des Gesichtes produziert wird. Das Gehirn wirkt in der Tat nur als Reflektionsapparat, damit es die Seelentätigkeit zurückwirft und diese sich selber sichtbar wird. Mit dem, was der Mensch als Gedanken wahrnimmt, hat wirklich das Gehirn so wenig zu tun, wie der Spiegel mit Ihrem Gesicht zu tun hat, wenn Sie Ihr Gesicht im Spiegel sehen.

Aber etwas anderes ist vorhanden. Der Mensch nimmt, indem er denkt, eigentlich nur die letzte Phase seiner denkerischen Tätigkeit, seines denkerischen Erlebens wahr. Um das klarzumachen, möchte ich wiederum den Spiegelvergleich nehmen. Denken Sie sich einmal, Sie würden sich hinstellen und Ihr Gesicht in einem Spiegel sehen wollen. Wenn Sie keinen Spiegel da haben, können Sie Ihr Gesicht nicht sehen. Sie können noch so lange hinstarren, Ihr Gesicht sehen Sie nicht. Wollen Sie es sehen, so müssen Sie irgend etwas, was an Materie daliegt, so bearbeiten, daß es ein Spiegel wird. Das heißt, Sie müssen es erst zubereiten, damit es das Spiegelbild hervorbringen kann. Wenn Sie das getan haben und dann hineinschauen, sehen Sie Ihr Gesicht. – Dasselbe muß die Seele machen mit dem Gehirn, was ein Mensch mit dem Spiegel machen würde. Es geht der eigentlichen denkerischen Tätigkeit der Wahrnehmung des Gedankens eine solche Tätigkeit voraus, die, wenn Sie zum Beispiel den Gedanken «Löwe» wahrnehmen wollen, erst tief drinnen die Teile des Gehirns so in Bewegung versetzt, daß diese Spiegel werden für die Wahrnehmung des Gedankens «Löwe». Und der, welcher das Gehirn erst zum Spiegel macht, das sind Sie selber. Was Sie als Gedanken zuletzt wahrnehmen, das sind Spiegelbilder; was Sie erst präparieren müssen, damit das betreffende Spiegelbild erscheint, das ist irgendeine Partie des Gehirnes. Sie sind es selbst mit Ihrer Seelentätigkeit, der das Gehirn in diejenige Struktur und in die Fähigkeit bringt, um das, was Sie denken, als Gedanke spiegeln zu können. Wollen Sie auf die Tätigkeit zurückgehen, die dem Denken zugrunde liegt, so ist es die Tätigkeit, die von der Seele aus ins Gehirn eingreift und sich im Gehirn betätigt. Und wenn Sie eine gewisse Tätigkeit von der Seele aus im Gehirn verrichten, dann wird eine solche Spiegelung im Gehirn bewirkt, daß Sie den Gedanken «Löwe» wahrnehmen. – Sie sehen, ein Geistig-Seelisches muß erst da sein. Das muß am Gehirn arbeiten. Dann wird das Gehirn durch diese geistig-seelische Tätigkeit zum Spiegelapparat, um den Gedanken zurückzuspiegeln. Das ist der wirkliche Vorgang, der sich für so viele Leute der Gegenwart so konfundiert, daß sie ihn überhaupt nicht fassen können.

Wer im okkulten Wahrnehmen ein wenig vordringt, kann die beiden Phasen seelischer Tätigkeit auseinanderhalten. Er kann verfolgen, wie er zuerst, wenn er irgend etwas denken will, notwendig hat, nicht bloß den Gedanken zu fassen, sondern ihn vorzubereiten; das heißt, er hat sein Gehirn zu präparieren. Hat er es präpariert soweit, daß es spiegelt, dann hat er den Gedanken. Man hat immer, wenn man okkult forschen will, so daß man die Dinge vorstellen kann, zuerst die Aufgabe, nicht gleich vorzustellen, sondern erst die Tätigkeit auszuüben, die das Vorstellen vorbereitet. Das ist es, was so außerordentlich wichtig zu berücksichtigen ist. Diese Dinge müssen wir deshalb ins Auge fassen, weil wir jetzt erst, wenn wir sie ins Auge fassen, die wirkliche Wirksamkeit des menschlichen Gedankens vor uns haben. Jetzt wissen wir erst, wie die menschliche Denkertätigkeit arbeitet. Zuerst ergreift diese Denkertätigkeit das Gehirn, respektive das Zentralnervensystem irgendwo, übt eine Tätigkeit aus, bewegt, sagen wir, meinetwillen, die atomistischen Teile in irgendeiner Weise, bringt sie in irgendwelche Bewegungen. Dadurch werden sie zum Spiegelapparat, und der Gedanke wird reflektiert und der Seele als solcher Gedanke bewußt. Wir haben also zwei Phasen zu unterscheiden: erst vom Geistig-Seelischen aus die Gehirnarbeit; dann kommt die Wahrnehmung zustande, nachdem für diese Wahrnehmung durch die Seele die vorbereitende Gehirnarbeit getan ist. Beim gewöhnlichen Menschen bleibt die Gehirnarbeit ganz im Unterbewußten; er nimmt nur die Spiegelung wahr. Beim okkult forschenden Menschen ist wirklich das vorhanden, daß man zunächst die Vorbereitung erleben muß. Man muß erleben, wie man die Seelentätigkeit hineingießen muß und das Gehirn erst zubereiten muß, damit es sich herbeiläßt, einem den Gedanken vorzustellen.“ (Lit.:GA 151, S. 72ff)

Die drohende Materialisierung des Denkens.

Durch den ahrimanischen Einfluss droht das Denken immer stärker an das physische Gehirn gebunden, d.h. immer mehr materialisiert zu werden, wodurch der Mensch zu einem bloßen Denkautomaten herabsinken und sein unsterblich GeistigSeelisches verlieren würde.

„Man hat heute die Meinung, wenn man von Materialismus spricht, daß der Materialismus eine falsche Weltanschauung ist, daß er abzulehnen ist, weil er nicht richtig ist. So einfach verhält sich die Sache nicht. Der Mensch ist ein seelisch-geistiges Wesen, er ist ein leiblich-physisches Wesen. Aber das Leiblich-Physische ist ein getreues Abbild des Seelisch-Geistigen, insofern wir leben zwischen Geburt und Tod. Und wenn die Menschen so verphilistert sind in den materialistischen Gedanken, wie das geworden ist im Laufe des 19. Jahrhundertsund bis in die Gegenwart hinein, dann wird immer mehr das Leiblich- Physische ein Abdruck dieses Seelisch-Geistigen, das selbst in den materialistischen Impulsen lebt. Dann ist es nicht etwas Falsches, wenn man sagt, das Gehirn denkt, dann wird es richtig. Es werden durch das Fest-darin-Stecken im Materialismus nicht bloß Menschen erzeugt, die schlecht denken über das Leibliche, Seelische und Geistige, sondern es werden materiell denkende und materiell fühlende Menschen erzeugt. Das heißt, der Materialismus bewirkt, daß der Mensch ein Denkautomat wird, daß der Mensch ein Wesen wird, das als physisches Wesen denkt, fühlt und will. Und es ist nicht bloß die Aufgabe der Anthroposophie, an die Stelle einer falschen Weltanschauung eine richtige zu setzen — das ist eine theoretische Forderung —, das Wesen der Anthroposophie heute besteht darin, daß angestrebt wird nicht nur eine andere Idee, sondern eine Tat: das Geistig-Seelische wieder herauszureißen aus dem Leiblich-Physischen, den Menschen heraufzuheben in die Sphäre des Geistig-Seelischen, damit er nicht ein Denk-, Fühl- und Empfindungsautomat sei. Die Menschheit steht heute in der Gefahr — einiges soll auch morgen im Zweigvortrag angedeutet werden —, das Seelisch-Geistige zu verlieren.“ (Lit.GA 300a, S. 163f)

Charakterisieren, nicht definieren, als Grundforderung der Pädagogik.

„Denken Sie sich, Sie bilden Begriffe, und diese Begriffe sind tot. Dann impfen Sie den Menschen Begriffsleichname ein. Bis in seinen Leib hinein impfen Sie dem Menschen Begriffsleichname ein, wenn Sie ihm tote Begriffe einimpfen. Wie muß der Begriff sein, den wir dem Menschen beibringen? Er muß lebendig sein, wenn der Mensch mit ihm soll leben können. Der Mensch muß leben, also muß der Begriff mitleben können. Impfen Sie dem Kinde im neunten, zehnten Jahre Begriffe ein, die dazu bestimmt sind, daß sie der Mensch im dreißigsten, vierzigsten Jahre noch ebenso hat, dann impfen Sie ihm Begriffsleichname ein, denn der Begriff lebt dann nicht mit dem Menschen mit, wenn dieser sich entwickelt. Sie müssen dem Kinde solche Begriffe beibringen, die sich im Laufe des weiteren Lebens des Kindes umwandeln können. Der Erzieher muß darauf bedacht sein, solche Begriffe dem Kinde zu übermitteln, welche der Mensch dann im späteren Leben nicht mehr so hat, wie er sie einmal bekommen hat, sondern die sich selbst umwandeln im späteren Leben. Wenn Sie das machen, dann impfen Sie dem Kinde lebendige Begriffe ein. Und wann impfen Sie ihm tote Begriffe ein? Wenn Sie dem Kinde fortwährend Definitionen geben, wenn Sie sagen: Ein Löwe ist … – und so weiter und das auswendig lernen lassen, dann impfen Sie ihm tote Begriffe ein; dann rechnen Sie damit, daß das Kind, wenn es dreißig Jahre ist, noch ganz genau so diese Begriffe hat, wie Sie sie ihm einmal beigebracht haben. Das heißt: das viele Definieren ist der Tod des lebendigen Unterrichtes. Was müssen wir also tun? Wir sollten im Unterricht nicht definieren, wir sollten versuchen zu charakterisieren. Wir charakterisieren, wenn wir die Dinge unter möglichst viele Gesichtspunkte stellen. Wenn wir einfach in der Naturgeschichte dem Kinde das beibringen, was zum Beispiel in den heutigen Naturgeschichten von den Tieren steht, so definieren wir ihm eigentlich nur das Tier. Wir müssen versuchen, in allen Gliedern des Unterrichtes das Tier von anderen Seiten aus zu charakterisieren, zum Beispiel von der Seite, wie die Menschen allmählich dazu gekommen sind, dieses Tier kennenzulernen, sich seiner Arbeit zu bedienen und so weiter. Aber schon ein rationell eingerichteter Unterricht selber wirkt charakterisierend, wenn Sie nicht einfach nur – wenn die betreffende Etappe des Unterrichtes gerade an der Reihe ist – naturgeschichtlich den Tintenfisch beschreiben, dann wieder, wenn es drankommt, die Maus, und dann wieder den Menschen, wenn es drankommt, sondern wenn Sie nebeneinanderstellen Tintenfisch, Maus und Menschen und diese aufeinander beziehen. Dann sind diese Beziehungen so vielgliedrig, daß nicht eine Definition herauskommt, sondern eine Charakteristik, Ein richtiger Unterricht arbeitet daher von vornherein nicht auf die Definition hin, sondern auf die Charakteristik.“ (Lit.GA 293, S. 139)

Astralleib und Ich.

Durch den Astralleib sind wir bewusste, durch unser Ich selbstbewusste geistige Wesen. Ohne Astralleib könnte uns das Denken nicht bewusst werden und ohne Ich könnten wir es nicht selbstbewusst ergreifen. Denken, Fühlen und Wollen wirken als seelische Erlebnisse im Astralleib und werden hier vom Ich aufgegriffen und geleitet.

Denken als Tätigkeit des Ätherleibs.

„Dieses Denken ist eigentlich ein Vorgang unseres Ätherleibes. Und von dem, was eigentlich geschieht beim Denken, weiß der Mensch das Allerwenigste. Das Allerwenigste von dem, was geschieht in seinem Denken, begleitet der Mensch mit seinem Bewußtsein. Indem der Mensch denkt, weiß er ja einiges von dem, was er denkt. Aber unendlich viel mehr wird als begleitendes Denken entfaltet schon beim Tagesdenken. Und dazu kommt, daß wir in der Nacht, wenn wir schlafen, fortdenken. Es ist nicht wahr, daß das Denken mit dem Einschlafen aufhört und mit dem Aufwachen wieder anfängt. Das Denken dauert fort. Und unter den mancherlei Traumesvorgängen, Vorgängen des Traumlebens, sind auch diese, daß der Mensch beim Aufwachen mit seinem Ich und astralischen Leib in seinen Ätherleib und physischen Leib untertaucht. Da taucht er unter und kommt in ein Gewoge hinein, in ein webendes Leben, von dem er, wenn er nur ein wenig zuschaut, wissen kann: das sind webende Gedanken, da tauche ich unter wie in ein Meer, das nur aus webenden Gedanken besteht. Mancher hat schon beim Aufwachen dann sich gesagt: Wenn ich mich nur erinnern könnte, was ich da gedacht habe, das war etwas sehr Gescheites, das würde mir ungeheuer viel helfen, wenn ich es mir jetzt erinnern könnte! Das ist kein Irrtum. Da unten ist wirklich etwas wie ein wogendes Meer; das ist eben die wogende, webende, ätherische Welt, die nicht so bloß eine etwas dünnere Materie ist, wie es so gerne die englische Theosophie darstellt, sondern die webende Gedankenwelt selbst ist, wirklich Geistiges ist. Man taucht in eine webende Gedankenwelt unter.

Das, was wir als Menschen sind, ist wirklich viel gescheiter als das, was wir als bewußte Menschen sind. Da bleibt nichts übrig, als es zu gestehen. Es wäre auch traurig, wenn wir nicht unbewußt gescheiter wären, als wir bewußt sind, denn sonst könnten wir nichts tun, als uns in jedem Leben auf der gleichen Stufe der Gescheitheit zu wiederholen. Aber wir tragen in der Tat schon im gegenwärtigen Leben mit uns, was wir werden können im nächsten Leben; denn das wird die Frucht sein. Und würden wir wirklich immer imstande sein, das zu erhäschen, in das wir da untertauchen, so würden wir viel erhaschen von dem, was wir im nächsten Leben sein werden. Also da unten wogt es und webt es; da ist der Keim für unsere nächste Verkörperung, und das nehmen wir in uns auf. Daher das Prophetische des Traumlebens. Das Denken ist etwas ungeheuer Kompliziertes, und nur einen Teil von dem, was da im Denken vor sich geht, nimmt der Mensch in sein Bewußtsein auf. Denn im Gedanken geht vor sich, was einen Zeitenprozeß bedeutet. Indem wir wachen Sinnes wahrnehmen, sind wir zugleich kosmische Menschen. Unser Vorgang des Sehens bewirkt das Leuchten, da sind wir kosmische Raumesmenschen. Durch das, was im Denken sich vollzieht, sind wir kosmische Zeitenmenschen, da wirkt alles mit, was schon vor unserer Geburt geschehen ist, was nach unserem Tode geschieht und so weiter. So nehmen wir durch unser Denken am ganzen kosmischen Prozeß der Zeit teil, durch unser Sinneswahrnehmen am ganzen kosmischen Prozeß des Raumes. Und nur der irdische Prozeß des Sinneswahrnehmens ist für uns selber…

Sowie man dem Denken jene Abstraktheit abstreift, die es für unser Bewußtsein hat, und untertaucht in jenes Meer der webenden Gedankenwelt, kommt man in die Notwendigkeit, dadrinnen nicht nur solche abstrakte Gedanken zu haben wie der Erdenmensch, sondern dadrinnen Bilder zu haben. Denn aus Bildern ist alles geschaffen, Bilder sind die wahren Ursachen der Dinge, Bilder liegen hinter allem, was uns umgibt, und in diese Bilder tauchen wir ein, wenn wir in das Meer des Denkens eintauchen. Diese Bilder hat Plato gemeint, diese Bilder haben alle gemeint, die von geistigen Urgründen gesprochen haben, diese Bilder hat Goethe gemeint, wenn er von seiner Urpflanze sprach. Diese Bilder findet man im imaginativen Denken. Aber dieses imaginative Denken ist eine Wirklichkeit, und darin tauchen wir ein, wenn wir in das wogende, im Strom der Zeit dahingehende Denken eintauchen.“ (Lit.GA 157, S. 296ff)

Denken und Bildekräftetätigkeit.

