Die Bezeichnung Ehrbarer Kaufmann beschreibt das historisch in Europa gewachsene Leitbild für verantwortliche Teilnehmer am Wirtschaftsleben. Es steht für ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein für das eigene Unternehmen, für die Gesellschaft und für die Umwelt. Ein Ehrbarer Kaufmann stützt sein Verhalten auf Tugenden, die den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg zum Ziel haben, ohne den Interessen der Gesellschaft entgegenzustehen. Er wirtschaftet konstruktiv nachhaltig, mit dem „Weitblick“ auf die jeweilige Generation seiner Ur-Enkel. Denn hier besteht eine große Chance, diesen noch in die Augen zu schauen.
Der Ehrbare Kaufmann steht als Leitbild für das optimal handelnde Wirtschaftssubjekt. Das drückt sich auch deutlich im aktuell gültigem „§ 1 des IHK-Gesetz“ aus: „Die Industrie- und Handelskammern haben, (…) zu unterstützen und zu beraten sowie für Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken.“
Das heißt, es hat einen Vorbildcharakter für jeden verantwortlichen Teilnehmer am Wirtschaftsleben: Eigenwirtschaftler, Kaufleute, Unternehmer und Manager. In der Literatur finden sich viele Synonyme zum Attribut ehrbar. Zu nennen sind der wahre, gute, echte, ehrsame, ehrliche, sittliche, ideale, ethisch oder moralisch handelnde und sogar der königliche Kaufmann. Der Begriff Ehre ist kein absoluter Begriff. Er unterliegt stark dem historischen Wandel. Eine genaue Definition ist daher nicht möglich. Der Ehrbare Kaufmann muss immer im Kontext seiner Zeit betrachtet werden. Dennoch gibt es ein Grundgerüst, das seit dem Mittelalter für das Verhalten Ehrbarer Kaufleute bestimmend ist.
Die Bewusstseinsdimensionen Ehrbarer Kaufleute ist holistisch, gewissenhaft und von Güte geprägt.
Der Ehrbare Kaufmann im engeren Sinne.
Die Grundlage bildet die humanistische Grundbildung. Darauf aufbauend benötigt jeder Ehrbare Kaufmann ein umfassendes wirtschaftliches Fachwissen. Es schließt alle notwendigen betrieblichen Zusammenhänge ein und beschreibt die rationale Seite seines Charakters. Die heutige Betriebswirtschaftslehre vermittelt in einem umfassenden mehrjährigen Studiengang das theoretische Fachwissen. Im Unternehmen kommt dann das praktische Wissen hinzu. Das fachliche Wissen wird ergänzt durch einen gefestigten Charakter, der sich an Tugenden orientiert, die die Wirtschaftlichkeit fördern. Redlichkeit, Sparsamkeit, Weitblick, Ehrlichkeit, Mäßigkeit, Schweigen, Ordnung, Entschlossenheit, Genügsamkeit, Fleiß, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit, Mäßigung, Reinlichkeit, Gemütsruhe, Keuschheit und Demut muss der Kaufmann in einem Lern- und Erziehungsprozess erwerben, um ein Ehrbarer Kaufmann zu werden. Die Tugenden dienen nicht primär dazu, gute Taten zu vollbringen. Sie dienen der eigenen körperlichen und seelischen Gesundheit, für ein erfülltes Leben mit langfristig ausgerichteter Geschäftstätigkeit. Weiterhin stärken sie die eigene Glaubwürdigkeit, die Vertrauen schafft, das für gute Geschäftsbeziehungen unerlässlich ist (Grundsatz von Treu und Glauben). Der feste Charakter schützt den Kaufmann auch vor unüberlegten Handlungen, um sich kurzfristig auf Kosten Anderer Vorteile zu verschaffen. Im Ehrbaren Kaufmann sind Wirtschaft und Ethik nicht voneinander zu trennen, sie sind zu einer Einheit verschmolzen, mit dem Ziel erfolgreich zu wirtschaften (Wert zu schaffen).
Der Ehrbare Kaufmann im weiteren Sinne.
Aufbauend auf diesem festen Kern, der Menschlichkeit, Persönlichkeit und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringt, entwickelt der Ehrbare Kaufmann ein Verantwortungsbewusstsein für die Dinge, die seinen geschäftlichen Erfolg bedingen. Zu unterscheiden sind zwei Ebenen.