„Man denkt, man stellt vor, und man hat das Bewußtsein, daß man durch die Gedanken, die man sich bildet, durch die Vorstellungen, die man erlebt, etwas erfährt von der Welt, daß man gewissermaßen etwas wissen lernt von der Welt, daß eben die Vorstellungen etwas abbilden von der Welt. Dieses Bewußtsein hat man. Jeder, der über die Straße geht, hat ja das Gefühl, daß ihm dadurch, daß er die Bäume und so weiter anschaut, Vorstellungen aufleben, und daß diese Vorstellungen innere Repräsentanten sind desjenigen, was er wahrnimmt, daß er also durch die Vorstellungen gewissermaßen die Welt der äußeren Wahrnehmungen in sich aufnimmt und sie dann weiterlebt, diese Wahrnehmungen.

Daß daneben der Gedanke, das Denken überhaupt noch etwas Wesentliches ist in unserem inneren Selbst, in unserem inneren Selbst als Menschen, daß wir etwas tun, indem wir denken, daß das eine innere Tätigkeit ist, dieses Denken, eine innere Arbeit, das bringt man sich in den seltensten Fällen, man kann schon sagen, eigentlich gar nicht innerhalb der europäischen Weltanschauung so recht zum Bewußtsein.

Ich habe einmal hier darauf aufmerksam gemacht, daß jeder Gedanke noch etwas wesentlich anderes ist als dasjenige, als was man ihn gewöhnlich anerkennt. Man erkennt ihn an als ein Abbild von etwas äußerlich Wahrnehmbarem. Aber man erkennt ihn nicht an als Formbildner, als Gestalter. Jeder Gedanke, der in uns auftaucht, ergreift gewissermaßen unser inneres Leben und hat Teil zunächst, so lange wir wachsen, an unserem ganzen Aufbauen als Menschen. Er hatte schon Anteil an unserem Aufbau, bevor wir überhaupt geboren worden sind, und gehört zu den bildenden Kräften unserer Natur. Er arbeitet immer weiter und er stellt immer wieder und wieder das her, was abstirbt in uns. Also es ist nicht nur so, daß wir außerhalb unsere Vorstellungen wahrnehmen, sondern wir arbeiten immer als denkende Wesen, wir arbeiten durch das, was wir vorstellen, immerfort neu an unserer Gestaltung und Bildung.

Geisteswissenschaftlich angesehen erscheint jeder Gedanke so ähnlich wie ein Kopf mit etwas wie einer Fortsetzung nach unten, so daß wir mit jedem Gedanken eigentlich in uns einschachteln etwas wie ein Schattenbild von uns selber; nicht ganz ähnlich mit uns, aber so ähnlich wie ein Schattenbild. Dieses Schattenbild von uns selber muß in uns hineingeschachtelt werden, denn es geht fortwährend von uns etwas verloren, etwas zugrunde; es bröckelt ab in Wirklichkeit. Und das, was so da der Gedanke in uns als Menschengestalt hineinschachtelt, das erhält uns überhaupt bis zu unserem Tode hin. Also der Gedanke ist zugleich eine richtige innere Tätigkeit, ein Bauen an uns selber.

Diese letztere Erkenntnis hat man innerhalb der abendländischen Weltanschauung fast gar nicht. Man verspürt nicht, man fühlt nicht in seinem Gemüte, wie einen der Gedanke ergreift, wie er sich wirklich in uns ausbreitet. Ein Mensch, der atmet, fühlt noch ab und zu, obwohl er meist jetzt auch darauf nicht mehr achtet, daß der Atem sich in ihm ausbreitet, daß der Atem etwas zu tun hat mit seinem Wiederaufbau, mit seiner Regeneration. So ist es auch mit dem Gedanken. Aber da fühlt es der europäische Mensch schon kaum mehr, daß der Gedanke eigentlich bestrebt ist, fortwährend Mensch zu werden oder, besser gesagt, Menschengestalt zu bilden. Ohne dies Erfühlen von solchen Kräften, die in uns sind, kommen wir aber kaum dazu, wirklich ein richtiges Verständnis, ein inneres Gefühls- und Lebensverständnis dessen zu gewinnen, was die Geisteswissenschaft will. Denn sie arbeitet eigentlich gar nicht in dem, was der Gedanke uns liefert, indem er ein Äußeres abbildet, sondern sie arbeitet in diesem Lebenselemente des Gedankens, in diesem fortwährenden Gestalten des Gedankens.

Es war schon seit Jahrhunderten deshalb, weil der europäischen Menschheit dieses zuletzt charakterisierte Bewußtsein immer mehr abhanden kam, recht schwierig, von Geisteswissenschaft zu sprechen, respektive verstanden zu werden, wenn man davon sprach. In der morgenländischen Weltanschauung ist dieses Gefühl, das ich eben ausgesprochen habe gegenüber dem Gedanken, in einem hohen Maße vorhanden. Es ist wirklich in einem hohen Maße vorhanden; mindestens ist das Bewußtsein vorhanden, daß man dieses Gefühl vom inneren Erleben des Gedankens suchen muß. Daher die Neigung der Morgenländer zum Meditieren; denn das Meditieren soll ja sein ein solches Sich-Hineinleben in die Gestaltungskräfte des Gedankens, soll werden ein Gewahrwerden des lebendigen Fühlens des Gedankens. Daß der Gedanke in uns etwas tut, sollte man gewahr werden während des Meditierens. Daher finden wir solche Aussprüche im Morgenlande wie: Im Meditieren Einswerden mit dem Brahma, mit dem Gestaltenden der Welt. Dieses Bewußtsein, daß man mit dem Gedanken, wenn man sich recht in ihn einlebt, nicht nur etwas in sich hat, nicht nur selber denkt, sondern sich einlebt in die Gestaltungskräfte der Welt, das wird in der morgenländischen Weltanschauung gesucht. Aber es ist erstarrt, erstarrt aus dem Grunde, weil die morgenländische Weltanschauung es versäumt hat, sich ein Verständnis anzueignen für das Mysterium von Golgatha.“ (Lit.:GA 162, S. 190ff)

Imaginatives Denken als Partkdolg Pflicht (Duty).

Ohne selbst über geisteswissenschaftliche Kenntnisse zu verfügen, kam der österreichische Quantenphysisker Wolfgang Pauli (1900 – 1958) aus seinen persönlichen Erfahrungen zu einer einer sehr präzisen Darstellung des imaginativen Denkens, das die Grundlage für unser abstraktes Denken bildet:

„Wenn man die vorbewusste Stufe der Begriffe analysiert, findet man immer Vorstellungen, die aus «symbolischen» Bildern mit im allgemeinen starkem emotionalen Gehalt bestehen. Die Vorstufe des Denkens ist ein malendes Schauen dieser inneren Bilder, deren Ursprung nicht allgemein und nicht in erster Linie auf Sinneswahrnehmungen … zurückgeführt werden kann …

Die archaische Einstellung ist aber auch die notwendige Voraussetzung und die Quelle der wissenschaftlichen Einstellung. Zu einer vollständigen Erkenntnis gehört auch diejenige der Bilder, aus denen die rationalen Begriffe gewachsen sind. … Das Ordnende und Regulierende muss jenseits der Unterscheidung von «physisch» und «psychisch» gestellt werden – so wie Platos’s «Ideen» etwas von Begriffen und auch etwas von «Naturkräften» haben (sie erzeugen von sich aus Wirkungen). Ich bin sehr dafür, dieses «0rdnende und Regulierende» «Archetypen» zu nennen; es wäre aber dann unzulässig, diese als psychische Inhalte zu definieren. Vielmehr sind die erwähnten inneren Bilder («Dominanten des kollektiven Unbewussten» nach Jung) die psychische Manifestation der Archetypen, die aber auch alles Naturgesetzliche im Verhalten der Körperwelt hervorbringen, erzeugen, bedingen müssten. Die Naturgesetze der Körperwelt wären dann die physikalische Manifestation der Archetypen. … Es sollte dann jedes Naturgesetz eine Entsprechung innen haben und umgekehrt, wenn man auch heute das nicht immer unmittelbar sehen kann.“ (Lit.: Atmanspacher, S 219)

Immanuel Kant hielt einen solchen intellectus archetypus, der der unmittelbaren Anschauung der Urbilder fähig ist zwar prinzipiell für möglich, meinte jedoch, dass sich der Mensch niemals zu diesem erheben könne. Goethe dachte anders:

„Als ich die Kantische Lehre, wo nicht zu durchdringen, doch möglichst zu nutzen suchte, wollte mir manchmal dünken, der köstliche Mann verfahre schalkhaft ironisch, in dem er bald das Erkenntnisvermögen aufs engste einzuschränken bemüht schien, bald über die Grenzen, die er selbst gezogen hatte, mit einem Seitenwink hinausdeutete. Er mochte freilich bemerkt haben, wie anmaßend und naseweis der Mensch verfährt, wenn er behaglich, mit wenigen Erfahrungen ausgerüstet, sogleich unbesonnen abspricht und voreilig etwas festzusetzen, eine Grille, die ihm durchs Gehirn läuft, den Gegenständen aufzuheben trachtet. Deswegen beschränkt unser Meister seinen Denkenden auf eine reflektierende diskursive Urteilskraft, untersagt ihm eine bestimmende ganz und gar. Sodann aber, nachdem er uns genugsam in die Enge getrieben, ja zur Verzweiflung gebracht, entschließt er sich zu den liberalsten Äußerungen und überläßt uns, welchen Gebrauch wir von der Freiheit machen wollen, die er einigermaßen zugesteht. In diesem Sinne war mir folgende Stelle höchst bedeutend:

«Wir können uns einen Verstand denken, der, weil er nicht wie der unsrige diskursiv, sondern intuitiv ist, vom synthetisch Allgemeinen, der Anschauung eines Ganzen als eines solchen, zum Besondern geht, das ist, von dem Ganzen zu den Teilen: Hierbei ist gar nicht nötig zu beweisen, daß ein solcher intellectus archetypus möglich sei, sondern nur, daß wir in der Dagegenhaltung unseres diskursiven, der Bilder bedürftigen Verstandes (intellectus ectypus) und der Zufälligkeit einer solchen Beschaffenheit auf jene Idee eines intellectus archetypus geführt werden, diese auch keinen Widerspruch enthalte.» (Lit.: Kant, § 77)

Zwar scheint der Verfasser hier auf einen göttlichen Verstand zu deuten, allein wenn wir ja im sittlichen, durch Glauben an Gott, Tugend und Unsterblichkeit uns in eine obere Region erheben und an das erste Wesen annähern sollen: so dürft‘ es wohl im Intellektuellen derselbe Fall sein, daß wir uns, durch das Anschauen einer immer schaffenden Natur zur geistigen Teilnahme an ihren Produktionen würdig machten. Hatte ich doch erst unbewußt und aus innerem Trieb auf jenes Urbildliche, Typische rastlos gedrungen, war es mir sogar geglückt, eine naturgemäße Darstellung aufzubauen, so konnte mich nunmehr nichts weiter verhindern, das Abenteuer der Vernunft, wie es der Alte vom Königsberge selbst nennt, mutig zu bestehen.“ (Lit.: Goethe, Anschauende Urteilskraft)

Rudolf Steiner machte aber auch deutlich, dass diese Art des imaginativen Denkens, die geistige Wahrnehmung der Urbilder, zeitweise in den Hintergrund treten musste, damit sich der Mensch im abstrakten bildlosen Intellekt zum selbstständigen Denken emporringen konnte. Die Reste des alten Hellsehens, das in der platonischen Ideenschau noch nachwirkte, mussten zunächst verblassen:

„Die alte Zeit hat noch Überbleibsel gehabt vom alten Hellsehen, durch das in uralter Zeit die Menschen hineingeschaut haben in die geistige Welt, wo sie wirklich gesehen haben, wie es der Mensch tut, wenn er mit Ich und astralischem Leib draußen ist aus dem physischen und Ätherleib und im Kosmos draußen. Da würde der Mensch nie zur vollen Freiheit gekommen sein, zur Individualität; Unselbständigkeit wäre eingetreten, wenn es beim alten Hellsehen geblieben wäre. Der Mensch mußte das alte Hellsehen verlieren; er mußte gleichsam Besitz ergreifen von seinem physischen Ich. Das Denken, das er entwickeln würde, wenn er das ganze Gewoge unter dem Bewußtsein sehen würde, das als Denken, Fühlen, Wollen dort vorhanden ist, das würde ein himmlisches Denken sein, aber nicht das selbständige Denken. Wie kommt der Mensch zu diesem selbständigen Denken? Nun, denken Sie sich, daß Sie in der Nacht schlafen, Sie liegen im Bette. Das heißt, im Bette liegt der physische Leib und Ätherleib. Nun kommen beim Aufwachen von außen das Ich und der astralische Leib herein. Da wird fortgedacht im Ätherleib. Da tauchen jetzt das Ich und der astralische Leib unter, die fassen nun zunächst den Ätherleib. Aber es dauert nicht lange, denn in diesem Augenblick kann aufblitzen jenes: Was habe ich da nur gedacht, was war das doch Gescheites? Aber der Mensch hat die Begierde, gleich auch den physischen Leib zu ergreifen, und in diesem Moment entschwindet das alles; jetzt ist der Mensch ganz in der Sphäre des Erdenlebens darinnen. Es kommt also daher, daß der Mensch gleich den Erdenleib ergreift, daß er das feine Gewoge des ätherischen Denkens sich nicht zum Bewußtsein bringen kann. Der Mensch muß eben, um das Bewußtsein entwickeln zu können «ich bin es, der da denkt», seinen Erdenleib als Instrument ergreifen, sonst würde er nicht das Bewußtsein haben «ich bin es, der da denkt», sondern «der mich beschützende Engel ist es, der da denkt». Dieses Bewußtsein «ich denke» ist nur möglich durch das Ergreifen des Erdenleibes. Darum ist es notwendig, daß im Erdenleben der Mensch befähigt wird zum Gebrauche seines Erdenleibes. In der nächsten Zeit wird er immer mehr und mehr durch das, was die Erde ihm gibt, diesen Erdenleib ergreifen müssen. Sein berechtigter Egoismus wird immer größer und größer werden. Dem muß eben das Gegengewicht geschaffen werden dadurch, daß man auf der anderen Seite die Erkenntnisse gewinnt, die die Geisteswissenschaft gibt. Im Ausgangspunkt dieser Zeit stehen wir.“ (Lit.GA 157, S. 300f)

Heute ist die Zeit reif, um das imaginative Denken, das mit der platonischen Ideenschau verdämmerte, auf neuer, höherer Stufe mit voll entwickletem Selbstbewusstsein wiederzugewinnen.

Das Denken als keimhafter Beginn eines neuen Hellsehens.

Im bewussten imaginativen Denken eröffnet sich ein erster Einblick in die geistige Welt. Das Denken wird zur Quelle eines erneuerten Hellsehens:

„Kein Mensch könnte eigentlich zu wirklichem Hellsehen kommen, wenn er nicht zunächst ein Winziges an Hellsehen in der Seele hätte. Wenn es wahr wäre, was ein allgemeiner Glaube ist, daß die Menschen, wie sie sind, nicht hellsichtig seien, dann könnten sie überhaupt nicht hellsichtig werden. Denn wie der Alchimist meint, daß man etwas Gold haben muß, um viele Mengen Goldes hervorzuzaubern, so muß man unbedingt etwas hellsehend schon sein, damit man dieses Hellsehen immer weiter und weiter ins Unbegrenzte hinein ausbilden kann.

Nun könnten Sie ja die Alternative aufstellen und sagen: Also glaubst du, daß wir schon alle hellsichtig sind, wenn auch nur ein Winziges, oder daß diejenigen unter uns, die nicht hellsichtig sind, es auch nie werden können? – Sehen Sie, darauf kommt es an, daß man versteht, daß der erste Fall der Alternative richtig ist: Es gibt wirklich keinen unter Ihnen, der nicht – wenn er sich dessen auch nicht bewußt ist – diesen Ausgangspunkt hätte. Sie haben ihn alle. Keiner von Ihnen ist in der Not, weil Sie alle ein gewisses Quantum Hellsehen haben. Und was ist dieses Quantum? Das ist dasjenige, was gewöhnlich gar nicht als Hellsehen geschätzt wird.

Verzeihen Sie einen etwas groben Vergleich: Wenn eine Perle am Wege liegt und ein Huhn findet sie, so schätzt das Huhn die Perle nicht besonders. Solche Hühner sind die modernen Menschen zumeist. Sie schätzen die Perle, die ganz offen daliegt, gar nicht, sie schätzen etwas ganz anderes, sie schätzen nämlich ihre Vorstellungen. Niemand könnte abstrakt denken, wirkliche Gedanken und Ideen haben, wenn er nicht hellsichtig wäre, denn in den gewöhnlichen Gedanken und Ideen ist die Perle der Hellsichtigkeit von allem Anfange an. Diese Gedanken und Ideen entstehen genau durch denselben Prozeß der Seele, durch den die höchsten Kräfte entstehen. Und es ist ungeheuer wichtig, daß man zunächst verstehen lernt, daß der Anfang der Hellsichtigkeit etwas ganz Alltägliches eigentlich ist: man muß nur die übersinnliche Natur der Begriffe und Ideen erfassen. Man muß sich klar sein, daß aus den übersinnlichen Welten die Begriffe und Ideen zu uns kommen, dann erst sieht man recht. Wenn ich Ihnen erzähle von Geistern der höheren Hierarchien, von den Seraphim, Cherubim, von den Thronen herunter bis zu den Archangeloi und Angeloi, so sind das Wesenheiten, die aus geistigen, höheren Welten zu der Menschenseele sprechen müssen. Aus eben diesen Welten kommen der Seele die Ideen und Begriffe, sie kommen geradezu in die Seele aus höheren Welten herein und nicht aus der Sinnenwelt.

Es wurde als ein großes Wort eines großen Aufklärers gehalten, das dieser gesagt hat im achtzehnten Jahrhundert: Mensch, erkühne dich, deiner Vernunft dich zu bedienen. – Heute muß ein größeres Wort in die Seelen klingen, das heißt: Mensch, erkühne dich, deine Begriffe und Ideen als die Anfänge deines Hellsehertums anzusprechen. – Das, was ich jetzt ausgesprochen habe, habe ich schon vor vielen Jahren ausgesprochen, ausgesprochen in aller Öffentlichkeit, nämlich in meinen Büchern «Wahrheit und Wissenschaft» und «Philosophie der Freiheit», wo ich gezeigt habe, daß die menschlichen Ideen aus übersinnlichem, geistigem Erkennen kommen…

Für den heutigen Menschen ist eines notwendig, wenn er zu einer innerlich erlebten Wahrheit kommen will. Wenn er wirklich einmal innerlich Wahrheit erleben will, dann muß der Mensch einmal durchgemacht haben das Gefühl der Vergänglichkeit aller äußeren Verwandlungen, dann muß der Mensch die Stimmung der unendlichen Trauer, der unendlichen Tragik und das Frohlocken der Seligkeit zugleich erlebt haben, erlebt haben den Hauch, den Vergänglichkeit aus den Dingen ausströmt. Er muß sein Interesse haben fesseln können an diesen Hauch des Werdens, des Entstehens und der Vergänglichkeit der Sinnenwelt. Dann muß der Mensch, wenn er höchsten Schmerz und höchste Seligkeit an der Außenwelt hat empfinden können, einmal so recht allein gewesen sein, allein gewesen sein nur mit seinen Begriffen und Ideen; dann muß er einmal empfunden haben: Ja, in diesen Begriffen und Ideen, da fassest du doch das Weltengeheimnis, das Weltgeschehen an einem Zipfel – derselbe Ausdruck, den ich einstmals gebraucht habe in meiner «Philosophie der Freiheit» -. Aber erleben muß man dieses, nicht bloß verstandesmäßig begreifen, und wenn man es erleben will, erlebt man es in völligster Einsamkeit.

Und man hat dann noch ein Nebengefühl. Auf der einen Seite erlebt man die Grandiosität der Ideenwelt, die sich ausspannt über das All, auf der anderen Seite erlebt man mit der tiefsten Bitternis, daß man sich trennen muß von Raum und Zeit, wenn man mit seinen Begriffen und Ideen Zusammensein will. Einsamkeit! Man erlebt die frostige Kälte. Und weiter enthüllt sich einem, daß die Ideenwelt sich jetzt wie in einem Punkte zusammengezogen hat, wie in einem Punkte dieser Einsamkeit. Man erlebt: Jetzt bist du mit ihr allein. – Man muß das erleben können. Man erlebt dann das Irrewerden an dieser Ideenwelt, ein Erlebnis, das einen tief aufwühlt in der Seele. Dann erlebt man es, daß man sich sagt: Vielleicht bist du das alles doch nur selber, vielleicht ist an diesen Gesetzen nur wahr, daß es lebt in dem Punkte deiner eigenen Einsamkeit. – Dann erlebt man, ins Unendliche vergrößert, alle Zweifel am Sein.

Wenn man dieses Erlebnis in seiner Ideenwelt hat, wenn sich aller Zweifel am Sein schmerzlich und bitter abgeladen hat auf die Seele, dann erst ist man im Grunde reif dazu, zu verstehen, wie es doch nicht die unendlichen Räume und die unendlichen Zeiten der physischen Welt sind, die einem die Ideen gegeben haben. Jetzt erst, nach dem bitteren Zweifel, öffnet man sich den Regionen des Spirituellen und weiß, daß der Zweifel berechtigt war, und wie er berechtigt war. Denn er mußte berechtigt sein, weil man geglaubt hat, daß die Ideen aus den Zeiten und Räumen in die Seele gekommen seien. Aber was empfindet man jetzt? Als was empfindet man die Ideenwelt, nachdem man sie erlebt hat aus den spirituellen Welten heraus? Jetzt fühlt man sich zum ersten Male inspiriert, jetzt beginnt man, während man früher wie einen Abgrund die unendliche Öde um sich ausgedehnt empfunden hat, jetzt beginnt man sich zu fühlen wie auf einem Felsen stehend, der aus dem Abgrunde emporwächst, und man fühlt sich so, daß man weiß: Jetzt bist du in Verbindung mit den geistigen Welten, diese und nicht die Sinnenwelt haben dich mit der Ideenwelt beschenkt.“ (Lit.GA 146, S. 34ff)

Denken, Fühlen und Wollen und Luzifer und Ahriman.

Denken, Fühlen und Wollen liegt eine einheitliche Seelentätigkeit zugrunde, nur macht die luziferische Tätigkeit das Wollen jung und die ahrimanische Tätigkeit das Denken alt. Im Fühlen stehen Luzifer und Ahriman im Kampf miteinender.

„Die luziferische Tätigkeit macht das Wollen jung. Unsere Seelentätigkeit, durchzogen von Luziferischem, ist Wollen. Wenn das Luziferische in unserer Seelentätigkeit überwiegt, wenn in unserer Seele nur Luzifer seine Kräfte geltend macht, so ist das Wollen. Luzifer wirkt verjüngend auf den Gesamtstrom unserer Seelentätigkeit. Wenn Ahriman dagegen hauptsächlich seine Wirkungen äußert in unserer Seelentätigkeit, dann verhärtet er unsere Seelentätigkeit, sie wird alt, und das ist das Denken. Dieses Denken, dieses Gedankenhaben ist gar nicht möglich im gewöhnlichen Leben, ohne daß in dem ätherischen Leibe Ahriman seine Kräfte entfaltet. Man kann im Seelenleben, insofern es sich im Ätherleibe äußert, nicht ohne Ahriman und Luzifer auskommen.

Zeichnung aus GA 158, S 134

Würde Luzifer sich ganz zurückziehen von unserem ätherischen Leibe, dann würden wir kein luziferisches Feuer haben zum Wollen. Würde Ahriman sich ganz zurückziehen von unserem Seelenleben, dann würden wir niemals die Kühle des Denkens entwickeln können. In der Mitte von beiden ist eine Region, wo sie miteinander kämpfen. Hier durchdringen sie sich, Luzifer und Ahriman, hier spielen ihre Tätigkeiten ineinander. Das ist die Region des Fühlens. In der Tat, so erscheint der menschliche Ätherleib, daß man darinnen wahrnehmen kann das luziferische Licht und die ahrimanische Härte. Wenn man den menschlichen Ätherleib überblickt, so ist das natürlich nicht so angeordnet, wie hier (auf der Zeichnung) symbolisch, sondern da ist ein Durcheinander. Da sind Einschiebsel, in denen der Ätherleib undurchsichtig erscheint, so, wie wenn er, ich möchte sagen, Eiseinschläge hätte. Figuren treten im Ätherleibe auf, die man vergleichen kann mit Eisfiguren, wie sie auf Fensterscheiben erscheinen. Das sind die Verhärtungen in dem Ätherleibe. An solchen Stellen wird er undurchsichtig. Das sind aber die Auslebungen des Gedankenlebens im Ätherleibe. Dieses Gefrieren des Ätherleibes an gewissen Stellen rührt von Ahriman her, der seine Kräfte da hineinschickt durch das Denken.

Zeichnung aus GA 158, S 135

An andern Stellen des Ätherleibes ist es so, als wenn er Vakuolen, ganz lichte Stellen in sich hätte, die durchsichtig sind, die glänzend, lichtglitzernd sind. Da sendet Luzifer seine Strahlen, seine Kräfte hinein, das sind die Willenszentren im Ätherleibe. Und in dem, was dazwischen liegt, wo gleichsam fortwährende Tätigkeit ist im Ätherleibe, ist es so, daß man sieht, hier ist eine harte Stelle, aber nun wird sie sogleich von einer solchen Lichtstelle gefaßt und aufgelöst. Ein fortwährendes Festwerden und Wiederauflösen. Das ist der Ausdruck der Gefühlstätigkeit im Ätherleibe.“ (Lit.GA 158, S. 133ff)

Die praktische Ausbildung des Denkens.

Rudolf Steiner hat eine Reihe einfacher Übungen gegeben, das Denken wirklichkeitsgemäßer auszubilden. (Lit.GA 108, S. 256ff)

Zunächst muss man sich darüber klar werden, dass es nur dann Sinn macht, über die Welt nachzudenken, wenn diese auch nach Gedanken aufgebaut ist.

„Wer das richtige Gefühl erlangen will gegenüber dem Denken, der muß sich sagen: Wenn ich mir Gedanken machen kann über die Dinge, wenn ich durch Gedanken etwas ergründen kann über die Dinge, so müssen die Gedanken erst darinnen sein in den Dingen. Die Dinge müssen nach den Gedanken aufgebaut sein, nur dann kann ich die Gedanken auch herausholen aus den Dingen.“ (Lit.GA 108, S. 259)

Eine erste Übung, um das eigenen Denken an der Wirklichkeit zu erziehen, kann man insbesondere Naturvorgängen gegenüber machen, deren innere Gesetzmäßigkeit man vorerst noch nicht überschauen kann. Man beobachtet beispielsweise die Witterung am Abend, die Wolkenkonfiguration, die Art, wie die Sonne untergegangen ist und hält diese Beobachtungen im Gedächtnis möglichst detailgetreu und bildhaft fest, der Abstraktion enthält man sich so weit als möglich. Am Morgen macht man sich wiederum ein deutliches Bild von den Witterungsverhältnissen, und so kann man das dann weiter fortsetzen. Auf jegliche Spekulation verzichtet man, aber man lässt immer wieder im seelischen Nacherleben die aufeinanderfolgenden Bilder ineinander übergehen. Man entwickelt dadurch „Anschauende Urteilskraft“, wie sie Goethe in hohem Maße zueigen war. Seine naturwissenschaftlichen Arbeiten, etwa seine Farbenlehre, seine Metamorphosenlehre oder seine Witterungslehre sind aus dieser denkenden Anschauung, aus diesem anschauenden Denken hervorgegangen.

Gegebenheiten gegenüber, die leichter zu durchschauen sind, soll man aber auch das kausale Denken schulen. Man beobachtet etwa einen Menschen bei dem, was er heute tut, und versucht darauf zu schließen, was er morgen als Folge dieser Handlungen vollbringen wird. Anfangs wird man dabei wahrscheinlich öfter danebenliegen, aber mit der Zeit wird das Urteil immer treffsicherer werden. Man kann die ganze Übung auch umgekehrt machen, indem aus dem heute Beobachteten auf die vorangegangenen Ursachen dafür schließt. Das macht allerdings nur Sinn, wenn es möglich ist, sich nachträglich über diese Ursachen zu informieren. Ähnliches tut man an sich tagtäglich, das ist gar nichts Ungewohntes, es gilt nur, das konsequenter und systematischer auszubilden.

Vielen Menschen fällt im rechten Moment nicht das Richtige ein. Das passiert besonders Menschen, die ihr Gedankenleben nicht recht in der Hand haben und gerne die Gedanken frei umherschweifen lassen. Man kann aber auch die Schlagfertigkeit des Denkens schulen. Immer, wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt, etwa wenn man auf den Bus wartet oder sonst wie eine Pause macht, rückt man ganz willkürlich einen völlig frei gewählten Gedanken egal welcher Art, es kann etwas ganz Banales sein, in den Mittelpunkt des Bewusstseins und versucht sich allein mit diesem zu beschäftigen und alle anderen Gedanken fernzuhalten. Man muss aber den Gedanken, auf den man sich derart konzentriert, wirklich völlig frei wählen, er soll sich nicht zwangsläufig aus den momentanen Lebensnotwendigkeiten ergeben. Je unscheinbarer und langweiliger das ist, worüber man so nachdenkt, desto fruchtbarer ist die Übungen; es sollen also ganz und gar nicht irgendwelche hochgestochenen philosophischen Erwägungen sein. Diese Übung zur Gedankenkontrolle ist so wichtig, dass Rudolf Steiner sie auch als erste der sogenannten Nebenübungen gegeben hat, die jede geistige Schulung begleiten müssen. Wir werden uns mit den weiteren Nebenübungen im Laufe dieser Vorträge noch näher beschäftigen, da sie allesamt einen ganz unmittelbaren lebenspraktischen Wert haben.

Wichtig ist auch die Schulung des Gedächtnisses. Man ist etwa gestern auf der Straße einem Bekannten begegnet, hat ihn kurz gegrüßt, und ist dann weiter gegangen. Man versucht sich nun heute ganz detailgetreu an diese Begegnung zu erinnern. Wie war er gekleidet, welche Farbe hatte das Gewand, trug er einen Hut? Man wird bald merken, dass man sich meist nur an wenige Details erinnern kann. Man versuche nun, sich die fehlenden Details durch die Phantasie möglichst bildhaft zu ergänzen. Auf die Bildhaftigkeit kommt dabei alles an. Man stellt ihn sich beispielsweise vor im dunklen zweireihigen Anzug, mit Krawatte und Hut am Kopf; die Wahrheit trifft man dadurch zwar nicht, aber man wird so die Aufmerksamkeit für künftige Beobachtungen schulen und das Gedächtnis wird nach und nach immer getreuer werden. Bildhaftigkeit ist dabei übrigens sehr allgemein aufzufassen; man kann auch versuchen, sich den Klang der Stimme und die genaue Wortwahl auszumalen, obwohl das meist noch schwieriger ist, als die bildhafte Erinnerung im engeren Sinn.

Besonders bedeutsam ist die Geduld, die man beim Denken aufbringt. Diese mangelt dem Intellekt meist sehr. Wir wollen sehr rasch zu einem Ergebnis unserer Überlegungen kommen. Besser ist es, sich zunächst mehrere sehr unterschiedliche Möglichkeiten auszumalen, wie man zu einer Lösung kommen könnte, und dann die Sache ruhen zu lassen. Am besten, man überschläft das Ganze, und kommt erst am nächsten Tag wieder darauf zurück. Bei sehr bedeutsamen Dingen kann die Frist, während der man des Denken darüber ruhen lässt, noch viel länger sein – das alles geht natürlich nur insoweit, als es die Lebensanforderungen zulassen, aber man soll es eben üben, so gut es geht. Entscheidungen, die man so trifft, werden sich stets als viel tiefer gegründet erweisen, als wenn man sie überhastet aus dem Augenblick heraus trifft. Später wird das allerdings auch dazu führen, dass man gegebenenfalls auch ganz spontan und unmittelbar sehr fundierte Entscheidungen treffen wird.

Derartige Denkübungen, verbunden mit einer gesteigerten Aufmerksamkeit, stärken den Ätherleib. Weitere Anregungen dazu hat Steiner in dem Vortrag „Nervosität und Ichheit“ gegeben (Lit.GA 143, S. 9ff)

Rückwärtsdenken.