Bewusstsein auf der Unternehmensebene.
Das Verhältnis zu seinen Mitarbeitern steht (insofern er welche hat) an erster Stelle. Ihre Zufriedenheit bedingt seinen Erfolg. Es gilt sie fair und menschlich zu behandeln, aber auch Disziplin und Leistung zu fordern. An zweiter Stelle stehen die Geschäftskunden und seine Lieferanten, die er ebenfalls nach seinen Grundsätzen behandelt, mit dem Ziel langfristig gute Beziehungen zu ihnen aufzubauen und zu erhalten. Persönliche Bindungen stärken das Unternehmen. Seinen Wettbewerbern ist er ein loyaler „Sportsmann mit Sports-Geist“.
Bewusstsein gegenüber der Gesellschaft
Sein Bewusstsein endet nicht am Fabriktor. Der Ehrbare Kaufmann weiß, dass die Gesellschaft, in der er sein Unternehmen führt, ausschlaggebend ist für den Unternehmenserfolg. Hier haben seine Angestellten ihre Grundbildung erhalten. Die öffentlich finanzierte Infrastruktur ermöglicht den Gütertransport und das politische System sichert die Eigentumsrechte. Die Konsumenten zu schützen ist ihm ein inneres Anliegen, weil ihre Zufriedenheit zu zukünftigen Käufen anregen kann. Unzufriedene Kunden beeinträchtigen den Ruf des Unternehmens. Das Verhältnis zur Gemeinde, in der sich das Unternehmen befindet, stärkt er, weil er ihr seine qualifizierten Mitarbeiter zu verdanken hat. Der Ruf des Unternehmens in der Gemeinde hat ebenfalls Auswirkungen auf die Motivation seiner Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens. Die Öffentlichkeit ist bedeutsam, weil er über sie seine Interessen bekunden und über seine gesellschaftlich bedeutsame Rolle aufklären kann. Als verantwortlich Entscheidender hat er auch die langfristigen Folgen für die Umwelt zu bedenken, mit Hinblick auf die nachhaltige Sicherung des Fortbestands des Unternehmens, auch über mehrere Generationen hinweg.
Bewusstsein gegenüber Lebenslagem Lernen und lebenslanger Leistung für lebenswerte Systeme.
Weiterführende Links:
- GOTT.
- Nahrungs-Arten.
- Mensch – Menschenbild – Menschenwürde.
- Albert Einstein – Gottes-Verständnis.
- Fair-Fairness – Reziprozitäten.
- Gehirn.
- G.E.L.D..
- GÜTE – GUT.
- EKS – Engpasskonzentrierte Strategie und MMZSG.
Rolle des Menschen im LEBEN: Die Würde des Menschen nach Pico della Mirandola.
Historische Betrachtung des Kaufmanns:
Geschichte des KaufmannsEs war also auch damals noch nicht ganz ausgeschlossen, in dem Raume der Kirche selbst Verkaufsstände anzutreffen – lesen Sie bitte weiter in PDF.
Ehrbarer Kaufmann_Masterarbeit
In der Wissenschaft existieren verschiedene Ansätze zum Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns. Im Folgenden werden die Konzepte des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e. V., der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin und der IHK Nürnberg und München vorgestellt. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. ist ein Verein, dem
Versicherungskaufleute angehören, die im Sinne eines Ehrbaren Kaufmanns handeln. Initiiert wurde der Verein, um den Verbraucherschutz im Versicherungsvertrieb zu optimieren. Im Sinne des Bundesverbandes ist der Ehrbare Kaufmann geprägt durch Kompetenz, Unternehmertum und die ethische Grundlage seines Handelns. Alle Mitglieder bekennen sich zu zehn Tugenden des Ehrbaren Kaufmanns, die aus der folgenden Abbildung hervorgehen – lesen Sie bitte weiter in PDF.
Geschichte_der_kaufmännischen_Berufe
„Der Mensch wird als neuer Anfang in seine Geschichte gesetzt, aber nicht ohne seine Geschichte“ – (Heydorn 1972, S. 67f.)
„Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch“ – (Bloch 1959, S. 1628).
Wird fortgesetzt, mit: einer gegenwärtigen und zukünftigen Betrachtung.