→ Hauptartikel: Rückwärtsdenken

Eine besonders fruchtbare Übung, die Steiner häufig empfohlen hat, ist das Rückwärtsdenken. Man versucht sich dabei einen konkret gegebenen äußeren Vorgang möglichst detailreich Schritt für Schritt entgegen dem äußeren Zeitverlauf von hinten nach vorne vorzustellen. Man beginnt z.B. bei einem Drama mit dem Ende des 5. Aktes und geht dann weiter zurück durch alle Akte bis zum Anfang. Man reißt sich dadurch los vom äußeren Zeitstrom und taucht ein in den Astralstrom, der uns aus der Zukunft entgegenkommt. Das erfordert gegenüber dem gewohnten Erleben eine erhöhte Aufmerksamkeit und steigert dadurch das Bewusstsein und damit auch das Gedächtnis.

„Gewöhnlich erleben Sie die Lebensereignisse so, daß Sie einfach dem fortlaufenden Strom des Erlebens folgen. Wenn eine Glocke tönt, einmal, ein zweites, ein drittes Mal anschlägt, so hören Sie zuerst den ersten, dann den zweiten und dann den dritten Ton. Dann sind Sie aber fertig. Wenn Sie ein Drama anhören, hören Sie die einzelnen Teile hintereinander; dann sind Sie fertig. Das heißt, Sie leben in dem Ätherleibe mit dem fortlaufenden Strom. Nehmen wir aber an, Sie betreiben es systematisch, den umgekehrten Strom sich anzueignen, Sie gewöhnten sich daran, Dinge, die Sie sonst nur in der einen Richtung verfolgen, auch umgekehrt zu verfolgen. Zum Beispiel, Sie nehmen sich vor, einige Ereignisse des Tages in umgekehrter Reihenfolge zu erinnern. Wenn Sie so das Tagesleben rückwärts betrachten, dann folgen Sie nicht dem gewöhnlichen Ich-Strom, der dadurch zustande kommt, daß das Ich im Ätherleibe lebt, sondern Sie folgen dann dem entgegengesetzten Strom, dem Strom des Astralleibes. Wenn Sie zum Beispiel das Vaterunser statt, wie Sie gewohnt sind, es vorwärts zu beten, es jetzt rückwärts beten, dann folgen Sie einem dem gewöhnlichen Strom der Ereignisse entgegengesetzten Strom. Das ist nicht der gewöhnliche Strom, der dadurch zustande kommt, daß das Ich den Ätherleib ausfüllt. Und die Folge ist, daß Sie Ihrem Ich dadurch eine Kraftzufuhr bereiten aus dem astralischen Strom heraus. Dann tritt in der Tat eine Erinnerungsfähigkeit ein in ganz gewaltigem Maße. Ich selbst habe in meiner Erziehertätigkeit bei meinen Schülern dahin gewirkt, damit sie eine Stärkung des Gedächtnisses für später haben sollten, daß sie gewisse Dinge, die man sonst nur in einer Richtung lernt, auch in der umgekehrten Richtung lernten und immer wieder und wieder üben mußten. So wird die Härteskala der Mineralien gewöhnlich in der folgenden Reihenfolge gelernt: 1. Talk, 2. Steinsalz, 3. Kalkspat, 4. Flußspat, 5. Apatit, 6. Orthoklas oder Kalifeldspat, 7. Quarz, 8. Topas, 9. Korund, 10. Diamant. Da habe ich nun die Schüler neben dieser Aufzählung auch immer wieder die umgekehrte Reihenfolge üben lassen: Diamant, Korund, Topas, Quarz, Orthoklas, Apatit, Flußspat, Kalkspat, Steinsalz, Talk. Das ist eine außerordentlich gute Übung – besonders wenn sie zu guter Zeit im Kindheitsalter vorgenommen wird – für die Stärkung der Gedächtniskraft.“ (Lit.:GA 115, S. 201)

Verstand im AnthroWiki.

Der Verstand (von ahd. firstȃn, „dicht davorstehen“; griech. ἐπιστήμη epistêmê „Erkenntnis, Wissen, Wissenschaft“, lat. intellectus, intelligentia, „Intelligenz“ bzw. „ratio“) ist der auf das diskursive, d.h. schrittweise voranschreitende logische Denken gerichtete Teil der Verstandes- oder Gemütsseele, deren andere Seite das Gemüt ist, welches die Gefühls– und Willenssphäre umfasst. Im Verstand liegt das Vermögen Begriffe und Vorstellungen zu bilden, die Begriffe zu Urteilen zu verbinden und aus diesen weitere logische Schlüsse zu ziehen. Übergeordnet dem Verstand, der sich auf die Erkenntnis des Einzelnen richtet, ist die Vernunft, als die auf das Geistige gerichtete Tätigkeit der Bewusstseinsseele, durch die das Einzelne erst im großen Weltzusammenhang erfasst werden kann.

Der Verstand als Produkt abbauender, zentripetaler Kräfte.

„Was sind es für Kräfte, die vorzugsweise im menschlichen Haupte wirken und die ja verwandt sind den zentripetalen, den zusammenpressenden Kräften des Kosmos, was sind es für Kräfte? Es sind diejenigen Kräfte, die die ältesten Kräfte unseres Weltenalls sind. Erinnern Sie sich an meine Darstellungen in der «Geheimwissenschaft im Umriß», wie ich die alte Saturnentwickelung beschrieben habe, wie ich da hinweisen mußte darauf, daß sich herausgerungen hat aus dieser Saturnentwickelung das menschliche Sinnesleben. Was da zurückgeblieben ist aus dieser Saturnentwickelung, es liegt hinter unserem Sinnesteppich als die kalte, fröstelnde Welt, die sich eben aus dem Wärmezustand des Anfanges heraus entwickelt hat, in die wir heute Wärme hineinzutragen haben. Das, was da hinter dem Sinnesteppich liegt, ist gewissermaßen die älteste der Welten. Wir betreten sie unbewußt in der Zeit vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Wir wandeln aber eigentlich immerfort in ihr herum. Sie gibt uns alles dasjenige, was mit unseren Sinnen zusammenhängt. Die zentripetalen Kräfte wirken, gleichsam die Sinne von außen bildend, in unsere Sinne hinein, in unsere Augen, in unsere Ohren, und von da aus in unseren physischen Verstand, in dasjenige, was wir denken. Und indem wir durch die Welt denkend gehen, gehen wir eigentlich mit demjenigen menschlichen Besitz durch die Welt, der uns aus dieser Umgebung heraus gebildet wird, das heißt, mit den ältesten Kräften, die nun schon angekommen sind beim Zerfall. Das dürfen wir nie vergessen, daß dies die Kräfte sind, die eigentlich schon beim Zerfall angekommen sind.

Man möchte sagen, die Sache ist so: Wenn man schematisch darstellt das Weltenall, auseinander, ins Weite strebend, aber an dieser Grenze zentripetal zusammengehalten werdend, es sind die ältesten Kräfte des Weltenalls (siehe Zeichnung). Sie zerbröckeln in einer gewissen Weise. Und aus diesen zerbröckelnden Kräften, aus diesen in den Tod schon übergehenden Kräften, aus diesen zum Chaos gewordenen Kräften steigt dasjenige auf, was unser Verstand ist, was unser menschlicher Intellekt ist.“ (Lit.:GA 199, S. 182ff)

Die Verstandesseele und die damit verbundene „Kopfkultur“ erwachte so recht erst in der griechisch-lateinischen Kultur, die im Zeichen des Widders stand.

„Dann kam die griechisch-lateinische Zeit, das vierte nachatlantische Zeitalter. Die Sonne trat mit ihrem Frühlingspunkte ein in den Widder. Das entspricht der Kopfgegend des Menschen, der Stirngegend, der Oberkopf-, der eigentlichen Kopfgegend des Menschen. Es begann diejenige Zeit, in der der Mensch vorzugsweise sich so in ein erkennendes Verhältnis zur Welt setzte, daß dieses erkennende Verhältnis zur Welt ihm Gedanken brachte. Das Kopferkennen ist ganz verschieden von den früheren Arten des Erkennens. Das Kopferkennen trat ja in diesem Zeitalter besonders ein. Aber der Kopf des Menschen ist, trotzdem er fast eine getreue Nachbildung des Makrokosmos ist, gerade weil er in physischem Sinne eine getreue Nachbildung des Makrokosmos ist, im spirituellen Sinne eigentlich nicht gar viel wert. Verzeihen Sie den Ausdruck: als physischer Kopf ist der Kopf des Menschen nicht gar viel wert. Und wenn der Mensch auf seinen Kopf angewiesen ist, so kann er zu nichts anderem kommen als eigentlich zu einer Gedankenkultur.

Nach und nach hat auch die griechisch-lateinische Zeit, die ja, wie wir von andern Gesichtspunkten aus gesehen haben, die Kopfkultur bis zu ihrer Höhe brachte und dadurch gewissermaßen den Menschen in einer besonderen Weise heranbrachte an die Welt, in einer nach und nach sich entwickelnden Weise es zu der eigentlichen Kopf kultur gebracht, zu der Gedankenkultur, die dann abgelaufen ist. So daß man, wie ich gestern aufmerksam gemacht habe, vom 15. Jahrhundert ab nicht mehr wußte, wie man mit dem Denken noch mit der Wirklichkeit zusammenhing. Diese Kopfkultur, diese Widderkultur, sie war aber noch immer so, daß man gewissermaßen in den Menschen hereinnahm die Anschauung des Weltenalls. Und mit Bezug auf die physische Welt war diese Kopf kultur, diese Widderkultur, die allervollkommenste. Materialistisch ist erst dasjenige geworden, was sich dann als Entartung daraus entwickelt hat. Der Mensch trat durch seinen Kopf eben doch gerade in dieser Widderkultur in ein besonderes Verhältnis zur Umwelt. Und man versteht heute insbesondere die griechische Kultur schwer – die römische hat es ja dann ins mehr Philiströse verzerrt – , wenn man das nicht berücksichtigt, daß der Grieche eben zum Beispiel Begriffe und Ideen anders wahrnahm. Ich habe das in meinen «Rätseln der Philosophie» besonders ausgeführt.“ (Lit.:GA 180, S. 198f)

Siehe auch.

Die Logik im AnthroWik.

Die Logik (griech. ἡ λογική (τέχνη) he logiké téchne „die denkende [Kunst, Vorgehensweise]“) oder Folgerichtigkeit (→ Konsistenz) ist die Lehre von den Gesetzen des richtigen, schrittweise durch Schlussfolgerungen, also diskursiv voranschreitenden verstandesmäßigen Denkens. In der klassischen, von Aristoteles begründeten Logik hat jede logische Aussage genau zwei Wahrheitswerte, nämlich wahr (w) und falsch (f) (Bivalenzprinzip).

Mehrwertige Logik.

Im 20. Jahrhundert wurden mehrwertige Logiken entwickelt, die anders als die bivalente klassische Logik über mehr als zwei Wahrheitswerte verfügen. Die erste mehrwertige Logik wurde 1920 von Jan Łukasiewicz als dreiwertige Logik mit den Wahrheitswerten wahrfalsch und unbestimmt formalisiert. Mittlerweile gibt es verschiedenste Logiken mit endlich vielen, aber auch mit unendlich vielen Wahrheitswerten, wie etwa die Fuzzylogik („unscharfe Logik“, von engl. fuzzy , „verwischt, verschwommen, unbestimmt“), die in den Naturwissenschaften und in der Informatik große praktische Bedeutung gefunden haben. Mit der Quantenlogik, die aus der Formalisierung der Quantentheorie, die grundsätzlich nur Wahrscheinlichkeitsaussagen zulässt, enstanden ist, wurden logischen Aussagen erstmals Wahrscheinlichkeitswerte zugewiesen. So entwickelten etwa Hans Reichenbach und andere aus einer Wahrscheinlichkeitslogik eine dreiwertige Quantenlogik, die wie bei Jan Łukasiewicz über die Wahrheitswerte wahrfalsch und unbestimmt verfügt.

Die menschliche Organisation als Grundlage der Logik.

Ihre Grundlage hat die Logik in der allgemein menschheitlichen, aber individuell differenzierten Organisation.

„Wenn wir alle gleich denken, so kommt es nur davon, daß wir alle gleich individuell organisiert sind und daß der Verstand geknüpft ist an dies in allen Menschen gleich organisierte Individuelle. Sie denken schon, insoferne Sie differenziert sind, auch verschieden. Das sind aber Nuancen, die mit der eigentlichen Logik nichts zu tun haben. Das eigentliche logische und dialektische Denken ist aber ein Ausfluß der allgemeinen menschheitlichen, aber individuell differenzierten Organisation.“ (Lit.:GA 74, S. 56)

Formale Logik.

In der formalen Logik werden die Aussagen und Schlussfolgerungen streng formalisiert dargestellt. Immanuel Kant definierte sie als ein regelgeleitetes Schließen, das „von allem Inhalt der Verstandeserkenntnis und der Verschiedenheit ihrer Gegenstände“ abstrahiert, also „mit nichts anderem als der bloßen Form des Denkens zu tun“ hat[1] und unterschied davon die „transzendentale Logik“, die auch den Inhalt von Aussagen behandelt.

Mathematische Logik.

Die mathematische Logik, auch symbolische Logik genannt, verwendet anstatt der natürlichen Sprache streng formalisierte Symbole, um logische Zusammenhänge auszudrücken.

Klassische Logik.

Die klassische Logik bezieht sich stets auf – rein gedanklich oder real – gegebene Fakten. Sie kann nur offensichtlich machen, was in ihnen implizit schon von Anfang an enthalten ist. Mögen uns dabei durch logische Schlüsse auch Zusammenhänge offenbar werden, die uns zuvor nicht nicht bewusst waren, so bringen sie doch an sich nichts wirklich Neues, das nicht schon in ihren Voraussetzungen beschlossen lag. Die klassische Logik versagt daher notwendig dort, wo echtes Schöpferisches im Spiel ist.

In der klassischen Aussagenlogik sind folgende logische Verknüpfungen (Junktoren, von lat. iungere „verknüpfen, verbinden“) zweier logischer Aussagen  und  am gebräuchlichsten:

Logische Schlussfolgerungen.

Die klassische Logik oder Begriffslogik schreitet durch drei grundlegende Glieder voran, nämlich – entgegen der herkömmlichen Meinung – vom Schluss über das Urteil hin zum Begriff:

„Indem wir uns logisch, das heißt denkend-erkennend betätigen, haben wir in dieser Betätigung immer drei Glieder. Erstens haben wir immerfort dasjenige in unserem denkenden Erkennen drinnen, was wir Schlüsse nennen. Für das gewöhnliche Leben äußert sich ja das Denken in der Sprache. Wenn Sie das Gefüge der Sprache überblicken, werden Sie finden: indem Sie sprechen, bilden Sie fortwährend Schlüsse aus. Diese Tätigkeit des Schließens ist die allerbewußteste im Menschen. Der Mensch würde sich durch die Sprache nicht äußern können, wenn er nicht fortwährend Schlüsse sprechen würde; er würde nicht das, was der andere zu ihm sagt, verstehen können, wenn er nicht fortwährend Schlüsse in sich aufnehmen könnte. Die Schullogik zergliedert gewöhnlich die Schlüsse; dadurch verfälscht sie sie schon, insofern die Schlüsse im gewöhnlichen Leben vorkommen. Die Schullogik bedenkt nicht, daß wir schon einen Schluß ziehen, wenn wir ein einzelnes Ding ins Auge fassen. Denken Sie sich, Sie gehen in eine Menagerie und sehen dort einen Löwen. Was tun Sie denn zuallererst, indem Sie den Löwen wahrnehmen? Sie werden zuallererst das, was Sie am Löwen sehen, sich zum Bewußtsein bringen, und nur durch dieses Sich-zum-Bewußtsein-Bringen kommen Sie mit Ihren Wahrnehmungen gegenüber dem Löwen zurecht. Sie haben im Leben gelernt, ehe Sie in die Menagerie gegangen sind, daß solche Wesen, die sich so äußern wie der Löwe, den Sie jetzt sehen, «Tiere» sind. Was Sie da aus dem Leben gelernt haben, bringen Sie schon mit in die Menagerie. Dann schauen Sie den Löwen an und finden: der Löwe tut eben auch das, was Sie bei den Tieren kennengelernt haben. Dies verbinden Sie mit dem, was Sie aus der Lebenserkenntnis mitgebracht haben, und bilden sich dann das Urteil: Der Löwe ist ein Tier. – Erst wenn Sie dieses Urteil sich gebildet haben, verstehen Sie den einzelnen Begriff «Löwe». Das erste, was Sie ausführen, ist ein Schluß; das zweite, was Sie ausführen, ist ein Urteil; und das letzte, wozu Sie im Leben kommen, ist ein Begriff. Sie wissen natürlich nicht, daß Sie diese Betätigung fortwährend vollziehen; aber würden Sie sie nicht vollziehen, so würden Sie kein bewußtes Leben führen, das Sie geeignet macht, sich durch die Sprache mit anderen Menschenwesen zu verständigen. Man glaubt gewöhnlich, der Mensch komme zuerst zu den Begriffen. Das ist nicht wahr. Das erste im Leben sind die Schlüsse. Und wir können sagen: Wenn wir nicht unsere Wahrnehmung des Löwen, wenn wir in die Menagerie gehen, aus der gesamten übrigen Lebenserfahrung herausschälen, sondern wenn wir sie in unsere ganze übrige Lebenserfahrung hineinstellen, so ist das erste, was wir in der Menagerie vollbringen, das Ziehen eines Schlusses. – Wir müssen uns klar sein: daß wir in die Menagerie gehen und den Löwen sehen, ist nur eine Einzelhandlung und gehört zum ganzen Leben hinzu. Wir haben nicht angefangen zu leben, als wir die Menagerie betreten und den Blick auf den Löwen gerichtet haben. Das schließt sich an das vorherige Leben an, und das vorherige Leben spielt da hinein, und wiederum wird das, was wir aus der Menagerie mitnehmen, hinausgetragen in das übrige Leben. – Wenn wir aber nun den ganzen Vorgang betrachten, was ist dann der Löwe zuerst? Er ist zuerst ein Schluß. Wir können durchaus sagen: Der Löwe ist ein Schluß. Ein bißchen später: Der Löwe ist ein Urteil. Und wieder ein bißchen später: Der Löwe ist ein Begriff.“ (Lit.GA 293, S. 134f)

Das logische Denken ist an das Werkzeug des Gehirns gebunden und unmittelbar nur auf die physische Welt anwendbar. Es ist aber bis hinauf zum Devachan brauchbar; erst auf dem Buddhiplan verliert es ganz seine Gültigkeit. Der Geistesschüler muss daher auf eine gute Ausbildung des logischen Denkens achten.

„Nur eines bleibt gleich durch alle Welten, und das ist das logische Denken. Die Wahrnehmungen sind ganz verschieden in der astralischen, in der devachanischen Welt, aber die Denkgesetze sind in allen drei Welten die gleichen. Daher muß der Rosenkreuzerschüler erst dieses Denken lernen, damit er nicht abirre von dem sicheren Pfade.“ (Lit.:GA 97, S. 237)

„Aber eines gibt es, das durch alle Welten hindurch bis hinauf zum Devachan dasselbe bleibt, das sich nicht ändert: Das ist das logisch geschulte Denken. Erst auf dem Buddhiplan hat das Denken nicht mehr die gleiche Geltung wie auf dem physischen Plan. Da muß ein anderes Denken eintreten. Aber für die drei Welten unterhalb des Buddhiplanes, für den physischen, astralen und devachanischen Plan, gilt überall das gleiche Denken. Wer sich also durch das Studium in der physischen Welt ordentlich im Denken schult, wird in den höheren Welten in diesem Denken einen guten Führer haben und nicht so leicht straucheln wie der, welcher mit verworrenem Denken in die Geistgebiete aufsteigen will. Daher lehrt die Rosenkreuzerschulung die Menschen, sich in den höheren Welten frei zu bewegen, indem sie dieselben dazu anhält, ihr Denken zu disziplinieren. Wer in diese Welten hinaufgelangt, lernt zwar Wahrnehmungsweisen kennen, die es auf dem physischen Plan nicht gibt, aber er wird sie mit seinem Denken beherrschen können.“ (Lit.GA 96, S. 143f)

Das logische Denken wurde schrittweise in der nachatlantischen Zeit herausgebildet, mit einem ersten Höhepunkt bei Aristoteles, und schließlich durch den Arabismus zur Reife gebracht.

„Wir haben gesehen, daß ein kleines Häuflein von Menschen in der Gegend des heutigen Irland am meisten vorgeschritten war, wie sie diejenigen Fähigkeiten gehabt haben, die nach und nach in aufeinan derfolgenden Kulturepochen heraustraten. Die Ich-Anlage hat sich ja, wie wir wissen, seit der lemurischen Zeit her entwickelt, aber jene Stufe der Ichheit, die in diesem kleinen Häuflein Menschen lebte, das sozu sagen die Kulturströmung von Westen nach Osten geschickt hat, bestand in der Anlage zum logischen Erwägen, zur Urteilskraft. Vorher gab es so etwas nicht; wenn ein Gedanke da war, war er auch schon bewiesen. Ein urteilendes Denken war bei diesem Völkchen veranlagt, und sie brachten diese Keimanlage hinüber vom Westen nach dem Osten, und bei jenen Kolonisationszügen, von denen einer nach Süden hinunterging, nach Indien, da wurde die erste Anlage zur Gedanken bildung gemacht. Dann wurde der persischen Kultur der kombinie­rende Gedanke eingeflößt, und in der dritten, in der chaldäischen, wurde dieser kombinierende Gedanke noch intensiver; die Griechen aber brachten es so weit, daß sie das herrliche Denkmal der aristotelischen Philosophie hinterließen. So geht es immer weiter, das kombinierende Denken entwickelt sich immer mehr und mehr, es geht aber immer auf einen Mittelpunkt zurück, und es finden Nachschübe statt. Wir müssen uns das so vorstellen: Als die Kultur von jenem Punkte hinübergezogen ist nach einem Punkte in Asien, da wandte sich ein Zug nach Indien, der noch am schwächsten durchtränkt war vom reinen logischen Denken. Der zweite Zug, der nach Persien ging, war schon mehr durchdrungen davon, der ägyptische noch mehr, und innerhalb dieses Zuges hat sich das Volk des Alten Testaments abgesondert, welches gerade diejenige Anlage zur Kombination hatte, die entwickelt werden mußte, um wiederum einen Schritt vorwärts zu machen in dieser reinen logischen Erkenntnisform des Menschen. Nun ist aber auch das andere damit verknüpft, was wir betrachtet haben: das Heruntersteigen auf den physischen Plan. Je mehr wir heruntersteigen, desto mehr wird der Gedanke bloß logisch und auf die äußere Urteilskraft angewiesen. Denn logisches Denken, reine bloße mensch liche Logik, die von Begriff zu Begriff geht, die braucht zu ihrem Instrument das Gehirn; das ausgebildete Gehirn vermittelt bloß das lo­gische Denken. Daher kann dies äußerliche Denken, selbst da, wo es eine erstaunliche Höhe erreicht, niemals zum Beispiel die Reinkarnation durch sich selbst erfassen, weil dieses logische Denken zunächst nur anwendbar ist auf das Äußerliche, Sinnliche um uns herum.

Die Logik ist zwar für alle Welten anwendbar, aber unmittelbar angewendet kann sie nur in bezug auf die physische Weit werden. Also an ihr Instrument, an das physische Gehirn ist die Logik unbedingt gebunden, wenn sie als menschliche Logik auftritt; nie hätte das rein begriffsmäßige Denken in die Welt kommen können ohne das Weiterheruntersteigen in die sinnliche Welt. Sie sehen, die Ausbildung des logischen Denkens ist verknüpft mit dem Verlust der alten hellseherischen Anschauung; wirklich hat der Mensch das logische Denken erkaufen müssen mit diesem Verlust. Er muß sich die hellseherische Anschauung wiederum hinzuerwerben zu dem logischen Denken. In späteren Zeiten wird der Mensch die Imagination dazu erhalten, aber das logische Denken wird ihm bleiben. Erst mußte das menschliche Gehirn erschaffen werden, heraustreten mußte der Mensch in die physische Welt. Der Kopf mußte erst ganz ausgestaltet werden, dem Ätherkopfe gleich, damit dieses Gehirn im Menschen sei. Da erst war es möglich, daß der Mensch in die physische Welt herabsteigen konnte. Zur Rettung des Spirituellen aber mußte der Zeitpunkt gewählt werden, wo noch nicht der letzte Impuls zum rein mechanischen, zum rein äußerlichen Denken gegeben war. Wenn der Christus einige Jahrhunderte später erschienen wäre, dann wäre er sozusagen zu spät gekommen, dann wäre die Menschheit zu weit heruntergestiegen gewesen, sie hätte sich mit dem Denken zu weit verstrickt gehabt, sie hätte den Christus nicht mehr verstehen können. Vor dem letzten Impulse mußte der Christus erscheinen da noch konnte die religiös spirituelle Strömung als eine Glaubensströmung gerettet werden. Und dann konnte der letzte Impuls gegeben werden der das Denken des Menschen herunterstieß in den tiefsten Punkt, so daß die Gedanken ganz gefesselt, gebannt wurden an das physische Leben. Das wurde durch die Araber und Mohammedaner gegeben. Der Mohammedanismus ist nichts an deres als eine besondere Episode in diesem Arabertum, denn in seinem Herüberziehen nach Europa gibt er den letzten Einfluß in das rein logische Denken, das sich nicht erheben kann zu Höherem, Geistigem.

Der Mensch wird durch das, was man eine geistige Weltenführung, eine Vorsehung nennen kann so geführt: Erst wird das spirituelle Leben gerettet im Christentum, dann zieht um den Süden herum der Arabismus nach Europa, das der Schauplatz für die äußere Kultur werden soll. Der Arabismus ist nur imstande, das Äußere zu erfassen. Sehen wir nicht, wie die Arabeske selbst sich nicht zum Lebendigen erheben kann, wie sie bei der Form stehenbleibt? Wir können es an der Moschee sehen, wie der Geist sozusagen herausgesogen ist. Die Menschheit mußte erst herabgeführt werden in die Materie. Und auf dem Umwege durch die Araber, durch die Invasion der Araber, durch das, was man nennen kann den Zusammenstoß des Arabismus mit dem Europäertum, das aber schon in sich das Christentum aufgenommen hat, sehen wir, wie die moderne Wissenschaft erst veranlagt wird.“ (Lit.GA 105, S. 191ff)

Die Vernunft im AnthroWiki.

Als Vernunft (von griech. νοῦς nous, womit auf das Vernehmen des Geistigen gedeutet wird; eng. reason) wird im philosophischen Sinn die menschliche Fähigkeit bezeichnet, universelle Weltzusammenhänge bewusst zu erfassen und ihnen gemäß zu handeln. Vernunft ist aber nicht, wie oft fälschlich angenommen, identisch mit dem Geist, der als  schöpferischer Wille bedingungslos aus dem Nichts heraus schaffend tätig ist, sondern Vernunft ist das Vernehmen des Geistes im menschlichen Bewusstsein.

Die Vernunft ist dem Verstand, der auf die Erkenntnis des Einzelnen gerichtet ist, übergeordnet und soll letzteren so lenken und leiten, dass sich die Ergebnisse seiner Tätigkeit harmonisch in das Weltganze einfügen. Während die Verstandestätigkeit der Verstandes- oder Gemütsseele, von Aristoteles Kinetikon genannt, entspringt, gründet sich die Vernunft auf die auf das Geistige gerichtete Tätigkeit der Bewusstseinsseele. Sie wurde von Aristoteles als Dianoetikon bezeichnet und ist seiner Ansicht nach die einzig wahre Quelle der Ethik, an der sich die moralische Qualität des menschlichen Tuns bemisst.

Der Verstand im Yoga-Wiki.

Verstand – Das deutsche Wort Verstand] hat viele verschiedene Bedeutungsnuancen. Verstand bedeutet zum einen, Probleme zu verstehen, Dinge zu begreifen, Sachverhalte analysieren zu können, auch andere Menschen verstehen zu können. In diesem Kontext ist die Vernunft weiter gefasst: Vernunft beinhaltet neben dem Verstand auch die Urteilskraft, das Unterscheidungsvermögen sowie die Entschlusskraft, die Fähigkeit, kluge Entscheidungen zu treffen.

In einem weiteren Sinn ist Verstand aber die Zusammenfassung aller geistig-emotionaler Fähigkeiten und damit gleichzusetzen mit Gemüt und Psyche, also die Übersetzung des englischen Begriffs „mind“. Im Raja Yoga und Jnana Yoga werden die Sanskrit Begriffe ChittaManasBuddhi und Ahamkara manchmal mit Verstand übersetzt. ChittaManasBuddhi und Ahamkara haben aber unterschiedliche Bedeutungen. Wenn man also im Yoga Kontext auf den Begriff „Verstand“ trifft, muss man herausbekommen, welcher Verstandesbegriff gemeint ist.

Video – Der Verstand sattwig, rajasig, tamasig.

Swami Sivananda über Verstand und Meditation in seinem Buch „Yoga im täglichen Leben“.

Versuche nicht, unbedeutende und nebensächliche Gedanken zu verdrängen. Je mehr du das versuchst, umso eifriger kehren sie immer wieder und umso stärker werden sie. Du verschwendest nur Energie und Willenskraft.

Werde gleichgültig. Fülle deinen Geist mit göttlichen Gedanken, dann werden die anderen allmählich verschwinden. Gründe dich fest in der Ekstase (Nirvikalpa Samadhi) durch planmäßige Meditation.

Drei Doshas des Verstandes.

Es gibt drei Doshas oder Mängel des Verstandes: Unreinheit (Malam), Unrast (Vikshepa) und Schleier der Unwissenheit (Avarana). Die Verschmutzung des Verstandes wie Begierde (Kama), Zorn (Krodha), Gier (Lobha), Verblendung (Moha), Hochmut (Mada), Stolz (Ascharya) nennt man Unreinheiten (Malam). Man beseitigt sie durch Zucht (Yama), Gehorsam (Niyama) und Handeln ohne Lohn zu erwarten (Mishkama Karma Yoga). Vikshepa ist Schwanken des Verstandes. Man beseitigt es durch Meditation (Upasana), auf einen Punkt starren (Tratak), Yoga und Pranayama. Avarana ist der Schleier des Nichtwissens. Man beseitigt es durch Studium der Vedantaliteratur, durch Meditation und Japa.

Geheimnisse und Kontrolle des Verstandes.

Verstand ist Atma Shakti, eine Illusionskraft Gottes oder Brahmans. Der Sitz des Verstandes ist das Herz. Es wird aus den feinsten Essenzen der Nahrung geschaffen. Vritti ist eine Woge, die im Verstand-See sich hebt. Es gibt drei Eigenschaften der Weltenergie (Gunas) im Verstand: Reinheit (Sattwa), Leidenschaft (Raja) und Trägheit, Finsternis (Tamas). Beherrsche die Denkimpulse (Vrittis), vermehre dein Sattwa.

Wenn du Hassgedanken hegst, bist du in Wirklichkeit schon ein Mörder des Menschen, den du hasst. Du begehst einen Mord, weil diese Gedanken nur auf dich zurückprallen. Hass wird nur durch Liebe und nicht durch Hassen überwunden.

Deine Gedanken, Gefühle, Stimmungen und Launen drücken sich deutlich in deinem Angesicht aus. Das Antlitz des Menschen gleicht dem Anschlagbrett, auf dem alles bekannt gemacht wird, was im Verstand vor sich geht.

Da der erste Gedanke ICH ist und weil dieser ICH-Gedanke allen anderen Gedanken zugrunde liegt, ist Ahamkarta die Vorstellung: „Ich bin der Täter“ Saat für den Verstand. Buddhi (Bheda Buddhi), der Intellekt, der Unterschiede macht, ist die Ursache für diese Unterscheidung (dieses kleine ICH, die Anmaßung der überheblichen falschen Persönlichkeit), und damit wieder Ursache von Ahamkarta. Vernichte diese falsche ICH-Sucht und Bheda Buddhi durch Brahma Bhav, Fähigkeit der rechten Unterscheidung (Vichar) und verharre in deinem eigenen natürlichen Satchidananda Swarupa.

Copyright Divine Life Society

Entwicklung von Verstand.

Verstand kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Verstand in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:

  • Nimm dir vor, eine Woche lang ddeinen Verstand zu kultivieren.
  • Triff den Entschluss: „Während der nächsten Woche will ich meinen Verstand kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein verständigerer Mensch zu sein.“
  • Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Verstand ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt und wie du den Verstand trainieren kannst
  • Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: „Ich entwickle meinen Verstand „.

Am wichtigsten ist es tatsächlich, deinen Verstand zu gebrauchen. Immanuel Kant hat uns ermutigt: Sapere Aude – Wage es zu wissen. Und er meinte:

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unwissenheit.

So gilt:

Gebrauche deinen Verstand.

  • Blicke hinter die Kulissen. Nimm nicht das für bare Münze was du siehst
  • Hinterfrage deine eigenen Motive – Verstand kommt von verstehen: Verstehe dich selbst!
  • Frage dich immer, wie die Dinge funktionieren. Der Verstand übt sich auch am Ergründen der technischen Funktionsweise von Geräten
  • Lies Bücher, insbesondere solche, die schwer zu verstehen sind. Trainiere so deinen Verstand!
  • Unterhalte dich mit Menschen, die einen starken Verstand haben
  • Lies viele Wiki Artikel hier – und hinterfrage sie mit deinem Verstand!
  • Über Yoga und Meditation – das schärft die Achtsamkeit, was wiederum dem Verstand zugute kommt

Affirmationen zum Thema Verstand

Natürlich stärkst du deinen Verstand nicht mit Affirmationen. Aber Affirmationen geben dir die Energie, das zu tun, was deinen Verstand schärft.

Hier einige Affirmationen für mehr Verstand.

Klassische Autosuggestion für Verstand

Hier die klassische Autosuggestion:

  • Ich habe einen scharfen Verstand

Entwicklungsbezogene Affirmation für Verstand

Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen „Ich habe einen scharfen Verstand“ – und haben das gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:

  • Ich entwickle einen scharfen Verstand
  • Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Verstand

Dankesaffirmation für Verstand :

  • Ich danke dafür, dass ich jeden Tag meinen Verstand kultivieren kann

Gebet für Verstand

Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Verstand :

  • Lieber Gott, bitte gib mir mehr Verstand
  • Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag meinen Verstand besser gebrauchen kann
  • Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Verstand

Was müsste ich tun, um Verstand zu entwickeln?

Du kannst dich auch fragen:

  • Was müsste ich tun, um Verstand zu entwickeln?
  • Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen einen scharfen Verstand, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als Mensch mit messerscharfem Verstand, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?

Ohne Verstand.

Manche Menschen werfen andere vor, sie seien ohne Verstand. Dabei meint man, dass sie nicht logisch denken, dass sie nicht einsichtig sind. Ohne Verstand sind dabei natürlich typischerweise die anderen.

Man sagt zwar auch mal von sich: Da muss ich den Verstand verloren haben. Aber meistens sagt man von anderen, dass sie ohne Sinn und Verstand etwas getan haben.

Die Redensart ohne Sinn und Verstand.

Es gibt die Redensart „Etwas ohne Sinn und Verstand tun“. Das soll bedeuten, dass man planlos vorgeht, dass man etwas tut, ohne vorher zu überlegen. Eine ähnliche Redensart ist „weder Sinn noch Verstand haben“.

Verstand in Beziehung zu anderen Eigenschaften.

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und Persönlichkeitsmerkmale beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Verstand in Beziehung zu anderen Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie in Bezug auf Laster sehen kann:

Ähnliche Eigenschaften wie Verstand.

Ähnliche Eigenschaften wie Verstand, also Synonyme zu Verstand sind z.B. VernunftIntellektIntelligenzEinfühlungBeobachtungsgabeDenkvermögenErkenntnisErkenntnisfähigkeitUrteilskraftScharfsinn.

Ausgleichende Eigenschaften.

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Verstand übertrieben kann ausarten z.B. in SchläueGewieftheitDurchtriebenheitGerissenheitIrreführungÜberlistungArroganzHochmutArglistKälteGefühlskälte. Daher braucht Verstand als Gegenpol die Kultivierung von HerzGefühlIntuitionInstinktEinfühlungsvermögenEingebungEinfallIdeeInspirationImpulsErleuchtung.

Gegenteil von Verstand.

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Verstand, Antonyme zu Verstand :

Verstand im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten.

Eigenschaften im Alphabet vor Verstand.

Eigenschaften im Alphabet nach Verstand.

Vernunft im YogaWiki:

Vernunft ist das geistige Vermögen des MenschenEinsichten zu bekommen, Zusammenhänge zu erkennen, sich ein Urteil zu bilden, Entscheidungen zu treffen.

Vernunft ist das, was über Instinkte, Wünsche, Neigungen und Impulse hinausgeht und diese steuert. Vernunft schaut weiter in die Vergangenheit und in die Zukunft. Vernunft blickt um die Ecke und beurteilt AbsichtenMotivationen und Konsequenzen von Handeln. Vernunft versucht auch, die Welt zu ergründen.

Es gibt die niedere Vernunft, die praktische Vernunft, die höhere und die spirituelle Vernunft. Im Yoga spricht man von Buddhi, wenn man Vernunft meint. Die niedere Vernunft findet logische Begründungen für ein eigentlich unvernünftiges, wunschgetriebenes Verhalten. Die praktische Vernunft überlegt, wie man das, was man möchte, gut bekommen kann.

Die höhere Vernunft fragt sich, was man überhaupt möchte, was einen glücklich macht. Die höhere Vernunft überlegt, was das ethisch Richtige ist. Die höhere Vernunft überlegt auch, was andere machen, und wie das was man beabsichtigt zu tun, sich auf andere auswirkt. Die spirituelle Vernunft, auch die philosophische Vernunft, fragt: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens?

Gibt es einen Gott? Wenn ja, wer ist Gott? Gibt es eine höhere Wirklichkeit? Wenn ja, was ist sie und ist sie zu erreichen? Diese höheren Fragen werden für den Menschen dann wichtig, wenn er spirituell erwacht ist. Im Vedanta sagt man dann, dass der Mensch die erste Bhumika, die erste Stufe der spirituellen EvolutionSubecha, erreicht hat, wenn diese spirituelle Vernunft, auch Viveka genannt, aufgewacht ist.

Der Intellekt und die Vernunft sind begrenzte Instrumente, die im Bereich der begrenzten Dualität Wunder irken können, aber machtlos sind im Bereich der unbegrenzten Nichtdualität. So können zum Beispiel Vernunft oder Logik ein Raumschiff entwerfen und bauen (Dualität), aber sie können keine zufriedenstellende Antwort auf die Frage „Wer bin ich?“ (Nichtdualität) geben. Die Erkenntnis des Selbst ist eine nichtduale, intuitive Erfahrung. Das dualistische Erfahren von Gegenständen über den Geist und die Sinne geschieht nur auf einer oberflächlichen Ebene, der des äußeren Scheins.

Vernunft – eine Tugend. Was ist Vernunft? Woher stammt das Wort? Wozu ist Vernunft gut? Was sind Synonyme, was das Gegenteil von Vernunft?

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und Persönlichkeitsmerkmale beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Vernunft in Beziehung zu anderen Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie in Bezug auf Laster sehen kann.

Vernunftals als Grundlage von Ethik und Moral.

Vernunft ist ein Begriff, der so vieles bedeutet. Immanuel Kant hat eine Kritik der reinen Vernunft geschrieben und danach Kritik der praktischen Vernunft und Kritik der Urteilskraft. Und Kritik heißt hier nicht, dass er etwas kritisiert, sondern in dem Fall war es eine Abhandlung, wo er etwas durchleuchtet, deshalb werde ich jetzt nicht in ein paar Minuten mich mit Immanuel Kant messen können.

Aber Vernunft ist zum einen die Fähigkeit, etwas logisch zu durchdenken. Vernunft heißt, etwas zu verstehen. Vernunft heißt, Hintergründe zu verstehen, Zusammenhänge zu verstehen, Ursachen zu verstehen. Vernunft ist auch die Fähigkeit, etwas in einen größeren Kontext zu bringen. Vernunft heißt auch, zu überlegen: „Was sind meine langfristigen Ziele? Was ist der Sinn meines Handelns? Was sind meine Werte? Und vor dem Hintergrund von übergeordneten Anliegen, vor dem Hintergrund vom übergeordneten Sinn des Lebens, vor dem Hintergrund meiner Werte, was wäre das Richtige?“

Angenommen, du siehst einen Menschen und du magst ihn nicht und du willst ihn gleich schimpfen. Die Vernunft würde gebieten, zu sagen: „Warum mag ich den Menschen nicht, er hat mir nichts getan. Vielleicht erinnert er mich an jemand anders in diesem oder einem früheren Leben. Ich sage „Stopp„, die Vernunft gebietet, dass ich jetzt freundlich zu ihm bin.“

Oder irgendjemand, mit dem du zusammenarbeitest, kritisiert dich. Du bist gleich auf hundertachtzig, du willst sofort entweder ihn schimpfen oder ihm den Kram vor die Füße werfen und sagen: „Mit mir nicht.“ Die Vernunft würde sagen: „Vor dem Hintergrund unserer gemeinsamen Anliegen muss ich weiter mit ihm zusammenarbeiten. Was wäre jetzt eine gute Weise, wie ich damit umgehe?“

Die Vernunft würde vielleicht sagen: „Jetzt kann ich mich nicht beherrschen, ich bin auf hundertachtzig. Ich werde jetzt den Raum verlassen und werde morgen weiter mit ihm sprechen.“ So kannst du immer wieder mit Vernunft überlegen. Vernunft also zum einen, erkennt Zusammenhänge. Vernunft überlegt Ursachen. Vernunft beurteilt das, was ist, vor dem Hintergrund von übergeordneten Werten, ZielenAnliegenSinn. Und dann, auf dieser Basis, trifft Vernunft Entscheidungen.

Vernunft ist natürlich auch praktische Vernunft, im Sinne von, du magst eine Mango haben, du überlegst: „Wie kriege ich um die Zeit eine Mango her?“ So kann man Vernunft auch einsetzen. Oder dein Computer funktioniert nicht richtig, du überlegst: „Was kann ich dort tun, dass er wieder funktioniert?“ Oder du kommst mit deinem Handy nicht zurecht, irgendwo kriegst du das Yoga Vidya Tugenden-Lexikon nicht als Hörsendung, du kriegst es nur als YouTube-Video, aber eigentlich wäre es doch praktisch, wenn man das einfach als Hörsendung hat. Vernunft würde ausprobieren: „Wie kriege ich das hin?“

Praktische Vernunft. Dritte Art der Vernunft ist die höhere Vernunft. Die höhere Vernunft stellt höhere Fragen: „Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens?“ Das ist die höchste Vernunft. Und diese höchste Vernunft, die leitet dann aus diesem eben diese höheren Anliegen, den höheren Sinn des Lebens ab und die Werte, so dass daraufhin die erste Form der Vernunft, von der ich gesprochen hatte, wichtig ist.

Und das, was jetzt zu tun ist und die Anliegen sind, abgewogen wird vor dem Hintergrund übergeordneter Werte, übergeordneter Anliegen und einem übergeordneten Sinn. Übrigens, der Sanskrit-Begriff für Vernunft ist Buddhi. Und Buddhi hängt auch zusammen mit ErwachenBuddha ist ja auch der Erwachte. Und so ist Buddhi das, was einen zum Erwachen hinbringt.

Du stellst dir die Fragen: „Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens?“ Das sind Fragen, die du stellen kannst, tief stellen kannst, darüber meditieren kannst und dann vielleicht auch eine Intuition hast. Das ist die höchste Form der Vernunft. Dann, die zweite Form der Vernunft ist, dein Leben darauf auszurichten und Entscheidungen zu treffen, die dem Ausdruck geben, und so zu handeln, dass du dem höheren Sinn des Lebens letztlich gerecht wirst.

Dann, die praktische Vernunft macht dann im Alltag das, was hilfreich und notwendig ist. Überlege selbst: „Habe ich diese höchste Vernunft oft genug angewendet? Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens?“ Nutzt du die zweite Form der Vernunft, immer wieder dein Leben zu hinterfragen: „Ist es ausgerichtet auf diese höheren Ziele? Ist es ausgerichtet auf die höheren Werte? Das, was ich tue, reflektiert das meine Werte, meine Anliegen und meinen höheren Sinn?“ Und als letztes: „Kann ich auch im Alltag praktisch und logisch denken, um so Probleme zu lösen und besser zurecht zu kommen?“

„Sei vernünftig!“, „Das ist doch wider aller „Vernunft“!“ Solche Ausrufe bekommen wir immer wieder zu hören. Aber was genau ist Vernunft? Schaut man in den Duden, so ist Vernunft das „geistige Vermögen des MenschenEinsichten zu gewinnen, Zusammenhänge zu erkennen“.

Gleichzeitig hat Vernunft oft etwas damit zutun, was andere von einem erwarten oder auch damit, ob etwas verboten oder erlaubt ist. Bist du zum Beispiel schon dreimal beim Schwarzfahren erwischt worden und droht dir beim nächsten Mal eine saftige Geldstrafe, so ist es sehr unvernünftig, wieder ohne Fahrschein in den Zug zu steigen.

Wenn dich hingegen jahrelang Rückenschmerzen geplagt haben, du daraufhin mit einem Yogakurs begonnen hast und jetzt täglich sogar zuhause Asanas übst, ist das hingegen sehr vernünftig. Um noch einmal an obige Beschreibung anzuknüpfen: Du hast die Einsicht gewonnen, dass Yoga dir gut tut.

Gleichzeitig ist Vernunft auch oft kulturabhängig. In Deutschland wäre es sehr unvernünftig, wenn du deinen Lehrer, ohne dass er es dir explizit angeboten hätte, in der ersten Stunde einfach duztest. Es könnte respektlos oder frech wirken. In Schweden hingegen ist das „Du“ eine normale Anrede und niemand würde sich darüber wundern oder gar ärgern.

Vernunft hat also auch immer etwas mit Wissen und Erfahrung zu tun – manche Erfahrungen muss man eben erst einmal gemacht bzw. manche Einsichten gewonnen haben, um beim nächsten Mal vernünftig handeln zu können.

Vernunft und die drei Gunas.

Vernunft kann echte Vernunft sein – dann ist das sattvige Vernunft. Sie kann selbstbezogen sein – dann spricht man im Yoga von rajasiger Vernunft. Und sie kann irrtümlich sein, dann ist es tamasige Vernunft. Hier ein Videovortrag dazu, Kommentar zu den Versen 29-32 des 18. Kapitels der Bhagavad Gita:

Ähnliche Eigenschaften wie Vernunft.

Ähnliche Eigenschaften wie Vernunft, also Synonyme zu Vernunft sind z.B. VerstandEspritScharfsinnKlugheitBesinnungRäsonGeistIntellektRatioDenkvermögenLogikUrteilskraftUnterscheidungskraftUnterscheidungsvermögenDenkfähigkeitBegriffsvermögenAuffassungWeitblick.

Ausgleichende Eigenschaften.

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Vernunft übertrieben kann ausarten z.B. in SchläueGewieftheitDurchtriebenheitGerissenheitIrreführungÜberlistungArroganzHochmutArglist. Daher braucht Vernunft als Gegenpol die Kultivierung von LiebeMitgefühlEinfühlungsvermögenUnkompliziertheitEinfachheitBodenständigkeitSchlichtheitInstinktIntuitionEingebungGlaubeVertrauen.

Gegenteil von Vernunft.

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Vernunft, Antonyme zu Vernunft :

Vernunft im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten.

Entwicklung von Vernunft.

Vernunft kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Vernunft in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:

  • Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Vernunft zu kultivieren. Vielleicht kannst du nicht alle guten Eigenschaften auf einmal kultivieren. Aber es ist möglich, innerhalb einer Woche oder innerhalb eines Monats eine Tugend, eine Eigenschaft, stark werden zu lassen.
  • Triff den Entschluss: „Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Vernunft kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein vernünftigerer Mensch zu sein.“
  • Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Vernunft ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt.
  • Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: Ich entwickle Vernunft.
  • Am Tag wiederhole immer wieder eine Autosuggestion, Affirmation wie z.B.: Ich bin vernünftig.

Nutze deinen Verstand – so kultivierst du deine Vernunft.

Am meisten kultivierst du die Vernunft, indem du deinen Verstand regelmäßig nutzt.

  • Gehe den Dingen auf den Grund.
  • Frage nach, hake nach.
  • Folge nicht blind Emotionen und Instinkte – gebrauchen deinen Verstand.
  • Handle nicht gemäß erster Impulse – durchdringe alles mit deiner Vernunft.
  • Ergründe den Grund der Dinge, die Motivation der Menschen.
  • Unterhalte dich mit anderen auf hohem intellektuellen Niveau.
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  • Lies auch gehobene Literatur – auch dort wird Vernunft oft zum Thema gemacht.

Affirmationen zum Thema Vernunft.

Mit Affirmationen kannst du zwar keine Vernunft kultivieren. Vernunft entwickelst du durch den Gebrauch der Vernunft. Aber mittels Affirmationen versetzt du dich in die richtige Stimmung, sodass du bereit bist, deinen Verstand zu gebrauchen. Hier also einige Affirmationen für mehr Vernunft. Unter dem Stichwort „Affirmation“ und „Wunderaffirmationen“ erfährst du mehr zu Funktion und Wirkungsweise von Affirmationen.

Bedeutung.

das geistige Vermögen, Zusammenhänge zu erkennen, zu beurteilen, zu überschauen und sich dementsprechend sinnvoll und zweckmäßig zu verhalten Beispiele:die menschliche Vernunft zur Vernunft ist nur der Mensch fähig der Vernunft Geltung verschaffen… 5 weitere Beispiele Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie.

Vernunft · Unvernunft · vernünftig · unvernünftigVernunft f. ‘geistiges Vermögen, Zusammenhänge zu erkennen, zu beurteilen und sich dementsprechend sinnvoll und zweckmäßig zu verhalten, Verstand, Einsicht’. Das nur im Dt. begegnende Substantiv ahd.firnumft (9. Jh.), firnunst (10. Jh.), mhd.vernu(n)ftvernu(n)st ‘Tätigkeit des Vernehmens, Hörens, Begreifens, sinnliche Wahrnehmung, Verständnis, Einsicht, Klugheit’, mnd.vornu(n)ft… Mehrwww.openthesaurus.de (07/2019)

Thesaurus:

Synonymgruppe↗Denkfähigkeit · ↗Denkvermögen · ↗Geist · ↗Geisteskraft · ↗Intelligenz · ↗Klugheit · ↗Scharfsinn · ↗Scharfsinnigkeit · Vernunft · ↗Verstand  ●  ↗Gehirnschmalz ugs. · ↗Grips ugs. · ↗Grütze ugs. · ↗Köpfchen ugs. Synonymgruppe↗Hausverstand · ↗Ratio · ↗Räson · Vernunft · ↗Wirklichkeitssinn  ●  gesunder Menschenverstand  ugs. · gesunder Verstand  ugs. Synonymgruppe↗Gesetzmäßigkeit · ↗Konsequenz · ↗Logik · Vernunft

Vernunft im Wikipedia.

Der Begriff der Vernunft bezeichnet in seiner modernen Verwendung ein durch Denken bestimmtes geistiges menschliches Vermögen zur Erkenntnis. In Anlehnung an die terminologische Verwendung bei Christian Wolff wird sie vom Verstand abgegrenzt, der durch Beobachtung und Erfahrung Sachverhalte erfasst und ihr die Funktion verleiht, allgemein gültige Zusammenhänge durch Schlussfolgerungen zu erschließen, ihre Bedeutung zu erkennen und Regeln sowie Prinzipien aufzustellen. Sofern diese das HandelnWertbestimmungen oder Fragen der Moral betreffen, spricht man von praktischer Vernunft. Unter diesem Begriff tritt zum Vermögen der Prinzipien auch die Fähigkeit, den eigenen Willen zu bestimmen, hinzu. Den auf Erkenntnis und Wissenschaften bezogenen Gebrauch bezeichnet man als theoretische Vernunft. Rationalität ist wiederum ein Begriff der „Vernünftigkeit“, der an der Steigerung der Effizienz, sowohl im Sinne von Wirtschaftlichkeit nach ökonomischen Prinzipien, als auch im Sinne der Gerechtigkeitstheorie oder der Diskursethik, orientiert sein kann.

Der Inhalt des Begriffs der Vernunft wird unterschiedlich bestimmt. In seinem Verhältnis mit dem Begriff des Verstandes hat er im Verlauf der Geschichte von der griechischen Philosophie – Nous und Logos gegenüber dianoia – über das Mittelalter – intellectus versus ratio – bis in die Neuzeit einen Wandel erfahren. In der Neuzeit entwickelte sich, angestoßen von Meister Eckart und Luther, ein Begriffsinhalt, wie er von Immanuel Kant in der Kritik der reinen Vernunft formuliert wurde und so in der Moderne noch weitgehend üblich ist. Danach ist die Vernunft das oberste Erkenntnisvermögen. Dieses kontrolliert den Verstand, mit dem die Wahrnehmung strukturiert wird, erkennt dessen Beschränkungen und kann ihm Grenzen setzen. Damit ist die Vernunft das wesentliche Mittel der geistigen Reflexion und das wichtigste Werkzeug der Philosophie. Dieses Verständnis wurde aber auch kritisiert, so etwa von Arthur Schopenhauer, wo die Vernunft das Organ leerer Spekulation und der Verstand das eigentliche, höhere Erkenntnisvermögen darstellt.

Neben dieser Vernunft als subjektives Vermögen eines Menschen oder „endlichen Vernunftwesens“ (animal rationale) – nahmen einige Philosophen die Existenz einer objektiven Vernunft an: ein die Welt durchwaltendes und ordnendes Prinzip als metaphysische oder kosmologische Vernunft – Weltvernunft, WeltgeistLogosGott. Zu diesen Philosophen gehören z. B. HeraklitPlotin und Hegel. Die Debatten um die Existenz oder Nichtexistenz einer solchen Weltvernunft und ihre eventuelle Beschaffenheit sind ein bedeutender Teil der PhilosophiegeschichteKant verwendet dafür in seiner Kritik der praktischen Vernunft den Begriff der göttlichen Vernunft (intellectus archetypus) der im Gegensatz steht zur menschlichen Vernunft (intellectus ectypus).

In Abgrenzung zum Begriff der Vernunft wird der Begriff des Verstandes heute gebraucht für Fälle, in denen Phänomene gesondert betrachtet werden, abgelöst vom größeren umfassenden Zusammenhang. In der Umgangssprache werden die beiden Begriffe allerdings nicht streng voneinander unterschieden.

Bedeutung

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Sowohl umgangssprachlich als auch in der Geschichte der Philosophie hat die Bezeichnung „Vernunft“ mehrere Bedeutungen, die sich aber überschneiden. Zum einen wird sie als die Grundlage für Erkenntnis und Erkenntnisgewinn betrachtet. Sie schafft die Voraussetzung für Erkenntnis, indem sie eine Systematik und einen Bezugsrahmen für Wissen vorgibt. Von der Vernunft unterschieden wird gewöhnlich der Verstand als Erkenntnisvermögen oder als das Zusammenwirken vieler verschiedener kognitiver Fähigkeiten. Zum anderen wird Vernunft in der Bedeutung von vernünftigem Handeln verwendet. In diesem Sinn begründet Vernunft eine normativephilosophische Ethik, die keine Berufung auf andere Instanzen eingesteht. Sie findet sich zum Beispiel bei Aristoteles als das rechte Maß oder bei Immanuel Kant als der kategorische Imperativ. In seiner Universalgeschichte beschreibt Voltaire eine stetige Entwicklung der Menschheit von primitiver Barbarei zur Vorherrschaft der Vernunft. Schließlich wird Vernunft in der Bedeutung von „einer höheren Ordnung gemäß“ verwendet. Diese Sichtweise trägt meistens die Züge einer religiösen Überzeugung, und auch im deutschen Idealismus ist die Vernunft das „Denken Gottes“. Der Mensch und die ganze Menschheit hat im Idealismus Anteil an dieser Vernunft, aber sie vollzieht sich eher an ihm, als dass er einen Einfluss darauf hat. Auch ohne einen traditionellen religiösen Bezug sind heute viele Menschen überzeugt, in der Welt einer höheren Vernunft der Schöpfung zu begegnen (vgl. Intelligent Design). Physiker wie Erwin Schrödinger waren von der Existenz einer übernatürlichen, vernünftigen Ordnung überzeugt.

Philosophiegeschichte

Antike

→ Hauptartikel: Nous

Bei Platon findet sich die Unterscheidung zwischen noesis und dianoiaNoesis als das „intuitive Schauen der Ideen“ bezeichnet hier das Vermögen, das Seiende in seinem Wesen zu erkennen, während dianoia die begriffliche, methodischdiskursive Weise der Erkenntnis meint.

Aristoteles bestimmte die Vernunft auf zweierlei Ebenen. Zum einen die denkende Vernunft, der Logos, der ein Gespräch mit sich selbst ist, und zum anderen die handlungsleitende Vernunft, die Phronesis, die auf die Praxis gerichtet ist. Zwischen Phronesis und Logos besteht eine unmittelbare Beziehung (EN VI 5, 1140 b20) Der Logos bestimmt das vernünftige Handeln, als er dazu dient, das Mittlere der Tugend zu erfassen (siehe Mesotes)Der Mensch ist nicht nur ein Gemeinschaftswesen (zoon politikon), sondern auch ein Vernunftwesen (zoon logon echon) (Pol. I 2, 1253 a1-18) Wie schon für Heraklit oder Anaxagoras galt Aristoteles der Nous als ein allgemeines, unveränderliches Weltprinzip. „Anaxagoras hat Recht, wenn er den Geist (nous) als dasjenige bezeichnet, das nicht in Mitleidenschaft gezogen werden kann und unvermischt ist, eben deshalb, weil er ihn als Prinzip (arché) der Bewegung ansetzt. Denn nur unter dieser Voraussetzung kann er als Unbewegter bewegen und als Unvermischter herrschen.“ (Physik 5, 256 b24 f)

In der Stoa diente die Vernunft dazu, die körperlichen Triebe zu regulieren und so zu einem ausgewogenen, tugendhaften Leben zu kommen. Der Mensch ist Teil der Natur und Aufgabe der Vernunft ist es, das Leben in die kosmische Ordnung (Logos) einzufügen. Die Vernunft kann sich nicht gegen die Ordnung der Natur stellen. So fragt Cicero: „Ist irgendetwas naturgemäß, was gegen die Vernunft (ratio) geschieht?“ (Gespräche in Tusculum, 4. Buch, 79 f.). Bei Seneca findet sich die Antwort: „Die Natur nämlich muss man zum Führer nehmen: sie beachtet die Vernunft (ratio), und diese fragt sie um Rat.“

Europäisches Mittelalter.

Die lateinische Terminologie übersetzte noesis mit intellectus und dianoia mit ratio. Die Philosophie des Mittelalters war in ihren Anfängen geprägt durch den Gedanken einer Integration von Religion und Philosophie. Beide sollten nicht in Widersprüche zueinander geraten. Ein wesentlicher Wegbereiter hierzu war Augustinus von Hippo: „Es sind zwei verschiedene Heilmittel, die aufeinanderfolgend zur Anwendung kommen müssen, nämlich Autorität und Vernunft. Die Autorität verlangt Glauben und bereitet den Menschen auf die Vernunft vor. Die Vernunft führt zur Einsicht und Erkenntnis. Doch ist auch die Autorität nicht gänzlich von Vernunft verlassen, da man sich überlegen muss, wem man glauben soll, und nicht minder eignet auch der bereits einleuchtenden und erkannten Wahrheit unzweifelhaft höchste Autorität.“ Es ist nicht mehr die Natur, wie in der Stoa, sondern ein transzendenter göttlicher Wille, wie im Neuplatonismus, der der Maßstab für das menschliche Handeln ist. „Das erste Verderben der vernünftigen Seele ist der Wille, zu tun, was die höchste und innerste Wahrheit verbietet. Infolgedessen ward der Mensch aus dem Paradiese in unsere Erdenwelt ausgestoßen und gelangte damit von Ewigkeit ins Zeitliche, aus der Fülle in den Mangel, aus der Kraft in die Schwachheit, nicht jedoch aus wesenhaft Gutem zu wesenhaft Schlechten. Denn kein Wesen ist schlecht.“

Gott wurde aber im Mittelalter auch als eine Instanz gedacht, die allem menschlichen Denken übergeordnet ist, bei Petrus Damiani sogar so weit gehend, dass das Denken seinen Ursprung im Teufel hat und vor Gott nichts gilt. Entsprechend vertrat er die Auffassung, dass die Philosophie die „Magd der Theologie“ sei.

Thomas von Aquin hielt es hingegen für erforderlich, dass die Erkenntnis der Welt nicht auf Irrtümern gegründet werden darf, weil dadurch der rechte Glaube an Gott gefährdet wird. „So ist also offenbar, daß die Meinung bestimmter Leute falsch ist, die sagen, es komme für die Wahrheit des Glaubens nicht darauf an, was man über die Geschöpfe meine, wenn man nur in bezug auf Gott die richtige Meinung habe […] denn der Irrtum über die Geschöpfe geht über in eine falsche Meinung von Gott und führt den Geist der Menschen von Gott weg, zu dem sie der Glaube doch hinzulenken trachtet, indem der Irrtum die Geschöpfe anderen Ursachen unterordnet.“ (ScG II 3 Nr. 864). Für Thomas ist ein Handeln, das sich unvernünftigen Trieben beugt, schlecht. „Jegliches Wollen, das von der Vernunft abweicht, mag diese nun recht sein oder irren, ist immer schlecht.“ (STh I/II 19 a.5)

In der Hochscholastik entwickelte sich das Streben, Glaubensüberzeugungen und Vernunft wieder zu trennen. Bedeutende Vertreter dieser Entwicklung waren Johannes Duns Scotus und Wilhelm von Ockham. Bei Meister Eckhart und Martin Luther wurde intellectus wiederum mit Verstand und ratio mit Vernunft gleichgesetzt, wobei der Verstand (intellectus/noesis) als die Wesenserkenntnis der diskursiv und argumentativ operierenden Vernunft (ratio/dianoia) übergeordnet war.

Außereuropäische Philosophie

Ähnliche Ansätze finden sich in fast allen Kulturkreisen. In der islamischen Tradition hat der einflussreiche Philosoph Avicenna die Vernunft als eine stetige Emanation Gottes beschrieben. Östliche Weisheitslehren wie Yoga und Zen lehren die Grenzen und Widersprüchlichkeit der Vernunft und wie man sich davon befreien kann.

Nikolaus von Kues.

Nikolaus von Kues hob hervor, dass die Vernunft eine besondere Fähigkeit des Menschen ist, die durch Bildung erst ihre Kraft entfalten kann. „Der Mensch verhält sich als Mensch zum Tier wie ein belehrter Mensch zu einem unbelehrten. Der belehrte nämlich sieht die Buchstaben des Alphabets (litteras alphabeti) und ebenso der unbelehrte. Jedoch bildet der belehrte durch verschiedenartige Zusammenstellung der Buchstaben Silben (syllabas) und aus Silben Wörter und aus diesen Sätze. Das kann der unbelehrte nicht, weil ihm die Kunst fehlt, die sich der belehrte durch Schulung seiner Vernunft (ab exercitato intellectu) erworben hat. Der Mensch vermag also durch die Kraft seiner Vernunft, die natürlichen Erkenntnisbilder (species naturales) zusammenzusetzen und zu trennen und aus ihnen Erkenntnisbilder und Erkenntniszeichen der Vernunft und der Kunst zu schaffen. Hierdurch überragt der Mensch die Tiere und der belehrte den unbelehrten weil er über eine geschulte und gebildete Vernunft (exercitatum et reformatum intellectum) verfügt.“

Bei Cusanus ist wie später bei Kant die Vernunft die höchste Stufe im Dreiklang Sinne – Verstand – Vernunft. Während der Verstand die vielfältigen Sinneseindrücke zusammenfasst, geht die Vernunfteinsicht in der Schau des Höheren noch über den Verstand hinaus. Die Einheit der Vernunft selbst als die einfachste Zusammenschau des Ganzen beschrieb er in Anlehnung an Raimundus Llullus als eine Triade aus (1) Erkennendem, (2) Erkanntem und (3) dem Vorgang des Erkennens. Der Intellekt übersteigt die Ratio insofern, als er aus dem, was in der Ratio diskursiv getrennt ist (intelligens, intelligibile, intelligere) eine Einheit bildet. Diese Dreiheit von (1) Ungeteiltheit (indivisio), (2) Unterscheidung (discretio) und (3) Verbindung (conexio) verweist auf die Kategorienlehre bei Charles S. Peirce und die Prozessphilosophie bei Alfred North Whitehead, in dessen Kategorie des Elementaren (siehe Prozess und Realität). Die Einheit der Vernunft ist das Ineinanderfallen der Gegensätze (Coincidentia oppositorum). Wie der Verstand, so ist aber auch die Vernunft begrenzt. Das Wesen Gottes als Licht, das ihr entgegenkommt, bleibt ihr verschlossen. „Daher bewegt sich die Vernunft zu der Weisheit hin als zu ihrem eigentlichen Leben. Und süß ist es für jeden Geist, zum Ursprung des Lebens, wiewohl er unzugänglich ist, ständig aufzusteigen. […] Wie wenn jemand etwas liebt, weil es liebenswert ist, so freut er sich, dass in dem Liebenswerten unendliche und unausdrückbare Gründe für die Liebe zu finden sind.“

Aufklärung.

→ Hauptartikel: Aufklärung

Das europäische Zeitalter der Aufklärung ist von dem Gedanken getragen, dass die Vernunft imstande ist, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Die Vernunftreligion soll die dogmatische Unterdrückung und den Autoritätsglauben der christlichen Religion überwinden und Freiheit und Wohlstand für alle bringen. So sah der Rationalismus in der Vernunft das „reine“, d. h. das von den empirischen Erfahrungen unabhängige Erkennen, das bei DescartesSpinoza und Leibniz die Basis der philosophischen Systeme bildete. Der Begriff der menschlichen Vernunft wurde oft mit dem BewusstseinSelbstbewusstsein oder Geist gleichgesetzt. Im Rationalismus stellt die Vernunft das zentrale Element des Erkenntnisprozesses dar. Mit ihr seien demnach deduktive Erkenntnisse möglich, die auch ohne sinnliche Wahrnehmungen erreicht werden können. Demgegenüber steht der Empirismus (z. B. David Hume), der eine Erkenntnismöglichkeit a priori, d. h. ohne Erfahrungen bestreitet.

Kant.

Immanuel Kant führte Ende des 18. Jahrhunderts die Ansätze des Rationalismus und des Empirismus in seiner kritischen Philosophie zusammen. Mit Kant kam endgültig der Vernunft ihre Bedeutung als dem gegenüber dem Verstand höheren Erkenntnisprinzip zu. Er definierte den Verstand als das an Sinneseindrücke gebundene, aposteriorisch arbeitende Erkenntnisvermögen. Bei der Vernunft unterschied er zwischen der („reinen“) theoretischen und der praktischen Vernunft. Die theoretische Vernunft ist nach Kant die Fähigkeit, Schlüsse zu ziehen, sich selbst zu prüfen und unabhängig von der Erfahrung zu den apriorischen Vernunftsideen (SeeleGottWelt) zu gelangen. In seinem Werk Kritik der reinen Vernunft versucht Kant vor allem, die Grenzen und die Bedingtheit der menschlichen Vernunft aufzuzeigen. Dadurch könne der Vernunftsbegriff von metaphysischen Spekulationen befreit und der Weg für eine wissenschaftliche Metaphysik geebnet werden. Kant trug damit wesentlich zu den heute praktizierten wichtigsten Methoden in der Wissenschaft bei, in der Theorienentwicklung und das empirische Experiment wechselseitig betrieben werden. Die praktische Vernunft hingegen bezieht sich nach Kant auf das Setzen von ethischen Prinzipien, denen der Wille unterworfen wird und die so das Handeln individuell und sozial begründen und leiten. Am Beginn der Vorrede zur 1. Auflage der Kritik der reinen Vernunft heißt es: „Die menschliche Vernunft hat das besondere Schicksal in einer Gattung ihrer Erkenntnisse: daß sie durch Fragen belästigt wird, die sie nicht abweisen kann; denn sie sind ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber auch nicht beantworten kann; denn sie übersteigen alles Vermögen der menschlichen Vernunft.“

Hegel.

Nachdem Kant die Grenzen der Erkenntnisse und der Vernunft beschrieben hatte, wollten sich einige Vertreter des deutschen Idealismus nicht mit diesen abfinden. Hegel erkennt Kants Einsicht der Vernunft als den Grund (Substanz) von Freiheit ausdrücklich an. Doch er bezeichnet Kants Position als subjektiv, weil er dem Subjekt nur zugestehe, wahre Erscheinungen von den Dingen erkennen zu können und nicht diese selbst, wie sie an sich sind. Um darüber hinauszukommen, braucht es eine absolute Vernunft. Bei ihm ist sie das spekulative Vermögen, das Absolute in der Bewegung aller seiner Momente zu begreifen. Sie ist für ihn der einheits- und sinnstiftende Grund, der ewig aus sich selbst herausgeht, sich so entzweit, indem sie sich im Laufe der Geschichte in immer neuen Erscheinungen als (Zeit-)Geist und Natur verwirklicht (bzw. materialisiert), wieder in die Einheit fällt und so „zu (oder in) sich selbst zurückkehrt“. Hegel sagt, weil sie alles in sich zurücknimmt und in ihre Form (die Einheit) bringt, also im Grunde keine Grenze habe, sei sie unendlich, und weil sie sich nur selbst erkenne, absolutDas Absolute selbst ist für ihn Gott, der absolute Geist. Ihn zu erkennen ist für Hegel das oberste Ziel aller Philosophie. Die Verbindung der Vernunft mit dem Geschichtsprozess hat nachfolgend besonders durch den Marxismus eine sehr deutliche Wirkung entfaltet. Vernunft und Fortschritt (wirtschaftlich, wissenschaftlich, technisch, gesellschaftlich) sind seitdem in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung eng miteinander verbunden. Der Freiheitsgedanke der Vernunft aus der Aufklärung wurde dagegen weitgehend verdrängt.

Schopenhauer.

Arthur Schopenhauer unterscheidet Verstand als die Fähigkeit zum anschaulichen Erkennen und Vernunft als jene zum abstrakten, diskursiven Erkennen. Vernunft betrachtet er als spezifisch menschlich, wogegen Verstand auch (höheren) Tieren zukomme. Diese seien zum Teil sogar in der Lage, auch mehrstufige Kausalzusammenhänge verstandesmäßig zu erfassen, könnten aber nicht vernunftsmäßig denken, da es ihnen an abstrakten Begriffen und Vorstellungen mangele.

Moderne.

Angesichts der Schrecken des 20. Jahrhunderts (HolocaustImperialismus), bei denen sie auch einen Zusammenhang mit der Industrialisierung sahen, wurde von den Mitgliedern der Frankfurter Schule eine Kritik der Rationalität ausgearbeitet. Sie kritisiert den modernen Wissenschaftsbetrieb und seine Faktengläubigkeit, der durch den Positivismus bestimmt wird. Die Vernunft und der Verstand seien zu einem Instrument der Unterdrückung des Einzelnen geworden und hätten die „Selbstbefreiungskräfte“ der Vernunft fast erstickt. Jürgen Habermas stellt der „instrumentellen Vernunft“ (Theodor W. AdornoMax Horkheimer) die intersubjektive „kommunikative Vernunft“ der Lebenswelt gegenüber, die auf Herrschafts- und Gewaltfreiheit und gegenseitiger Anerkennung basiert. Nötig sei eine neue Stufe der Aufklärung, die – nach Habermas – noch nicht vollendet ist. Papst Johannes Paul II. thematisierte in seiner dreizehnten Enzyklika Fides et ratio im Jahr 1998 das Spannungsfeld zwischen Vernunft und Glaube aus Sicht der römisch-katholischen Kirche. Papst Benedikt XVI. griff die Gedanken seines Vorgängers in seiner Rede an der Universität Regensburg vom 12. September 2006 und in seinen Äußerungen zu dem Gottesbild der katholischen Kirche auf.

Neurowissenschaften.

In den Neurowissenschaften wird Verstand als fluide Intelligenz, d. h. die Fähigkeit zum logischen Denken und Problemlösen, aufgefasst. Die dafür zuständigen neuronalen Strukturen befinden sich im dorsolateralen präfrontalen Cortex (DLPFC). Wird dieser Hirnteil verletzt, verhalten sich die betroffenen Patienten „unintelligent“ (bleiben z. B. stur bei einem Verhalten, obwohl sich die Situation stark geändert hat). Unter Vernunft werden die für „vernünftiges Verhalten“ notwendigen Fähigkeiten verstanden, u. a. das Abschätzen von sachlichen und sozialen Handlungsfolgen, das erfahrungsgeleitete Aufstellen von Handlungszielen und die Kontrolle egoistischer Verhaltensimpulse. Die entsprechenden Strukturen sind vor allem im orbitofrontalen Cortex (OFC) lokalisiert. Personen mit Verletzungen in diesen Bereichen zeigen verstärkt „unvernünftiges“ Verhalten (gehen z. B. große Risiken wider besseres Wissen ein).

Literatur:

Anthologien und Sammelbände:

  • Karl-Otto Apel und Matthias Kettner (Hg.): Die eine Vernunft und die vielen Rationalitäten. Suhrkamp, Frankfurt 1996, ISBN 3-518-28807-5.
  • Jose Luis Bermudez, Alan Millar (Hrsg.): Reason and Nature. Essays in the Theory of Rationality. Clarendon Press, Oxford 2002.
  • Paul K. Moser (Hrsg.): Rationality in Action. U.K.: Cambridge University Press, Cambridge 1990.
  • Hans Poser (Hg.): Wandel des Vernunftbegriffs. Alber, Freiburg/ München 1981, ISBN 3-495-47468-4.

Philosophiegeschichtliche Überblick-Darstellungen:

Speziellere Literatur:

Die Acht Begriffe, die zentrale Bedeutung für OekoHuman haben:

GEIST – GÜTE – GOLD – GEWISSEN – GEHIRN – GESUNDHEIT – GESETZ-MÄßIGKEITEN – GELD.

Alles dreht sich für UNS um SECHS (S.E.X.), FREUDE, GÜTE, Entschlossenheit, Impuls, Balance, Toleranz, Lücke, Gesundheit, ReEvolution, Oktave, Ordnung, Ernährung, Sorgfalt, Loyalität, Niveau, Qualität, Profitum, Sorgfalt, Gefahren, Mut, Disziplin, Versöhnung, Spiegel, Fügung, LICHT, LIEBE, LUST, SORGE, Laune, Opfer, Details, „Blinder Fleck“, Reife, Filter, Unternehmertum, Mischung und GELD, dem universellen Energie-Austausch- Mittel auf allen Ebenen der irdischen Freude. Die Außenwelt ist eine Reflexion der inneren Welt, die es gilt, professionell in Einklang zu bringen, wie beim Theater oder im Film. ZEITGELD – E-Motionen – Unterweisung – Erziehung – Bildung: WilleOktaveLoyalitätSehnsucht – Spannung/DruckTriebfederGÜTEAtmosphäreGefahrTodMotivationFilter – Forschung – Disziplin – Gut, Richtig und Genau, OpferKummerGewissen -, in Verbindung mit FehlenLückeIrrtumFehlerAssoziationenNeugierEthikStoffwechselReifeEntschlossenheit und Versöhnung, um das gesamte Immun-System immerwährend dynamisch zu stärken. Auf diese Art und Weise entsteht ein authentischen Leben. Gefühlt – Geprüft – Gedacht, Geprüft,  Geplant – Geprüft – Gesagt – Geprüft – Getan – Geprüft – Geeicht – Geprüft – Gekonnt – Vollendung – Gelingen, ist die Basis, verbunden mit der Triebfeder, Bedeutsamkeit, Loyalität, Sorgfalt, Courage und Charakter (das Nein zur rechten Zeit), sind die Treiber zu Profi-Profitum, Identität und zur Authentizität. Aus Diversität für sich,  im Kontext der „Goldenen Regel“, das Einzigartige schaffen und damit dem eigenen Schöpfung-Wandel und seinen Werten verpflichtet sein.   Fingerabdruck und DNA sind von Geburt an einzigartig. Zur Marke wird der Mensch durch innere Arbeit. Unterweisung – Erziehung – Charakter-Bildung – Forschung, um das Identität-Immun-System dynamisch zu stärken, für inneren Charakter, Stolz, Authentizität, Vollendungsdrang und Vervollkommnung im Leben. Gefahr – Widerstand-Immun-Balance, Lüge und ein situationselastisches System, des sich Stellens, ermöglicht ein Leben mit innerem Stolz in Balance. Elektrizität, Gesundheit, GELD und Design, sind die tragenden Säulen. Es braucht eine immerwährende systemische ReEvolution in Mensch und System-Schwarm-Intelligenz durch professionelle Reflektion. Neugier-, Ethik-, GÜTE-, Emergenz-, LückeIrrtum-, Fehler-, Opfer-, Versöhnung-, Detail-, Demut-, Disziplin-, Takt, Präzision-, Genauigkeit-, Gewissen-, Regie-, Reife– und StatikPrüfung, führt zum gesunden Narzissmus und Hedonismus, dem Profitum, die OeHu-Benchmark, die Meteorologie. Der universelle Logos-Ansatz, dem OekoHuman folgt, ist ein sozial-systemischer Prozeß von „Stirb und Werde“, den Josef Schumpeter „schöpferische Zerstörung“ und Neu-Schöpfung nannte. Gewissermaßen ein universelles Perpetuum mobile zur Erhaltung des Lebens bzw. ein immerwährender, über das Leben stattfindender Über-Lebensprozeß. Schwarze und weiße Löcher weisen auf einen solchen Prozeß wohl tatsächlich hin. Der Psycho-Logo-OekoHuman-Grund-Ansatz: Drei Worte und das Goldene Regel System, welches richtige, gute und konstruktive Wahrnehmung und Gewohnheiten bei Jedem hervorrufen kann, der sich gewohnheitsmäßig täglich darum bemüht. Auf diese Weise werden die beiden Ansätze mit dem Körper-Logos-Ansatz energetisch verbunden. OekoHuman hat diese DREI grundsätzlichen Prozeße, in einen Gesamt-Prozeß zusammengeführt, da dies dem universellem Analogie-Prinzip am nächsten kommt. So ist die OekoHuman-Profession – HOLISTIK, Soziale-System-Theorie nach Luhmann, Kybernetik, Konstruktivismus und Profi-Profitum. TaktOktaveTimingEthik mit GÜTE und innere Statik stärkt Gewissen und Intuition. Damit sind die wesentlichen Eckpfeiler genannt. Dies ist als Gesamtkonzept erlernbar, um Logos, Psycho-Logos und Gesetz-Mäßigkeiten, motivierend, mitfühlen, empfinden und spüren bis zum Lebensende täglich zu befruchten. Dieses Gesamt-Konzept führt zur dynamischen Meisterschaft im Leben heißt sich aus Gefühl und Denkgefängnisse befreien. Die praktisch logische Folge ist TUN im Kontext von universeller Mechanik und ist eng mit dem Prinzip vom LEBENS LANGEM LERNEN verbunden. 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Fallen: WahrnehmungGewohnheitenBequemlichkeitGlaubenssätzeDenkgefängnisseVerschlimmbesserungProjektionKausalitätKomfortzoneDurchhaltevermögenWechselwirkungWirkzusammenhängeKonkurrenzKredit. Weg: EntschlossenheitProfi-ProfitumHaltungTON – ResonanzHorchenErziehungUnterweisungWiderstandStatikDurchsetzungBildungVollendung. Angebote: TUN-StudiumTalent-Unternehmer-StudiumAus- und WeiterbildungProjekteProfi-Profitum als praktische UmsetzungUnternehmer-Privat-Sekretär. Ziele: FokussierungAutonomieGesundheitKlimaKulturRespekt – WürdeGelingenReEvolution TUNdynamischer Schöpfungs-Prozeß, „wer rastet, der rostet“, Profi-Profitum. Resultate: relative Balance –  Heilig-HeilungReifeOrdnungTaktTUNNiveauQualitätWeisheitFriedendynamischer Horizontewiger Schöpfungs-ProzeßFreiheit –  NachhaltigkeitGeltung. 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